GASTKOMMENTAR: EIN <3 FÜR CHRISTOPHER STREET DAYS!

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Zurzeit ist die Saison der Christopher Street Days erneut in vollem Gange. An jedem Wochenende findet in einer anderen Stadt eine ganz eigene bunte Demonstration gegen Diskriminierung und Ausgrenzung sowie für eine offene und vielfältige Gesellschaft statt. Im bundesweiten Christopher Street Day e. V. sind über fünfzig CSD-Vereine organisiert. Die Demonstrationen sind dabei sehr unterschiedlich. Während in diesem Jahr beispielsweise bereits beim Münchner CSD mit über 100.000 Zuschauer*innen Rekorde purzelten und in Berlin auch 2016 der Transgeniale CSD und der Berliner CSD wieder stattfinden, freut sich der Mönchengladbacher CSD in seiner noch jungen Vereinsgeschichte auf den zweiten CSD überhaupt.

Foto: Roman Holst /roman-holst.tumblr.com

Gerade in einer Zeit, in der weltweit weiterhin CSDs verboten werden, wie gerade erst erneut geschehen mit dem CSD in Istanbul, in der die sogenannte Alternative für Deutschland in ihrer alltäglichen menschenfeindlichen Kakofonie unter anderem ähnliche Töne auch in Deutschland anschlägt und die angebliche Demo für alle bundesweit versucht, gegen wichtige Fortschritte in unseren Bildungsplänen Menschen auf die Straße zu mobilisieren, ist jeder einzelne CSD unglaublich wichtig. Die Demonstrationen machen jährlich Vielfalt im öffentlichen Raum für alle sichtbar, haben bereits viel gesellschaftlichen Wandel mitermöglicht und sind ein Teil des zivilgesellschaftlichen Fundaments, das sich aktuell denen entgegenstellt, die all diese Verbesserungen rückgängig machen wollen.

Auf den Schultern von Gigant*innen

CSDs fallen nicht vom Himmel. Daher möchte ich all den vielen Menschen, die meistens ehrenamtlich jedes Jahr wieder diese groß artigen CSDs ermöglichen, meinen riesigem Dank aussprechen. Ihr, die ihr euch stundenlang in irgendwelchen Vorbereitungstreffen aufhaltet, euch Gedanken über Budgets macht, euch mit Ordnungsämtern rumschlagt usw., seid meine persönlichen Held*innen jeder CSD-Saison. Denn es gibt nichts Gutes, außer man tut es . Und ihr macht verdammt viel. <3

Ich habe immer mehr das Gefühl, dass die CSDs natürlich von rechts attackiert werden, aber auch von eigentlichen Verbündeten nicht viel Liebe bekommen. In ihrer taz-Kolumne lässt sich Hengameh Yaghoobifarah ausführlich darüber aus, dass die CSDs für sie heute unter anderem „ Gentrifizierung, Homonationalismus, Pinkwashing, Inszenierung von Community, Misogynie, anti-muslimischer Rassismus oder die kapitalistische Vereinnahmung und die Überschreibung von ursprünglichem Widerstand gegen Polizeigewalt und Transfeindlichkeit“ sind. Auf queer.de findet man den Vorschlag, dass es doch gleich besser wäre, wenn alle CSDs einfach ausfallen. Leicht findet sich ein buntes Potpourri an Vorwürfen und Ansprüchen, wie doch alles besser zu machen sei. Es scheint en vogue, CSDs kritisch zu sehen. Dabei werden meist alle CSDs über einen Kamm geschoren, und Respekt oder gar Dankbarkeit für die Organisator*innen sucht man vergebens.

Foto: Roman Holst

Metadebatte ja – aber trotzdem auch auf die Straße und in die Gremien

Dabei ist es sehr wichtig, dass CSDs sich kontinuierlich kritisch reflektieren und jedes Jahr versuchen, noch inklusiver, solidarischer und klarer in ihrer Botschaft zu werden. Ich habe bis jetzt auch noch keine CSD-Organisation kennengelernt, wo dies kein Thema wäre. Aber solche Fortschritte zu fordern, ist eben deutlich einfacher, als sie mit knappen finanziellen und ehrenamtlichen Strukturen tatsächlich umzusetzen. Wer Interesse hat, CSDs mitzugestalten und weiterzuentwickeln, kann sich gerne in den entsprechenden Gremien und Foren einbringen.

Deswegen fordere ich alle Kritiker*innen der CSDs dazu auf, dass sie ihre Perspektive neben der Schriftform auch durch persönliches Erscheinen und konkretes Mitanpacken in die CSDs dieser Republik einbringen. Ein reißerischer Beitrag hier oder ein abfälliger Kommentar da sind leicht geschrieben – alle CSD aber jährlich real ein wenig besser zu machen, ist viel Arbeit. Jede*r kann dabei gerne mithelfen.

Bis dahin verbleibe ich mit viel <3 und Flausch an all meine CSD-Held*innen, die diese Mammutaufgabe Tag für Tag angehen. Ihr seid grandios! •Jens Christoph Parker

Jens Christoph Parker ist Finanzbetriebswirt und macht als Sprecher der BAG Schwulenpolitik #Queerpolitik bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Er brennt darüber hinaus für die Themen: #Europa, #Vielfalt und #NachhaltigeFinanzen. Er zwitschert unter @JensParker

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