PrEP-Update: Der Stand der Forschung

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Foto: Alexander Popov

Häufig wird auf unseren Social-Media-Kanälen der Vorwurf gemacht, wir würden die PrEP zu sehr beachten und ihr einen zu hohen redaktionellen Stellenwert einräumen. Dem widersprechen wir deutlich: Die aktuellen HIV-Neuinfektionszahlen zeigen, dass das Kondom alleine nicht ausreicht, um die HIV-Epidemie zu beenden.

Dass Kondome gegen HIV schützen ist Lesern bekannt, wie die gleichen Kommentare in PrEP-Diskussionen beweisen und außerdem ist es Bestandteil fast jeder Berichterstattung über PrEP. Aktuelle Umfragen unter Schwulen zeigen zudem, dass mehr Informationen gewünscht sind und der Kenntnisstand lange noch nicht das gewünschte Niveau erreicht hat, damit die PräExpositionsProphylaxe ihre Wirkung voll entfalten kann. Also: Mehr Infos für alle – los geht’s!

Anlassbezogen sicher

Wir waren im Sommer 2018 für euch bei der AIDS 2018 – der größten HIV-Konferenz der Welt. Zwei sehr beeindruckende Ergebnisse bezügliche medikamentöser HIV-Prävention wurden vorgestellt: Beim Schutz durch Therapie kam es in einer Studie bei über 77.000 Sexkontakten zwischen einem HIV-Positiven unter Therapie und einem HIV-Negativen zur keiner einzigen HIV-Übertragung. Die Wissenschaft tat in Folge etwas, was sie nur sehr selten tut: Sie verzichtet auf ein Sternchen, eine Fußnote, eine Relativierung. Sie sagt: Kondomloser Sex mit einem HIV-Positiven unter der Nachweisgrenze hat ein Übertragungsrisiko von Null Prozent. Zero. Nicht vorhanden.

Null Infektionen mit HIV statt statistisch erwarteter 85!

Nicht ganz so beeindruckend, aber nicht minder wichtig war die Vorstellung erster Ergebnisse aus der französischen Studie Prevenier. Sie untersucht zurzeit die Alltagstauglichkeit der PrEP, weil es theoretisch ja doch einen Unterschied machen kann, ob eine Präventionsmethode nur unter streng wissenschaftlichen Vorgaben funktioniert, oder auch im täglichen Gebrauch durch Otto-Normal-Sexler. Prevnier will bis 2020 insgesamt 3.000 Personen beobachten, die PrEP so nutzen, wie sie es persönlich für richtig halten. Über die Hälfte dieser Zahl sind schon dabei und dabei, davon nehmen 45,4 Prozent die PrEP täglich ein, 54,6 Prozent bei Bedarf (Zwei Pillen am Tag vor dem Sex, je eine 24 Stunden danach und 48 Stunden danach). Die Ergebnisse nach über einem halben Jahr Laufzeit lassen sich sehen: Keiner brach die PrEP wegen Nebenwirkungen ab, rund ein Fünftel nutzte zusätzlich zur PrEP noch Kondome. Die beste Nachricht: Wenn man die zugrundliegenden Fallzahlen ohne die PrEP sieht, hätte man statistisch 85 Neuinfektionen mit HIV erwartet*. Und wie viele gab es nun bei Prevenier? Null! Das geht gar nicht besser.

ROMEO und Berlin

Sodom und Gomorrha? Nun, zwei Erhebungen, beide nicht repräsentativ, aber durchaus aussagekräftig, räumen ein bisschen mit Vorurteilen auf. ROMEO fragte seine User nach ihren Erfahrungen und Meinungen zu Safer Sex und PrEP, der Dermatologe Ricardo Niklas Werner und der Gesundheitswissenschaftler Matthew Gaskins von der Charité Berlin taten ähnliches mit den Kunden und Patienten Berliner Schwerpunktpraxen und Beratungsstellen.

In Berlin, der Welthauptstadt des gelebten Homosexes, nehmen der letzteren der beiden Erhebungen nach 17,2 Prozent der Befragten die PrEP. Das liegt nur wenig über dem Ergebnis der weltweiten ROMEO-Befragung, wo 16 Prozent angaben, die PrEP zu nutzen. Diese Zahlen könnten massiv steigen, denn Hauptgrund neben dem Preis, der vermutlich durch Übernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen noch 2019 wegfällt, die PrEP nicht zu nehmen, ist mangelnde Information. Bei den Berlinern fühlten sich nur knapp die Hälfte der Befragten gut informiert, auch bei ROMEO gaben knapp 40 Prozent  an, nicht genug über die Prävention mit Emtricitabin/Tenofovir zu wissen, aber durchaus an dieser Präventionsart interessiert zu sein.

Wir bleiben dran!


*Quelle Deutsche AIDS-Hilfe

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