Neun Monate Schwangerschaft in vier Tagen

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Die Gleichstellung homosexueller Paare im Adoptionsrecht war in Deutschland lange ein Streitthema – diese Bastion fiel mit der Ehe für alle. Seit dem 1. Oktober 2017 ist es gleichgeschlechtlichen Paaren in Deutschland rein rechtlich möglich, gemeinsam ein fremdes Kind zu adoptieren. Bei dem Wort „Adoption“ denkt man erst einmal an Hürden, Bürokratie und vielleicht sogar Diskriminierung. Es gibt viele Geschichten zu diesem Thema und nicht alle sind schön – doch diese hier ist es.

Nur anderthalb Jahre lagen zwischen dem ersten Vorsprechen beim Jugendamt und dem Anruf, der alles veränderte. Es war ein Donnerstag, als das Handy klingelte, und Daniel (26) und Roman Nawrot (34) erfuhren: Ein Zwillingspärchen wurde geboren – und es sucht liebevolle Eltern. Am folgenden Montag könnten die vier sich kennenlernen, hieß es. Auf das alles verändernde Telefonat folgten neun Monate Schwangerschaft in vier verrückten Tagen.

„Wir hatten gar nichts, nicht einmal ein Kinderzimmer“, sagt Roman Nawrot. „Wir hatten nichts vorbereitet, weil uns so wenig Hoffnung gemacht wurde, dass sich in naher Zukunft etwas ergibt. Es hieß von Anfang an, wir sollten unser Leben ganz normal weiterleben.“ Und dann hat man plötzlich zwei Kinder! „Das Wochenende war ein purer Gefühlswirrwarr, wir haben noch nie so viele unterschiedliche Emotionen gleichzeitig durchlebt“, erinnert sich Daniel. Das Jugendamt in ihrem Landkreis hatte ihnen empfohlen, sich deutschlandweit auch bei anderen Jugendämtern zu bewerben. Geboren wurden ihre Kinder nun sechs Stunden Autofahrt entfernt. Am Montag fuhren die Nawrots zitternd ins Krankenhaus, um ihre Zwillinge kennenzulernen. Daniel schwärmt: „Wir kamen in das Zimmer und wussten sofort, dass wir jetzt eine Familie sind“. Auch Roman war hin und weg: „Wir haben uns auf Anhieb verliebt und alle Zweifel waren verschwunden“.

Die Nawrots, die als selbstständige Unternehmer arbeiten, wohnen zwanzig Minuten von München entfernt in einer eher ländlichen Gegend. Nach zwei Wochen Crashkurs in Sachen Elternsein konnten sie ihre Tochter Melodie und ihren Sohn Romeo mit nach Hause nehmen. Dort war nun nichts mehr, wie es einmal war – sondern lauter, stressiger und besser. „Wenn die Kinder dich das erste Mal aktiv anlächeln und glücklich sind, dass du da bist – das ist das schönste Geschenk“, erinnert sich Daniel. Apropos Geschenke: Die ganze Nachbarschaft freute sich mit den beiden und brachte Geschenke vorbei, als die Babys einzogen.

Das ist nun neun Monate her. Wenn die Nawrots heute in München den Zwillingskinderwagen schieben, werden sie oft angesprochen. Einige Menschen glauben, dass die beiden nur Kumpels sind, die ihren Frauen die Kinder abnehmen. Dann leisten die Co-Papas Aufklärungsarbeit – und erhalten immer positive Rückmeldungen.

Roman und Daniel wollen ihren Teil dazu beitragen, dass es irgendwann normal ist, wenn ein queeres Paar Kinder großzieht. Sie bitten alle Regenbogenfamilien in spe: Lasst euch nicht verrückt machen! Sie wollen andere ermutigen und hoffen, dass alle Menschen, die Eltern werden wollen, auch die Chance dazu bekommen – und sich vor allem trauen, sie zu ergreifen.   

Gerne stehen die beiden mit Rat und Tat zur Seite. Kontakt kann über die Instagram-Profile aufgenommen werden:

www.instagram.com/roman_nawrot / www.instagram.com/danyohio

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