Olivers Kinderbuch „Frederic, der Zahlenprinz“

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Ein Bilderbuch über Ängste und Zwänge und ihre Überwindung. Ein wichtiges Buch, denn manche Zwänge begleiten einen Menschen von Kindesbeinen an. Wir telefonierten mit dem Autor.

Warum hast du dieses Buch geschrieben?

Das Thema beschäftigt mich seit meiner Kindheit, es taucht ja auch in meiner Autobiografie und in einem Film von mir auf. In Deutschland gab es noch kein Kinderbuch über das Thema, die Idee, ein Buch darüber zu schreiben, kam mir letztes Jahr. Da habe ich mich dann mit meiner Schwägerin zusammengesetzt, die Illustratorin ist, und gefragt, ob sie sich vorstellen könne, bei so etwas mitzuarbeiten. Sie war gleich Feuer und Flamme, und so ging es los.

Wer genau ist deine Zielgruppe: die Eltern oder interessierte Kinder?

Die Kinder. Aber das Buch ist ab sechs Jahren, ein Alter, da wird Kindern ja auch oft noch vorgelesen. Es ist also auch für Erwachsene. Viele wissen über dieses Thema nicht so viel, es ist noch nicht so in der Gesellschaft angekommen wie zum Beispiel das Thema Depressionen. Es gibt Hintergrundinformationen, es kann auch helfen, Zwangsstörungen zu entdecken. Man muss nicht gleich in Panik verfallen, aber im Auge behalten ... Manchmal schleichen sich Zwänge wieder aus. Von einer Zwangsstörung wird in der Regel erst gesprochen, wenn die Betroffenen unter ihrer Situation leiden.

Foto: www.facebook.com/oliver.sechting

War das bei dir so?

Leider nein. Ich nehme bis heute Medikamente und habe immer wieder depressive Schübe, weil die Zwangserkrankung so erschöpfend ist.

Hätte dir damals so ein Buch geholfen?

Ja, sehr. Damals, es waren die 1980er-Jahre, da war das Thema in der Gesellschaft nicht bekannt. Ich verheimlichte meine Krankheit, was ganz typisch ist, weil man sich schämt. 14 Jahre lang lebte ich so, bis ich mit Mitte 20 aufgrund eines Nervenzusammenbruchs in die Psychiatrie musste. Mir hätte es sehr geholfen, so ein Buch zu haben. Zwangsstörungen sind sehr individuell, aber es gibt Parallelen, hier setzt das Buch an.

Trifft dich als Autor die aktuelle Corona-Krise stark?

Es hat so viele betroffen, Menschen mit einer Zwangserkrankung werden aber womöglich stärker davon mitgenommen. Das Gefühl der Unsicherheit ist ein Träger von Angst und Zwängen. Viel Beschäftigung beruflicher Art fiel weg, da musste ich dann gegenarbeiten, damit dieser freie Raum nicht von den Zwängen besetzt wird. Struktur hilft, bei mir war es die Arbeit an dem Buch. Und mein Lebenspartner Rosa, der mir permanent zur Seite steht. Ich bin froh, dass ich ihn als Partner habe. Es waren schwierige Zeiten, die Behandlungsmöglichkeiten sind bei mir ja auch relativ ausgeschöpft. Was mir auch geholfen hat, war der professionelle Blick auf das alles durch meine Psychologin, wenn ich mit ihr telefoniert habe.

Worauf freust du dich gerade?

Dass alles leichter wird, dass wieder Normalität einzieht, ohne dass es kippt und noch drastischere Maßnahmen kommen. Über allem steht immer meine psychische Gesundheit, je nach Verfassung erlebe ich das Leben sehr unterschiedlich. Wenn die Krankheit im Hintergrund ist, geht es mir gut, das reicht dann eigentlich aus. Aber natürlich freue ich mich auf die Buchveröffentlichung und das Feedback darauf.

*Interview: Michael Rädel

oliversechting.de

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