Klaus Wowereit im Interview

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Foto: SPD

Mit „Ich bin schwul – und das ist auch gut so!“ wurde Klaus Wowereit im Sommer vor 10 Jahren schlagartig auch bundesweit bekannt und Homosexualität in Spitzenämtern ein Stück weit Normalität. Der geborene Berliner, Jurist und ausgesprochene Familienmensch wurde sechs Tage nach seinem öffentlichen Bekenntnis zum Regierenden Bürgermeister von Berlin gewählt und ist dies mit allen Höhen und Tiefen bis heute. Darüber und über Homo-Rechte sprach er mit blu.

ZUM CSD IN BERLIN TRUGEN SIE EINE JACKE MIT DER AUFSCHRIFT MUTTI VONS JANZE. WIE VIEL BERLINER LANDESMUTTER STECKT IN IHNEN?

Landesmutter sein ist das nicht sogar die Aufgabe eines Berliner Bürgermeisters? Mutter sein heißt ja, sich um die Sorgen und Nöte seines Kindes zu kümmern. Und es heißt auch, dass man eine bestmögliche Zukunft für es will. Das mache ich als Regierender jeden Tag, das machen wir in der SPD in den Kiezen vor Ort dauerhaft. Da sind wir auch gut drin.

HÄTTEN SIE JEMALS GEDACHT, DASS IHR ÖFFENTLICHES OUTING ICH BIN SCHWUL, UND DAS IST AUCH GUT SO ZUM GEFLÜGELTEN WORT WIRD?

Das war 2001 und ich das erste Mal Kandidat für das Amt des Regierenden Bürgermeisters. Da macht man sich schon Gedanken, wie die eigene Homosexualität und ein so öffentliches Amt vereinbar sind. Daher war es total klar, dass ich das vorab öffentlich machen muss. Der Satz an sich war aber eine spontane Eingebung. Da hat keine Marketing-Agentur und kein SPD-Gremium tagelang über der Formulierung gebrütet. Es sollte einfach ausdrücken, dass es etwas ist, für das man sich nicht entschuldigen oder verstecken muss. Ich glaube, dafür steht es auch jetzt noch, wenn andere es verwenden.

IM GLEICHEN JAHR, 2001, HAT DIE ROT-GRÜNE BUNDESREGIERUNG DIE HOMO-EHE EINGEFÜHRT. WAS GIBT ES NOCH FÜR DIE GLEICHSTELLUNG VON HOMOS ZU TUN?

Zuerst einmal ist das eine eingetragene Lebenspartnerschaft. Es ist seitdem schrittweise an die Ehe angenähert worden, doch eine echte Ehe ist es rechtlich nicht. Berlin hat auf Landesebene schon viel geändert und an den Standard der Ehe angeglichen, doch einiges muss einfach auf Bundesebene geregelt werden. Leider passiert da von der schwarz-gelben Koalition derzeit gar nichts. Die Berliner Bundesratsinitiative zur Öffnung der Ehe ist am Widerstand der CDU-Länder gescheitert.

ES GAB AUCH EINE BUNDESRATSINITIATIVE ZUM THEMA ADOPTIONSRECHT FÜR HOMO-PAARE ...

Ja. Doch auch da scheiterte es an Schwarz-Gelb. Die Unionsfraktion hat sogar allen Ernstes unterstellt, die Sexualität der Eltern würde das Kindeswohl gefährden. Einzelpersonen dürfen aber adoptieren. Das ist doch schizophren.

WOLLEN SIE ALSO DOCH IN DIE BUNDESPOLITIK WECHSELN UND DAS ALS BUNDESKANZLER BESSER MACHEN?

Diese Frage wird mir häufig gestellt und ich antworte immer das Gleiche: Ich möchte Regierender Bürgermeister dieser großartigen Stadt auch in der nächsten Legislaturperiode sein. Dafür kämpfe ich und dafür bin ich angetreten. Damit ist doch alles gesagt.

WENN SIE PLÖTZLICH EINEN FREIEN ABEND BEKOMMEN, WAS MACHEN SIE DANN?

Jetzt im Wahlkampf kommt das noch seltener vor als sonst schon. Sollte das aber unerwartet passieren, würde ich in meinem Kiez Zutaten einkaufen gehen und französisch kochen wahrscheinlich mit einer üppigen Nachspeise. Meine Liebe zu Charlotte Lorraine ist ja schon bekannt.

IHR RUF WAR JA ABER MAL WENIGER HÄUSLICH SONDERN EHER DER EINES PARTYBÜRGERMEISTERS.

Dabei habe ich ja gar nicht die Zeit für soviel Party. Aber dieser Ruf hat einen Vorteil. Ich kann theoretisch auf Abendveranstaltungen nach 5 Minuten gehen, denn die Leute glauben sowieso, dass ich der Letzte bin, der geht.

*Interview: Erik von Bernfeld

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