Schlau zu HIV mit Dr. Nazifa Qurishi

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In unserer HIV-Interviewreihe geht es diesmal um das Thema Therapietreue. Wie wichtig ist es, seine HIV-Medikamente regelmäßig einzunehmen, welche Vorteile ergeben sich, welche Nachteile entstehen durch unregelmäßige Einnahme? Wir fragten bei Dr. Nazifa Qurishi nach, Internistin mit Schwerpunkt Infektiologie und Suchtmedizin, die in der großen Gemeinschaftspraxis Gotenring in Köln niedergelassen ist.

Immer wieder liest man, HIV sei inzwischen eine „chronische Krankheit“. Stimmt das und das heißt das eigentlich?


Die HIV-Infektion war und ist immer noch eine chronische Krankheit, da das Virus mit den uns zur Verfügung stehenden Medikamenten nicht wie die HCV-Infektion eliminiert werden kann. Aber was wir sehr wohl mit den hervorragenden Medikamenten erreichen, ist eine dauerhafte Virussuppression und dadurch eine Stabilisierung des Immunsystems und Wiederherstellung der Lebensqualität. Die Therapie ist jedoch dauerhaft notwendig, weil ein Absetzen oder Pausieren der Therapie erneut zum Virusnachweis und damit Absinken des Immunsystems führt. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“: Zurzeit wird aber ausreichend im Bereich der Viruseradikation geforscht, sodass die Hoffnung besteht, dass eines Tages doch eine medikamentöse Therapie entwickelt wird, die das Virus endgültig aus dem Körper entfernt.

Heißt das, wenn ich als HIV-Positiver regelmäßig meine Tabletten schlucke, kann ich ganz normal mit HIV leben?


Unregelmäßige Einnahme der Medikation fördert die Entwicklung der resistenten Viren und Nichteinnahme der Therapie resultiert in einer Verschlechterung des Immunsystems mit lebensgefährlichen Folgen. Unter einer dauerhaften Therapie erholt sich das Immunsystem, die Viren werden maximal unterdrückt, sodass im Rahmen der Kontrollen beim Arzt von einer Viruslast von 0 gesprochen wird. Nach mindestens sechs Monaten nicht nachweisbarer Viruslast ist der Patient nicht mehr ansteckend. Aus diesem Grund und zur Vorbeugung der HIV-assoziierten Infektionen sowie AIDS-definierenden Erkrankungen ist es ratsam, frühzeitig mit der Therapie anzufangen. Dies wird auch als „Treatment as prevention“ (TasP) bezeichnet.

Und was, wenn ich mal eine Tablette vergesse? Kann ich nicht auch mal „Pause“ machen?

Es ist immer sinnvoll, bei einer chronischen Krankheit auch jeden Tag die Therapie einzunehmen. Eine Therapiepause zum Beispiel im Urlaub führt zur Erhöhung der Viruslast im Körper und zu einer Verschlechterung des Immunsystems. Daher wird von Therapiepausen generell abgeraten. In besonderen Fällen, beispielsweise aufgrund von Änderungen der Lebensumstände oder Bedenken bezüglich der regelmäßigen Einnahme, ist ein offenes Gespräch mit dem behandelnden Arzt empfehlenswert. Die heutige moderne Therapie in Form von „Single Tablet Regimen“, abgekürzt als STR, erleichtert eine regelmäßige Einnahme. Diese Triple-Therapien haben eine hohe Effektivität und sind insgesamt deutlich besser verträglich.

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