Ein Interview mit Ralf König

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Ralf König, der bekannteste deutsche Comic-Zeichner, hat nach fast zehn Jahren eine neue Geschichte mit den Homo-Helden Konrad und Paul geschrieben. Im Interview verrät er wie viele Brötchen er morgens isst, warum biblische Jungfrauen besser laufen als Schwule und wieso er einen Büroalltag braucht.

WIE SIEHT EIN ARBEITSTAG IM LEBEN VON RALF KÖNIG AUS?

Ziemlich geregelt: Ich frühstücke mit Olaf, meinem Freund, und dann gehen wir zusammen in unsere Büros. Ich bin seit ein paar Jahren in einem Gemeinschaftsbüro am Neumarkt. Dort arbeite ich dann meist so von 9 bis 17 Uhr.

ALSO NIX MIT GEMÜTLICH ZU HAUSE SITZEN UND HIN UND WIEDER MAL WAS ZEICHNEN?

Wenn ich den ganzen Tag allein zu Hause Nasen male und die einzigen Worte, die ich morgens spreche, sind zwei Brötchen bitte, ist das nicht gemütlich, sondern auf Dauer nicht gesund. Allein nur mit den Knollennasen den ganzen Tag, da wird man irgendwann seltsam. In dem Gemeinschaftsbüro habe ich nette Kollegen, mit denen ich mich wohlfühle. Da schaffe ich auch mehr. Für meinen neuen Konrad & Paul habe ich nur etwa fünf Monate gebraucht.

WIE HEISST DAS NEUE WERK DENN?

Raumstation Sehnsucht, in Anlehnung an Tennessee Williams. Nach einigen Jahren endlich wieder eine neue Geschichte mit den beiden, das hat mir Spaß gemacht. Ich kann eh am besten das zeichnen, wozu ich Lust habe. Es war geil, Konrad und Paul wiederzubeleben und mit Paul was richtig Versautes anzustellen!

UND WIE GEHT ES DANACH WEITER?

Im Moment zeichne ich quasi schon an der Fortsetzung. In Raumstation Sehnsucht schreibt Paul einen Science-Fiction-Roman. Er schreibt ja immer diese schlechten Pornos, und den Roman setze ich jetzt um, mit strunzgeilen, behaarten Außerirdischen. Völlig sinnfrei. Passt mir gut in den Kram. Ich neige in der kalten Jahreszeit zu Melancholie, und dieser Quatsch heitert mich auf.

Foto: M. Rädel

VORHER HAST DU DICH EINE ZEIT LANG MIT RELIGION BEFASST. WIE KAMST DU ZUR HEILIGEN URSULA UND DEN ELFTAUSEND JUNGFRAUEN?

Als ich vor 14 Jahren von Dortmund nach Köln zog, erzählte mir ein Freund die Ursula-Legende.

Elftausend Jungfrauen, der Papst, ein Engel, die Hunnen ... ich hatte sofort den Comic im Kopf! Nachdem ich viel später drei Bibel-Adaptionen gezeichnet hatte, war ich quasi ohnehin am religiösen Thema und hab mir dann auch noch die Jungfrauen vorgeknöpft. Bei der Ursula war das Problem, dass neben der gewaltigen Legende auch die historische Geschichte mit dem Kölner Reliquienhandel so spannend ist, dass ich nicht wusste, wie ich das alles ins Buch packen sollte. Ich nehme gern Stift und Papier und fange einfach an, draufloszuzeichnen. Aber bei Elftausend Jungfrauen habe ich damit viele dramaturgische Irrwege beschritten und musste viel fertig Gezeichnetes wieder rausschmeißen. Das war genauso, als wenn ein Regisseur einen Film dreht ohne festes Drehbuch. Mittlerweile schreibe ich erst grob Handlung und Dialoge auf, um zumindest den roten Faden abzustecken. Man könnte also sagen, ich bin von der Heiligen Ursula geläutert worden. Das Thema Religion hat mir ohnehin viele Türen geöffnet.

INWIEFERN?

Ich hatte damit große Ausstellungen zum Beispiel im Ludwig-Museum in Oberhausen, in Basel oder im Kölner Stadtmuseum, seit März auch im Frankfurter Caricatura. Das ist mir mit den schwulen Comics nicht so passiert. Mit den religiösen Themen hatte ich auch einen dreimonatigen Strip in der FAZ, das gab einige Aufregung, pro und contra. Zu Religion haben ja alle eine Meinung. Es hat mir gut getan, nach 25 Jahren mal ein ganz neues Themenfeld zu bearbeiten. Ich fing schon ein bisschen an, mich zu langweilen. Aber auch mit den Kirchenthemen bin ich jetzt nach fünf Jahren erst mal durch. So wichtig ist es mir auch wieder nicht.

DU VERFOLGST ABER SCHON NOCH DIE DISKUSSIONEN UM KARDINAL MEISNER?

Ist doch schade, dass der weg ist, oder? Meisner war immer für einen Klops gut! Wobei ich mir keine Sorgen mache, dass der nächste Betonkopf nach Köln kommt und sich Würdenträger nennt. Aber Meisner fand ich oft sehr amüsant.

Foto: VVG Köln

LIEST DU SELBER GERNE COMICS?

Gelegentlich. Ich hab meine Klassiker, Peanuts, Calvin & Hobbes oder Claire Bretécher, aber mit den jetzt so genannten Graphic Novels tu ich mich oft schwer. Es gibt einen Graben zwischen Humoristen und den Zeichnern, die jetzt ernste Themen angehen was mit Drittem Reich oder Krankheit oder Schicksale von Frauen im Iran. Man gibt dem Comic Gewicht. Seht her, Anspruch! Das ist okay, es gibt da gute Bücher, aber richtig klasse finde ich zum Beispiel Nicolas Mahler. Sein reduzierter Strich ist schon fast ne Unverschämtheit, aber hochkomisch! Mahler ist großartig, ganz subtiler Humor, mit dem er zum Beispiel Thomas Bernhardt interpretiert. So macht Anspruch wieder Spaß.

GLAUBST DU, ES KANN DIR IRGENDWANN PASSIEREN, DASS DU SAGST: SO JETZT HAB ICH DIE NASE VOLL UND LEG DEN STIFT ZUR SEITE?

Nase voll ist gut. Vielleicht wenn mir irgendwann mal die Hand zittert. Ansonsten habe ich noch zu viele Geschichten im Kopf, um aufzuhören.

*Interview: Bernd Rosenbaum


NOCH BIS 3. AUGUST: RALF KÖNIG: PAUL VS: PAULUS AUSSTELLUNG IM CARICATURA MUSEUM FRANKFURT

WWW.CARICATURA-MUSEUM.DE

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