Anna Kendrick: Nur bei Langeweile auf Instagram

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Ihr Gesicht kennt man aus Erfolgen wie „Twilight“ und „Pitch Perfect“, bald läuft „Nur ein kleiner Gefallen“ an. Wir trafen sie zum Interview.

Miss Kendrick, Ihr neuer Film „Nur ein kleiner Gefallen“ vermischt auf ziemlich ungewöhnliche Weise Spannung und Humor. Was war Ihr erster Gedanke, als Sie das Drehbuch gelesen haben?

Ich hatte damals einen ganzen Stapel Skripte zu lesen und war ein wenig in Eile. Deswegen achtete ich nicht einmal darauf, wer als Regisseur angegeben war. Ich hatte die Info, dass es um einen Thriller geht, doch je länger ich las, desto mehr musste ich lachen. Was mich ein wenig irritierte, schließlich standen da ja keine Jokes oder so. Es war eher so ein schräger Humor, der sich durch die Geschichte zog und mich an Filme wie „Brügge sehen... und sterben“ oder „Kiss Kiss Bang Bang“ denken ließ. Erst danach entdeckte ich, dass Paul Feig den Film inszenieren würde. Da wurde mir einiges klar. Und ich war begeistert, denn solche Geschichten sind nicht gerade der Regelfall.

Auch die Frau, die Sie spielen, ist nicht ohne Weiteres in eine Schublade zu stecken, auch wenn es zunächst anders wirkt ...

Das stimmt. Auf den ersten Blick denkt man, Blake Lively und ich seien Yin und Yang, ich die liebe Unschuld und sie die verruchte Geheimnisvolle. Aber Stephanie, die Mommy-Bloggerin und alleinerziehende Mutter, die ich spiele, ist natürlich sehr viel abgründiger, als man zunächst vermutet. Ihre Positivität und ihr Optimismus sind eine Fassade für die Dunkelheit, die sie auch in sich trägt. Ihr Streben nach Perfektion soll überdecken, dass ihr Leben in der Vergangenheit eben alles andere als perfekt war. Doch selbstverständlich bekommt die makellose Oberfläche irgendwann Risse.

„Nur ein kleiner Gefallen“ handelt von einer – wenn auch ziemlich dysfunktionalen – Freundschaft. Welche Rolle spielen Freundinnen in Ihrem Leben? Haben Sie dafür überhaupt Zeit?

Das ist tatsächlich nicht immer ganz einfach. Die Freundschaften, die in meinem Leben Bestand haben, sind solche mit Leuten, die volles Verständnis für meinen Job haben. Wenn ich drehe, dann tauche ich oft in einer Art schwarzem Loch ab, und da brauche ich Freunde, die sich nicht beschweren, dass ich oft nicht auf ihre Nachrichten reagiere. Für ein paar Wochen bin ich eben leider mal wieder nicht wirklich ansprechbar für Privates. Aber meine echten Freunde wissen, dass ich danach auch wieder auftauche. Oder sind in der gleichen Situation. So wie meine „Pitch Perfect“-Mädels.

Sind Sie mit den Kolleginnen auch nach dem Ende der Trilogie noch in Kontakt?

Na klar, wir sind ein eingeschworenes Team! Unsere WhatsApp-Gruppe, die es seit sechs Jahren gibt, hat noch niemand verlassen – und man kriegt immer von irgendwem eine Antwort.

Was ist eigentlich, um mal auf den Titel Ihres neuen Films Bezug zu nehmen, der größte Gefallen, um den Sie je gebeten wurden?

Hm ... Der, der mich am meisten genervt hat, war, als eine Freundin mich anrief, weil sie mit dem Auto liegen geblieben war. Sie und ihr Freund waren auf dem Weg zu mir, und nun saßen sie in Baker fest, was auf halbem Weg von Las Vegas nach L.A. ist. Eigentlich hatte ich wirklich keine Lust, drei Stunden hin und drei zurück zu fahren, aber es wäre einfach sehr arschig gewesen, wenn ich es nicht gemacht hätte. Ich habe mich dann fast ein wenig geschämt, dass ich nur so widerwillig geholfen habe, schließlich sollte man für seine Freunde doch alles tun. Und nach vier Tagen bei mir auf der Couch hinterließen sie dann auch eine wirklich liebe Nachricht für mich. Wobei ich dann prompt entdeckte, dass sie vergessen hatten, das Klo abzuspülen – und die Scheiße ließ mich direkt wieder genervt sein. (lacht)

Sie sind online in den sozialen Netzwerken ziemlich aktiv. Könnten Sie sich vorstellen, wie Ihre Filmfigur tatsächlich einen Blog oder Vlog über Ihr Leben zu führen?

Eigentlich sind doch Instagram-Storys fast so etwas Ähnliches, oder? Zumindest versuche ich immer mehr, auch diese kleinen Videos zu filmen und zu posten, denn die mag ich bei anderen total gerne. Meine Kollegin Tracee Ellis Ross finde ich zum Beispiel auf Instagram großartig. Sie zeigt nicht nur glamouröse Photo Shoots von sich, sondern auch Eindrücke davon, wie es hinter den Kulissen zugeht. Das will ich auch verstärkt machen, mit Augenzwinkern und Selbstironie.

Erkennen Sie bei sich manchmal erste Anzeichen von Sucht, was Instagram und Co. angeht?

Nö, eigentlich nicht. Ich käme nie auf die Idee, mitten in einem Gespräch mein Telefon zu zücken und ein Foto zu posten. Eigentlich bin ich auf Instagram und Twitter wirklich nur aktiv, wenn ich alleine bin und Langeweile habe. Gestern Abend habe ich mich zum Beispiel hier im Hotelzimmer dabei gefilmt, wie ich in meiner Minibar die kleinste Champagnerflasche der Welt gefunden und geköpft habe. Einfach weil ich nichts zu tun hatte und man vor dem Fenster so schön den Springbrunnen vom Hotel Bellagio gesehen hat.

In „Nur ein kleiner Gefallen“ präsentiert sich Stephanie ihren Followern stets in der Küche. Wie sieht es bei Ihnen aus, sind Sie eine gute Köchin?

Nicht unbedingt. Aber ich backe wahnsinnig gerne. Zuletzt habe ich es ewig nicht mehr gemacht, weil ich leider viel zu wenig Zeit dafür habe. Aber eine Zeit lang war ich ganz besessen davon, immer neue Desserts auszuprobieren, von Windbeuteln über Crème brûlée bis hin zu den verschiedensten kleinen Törtchen. Sollte ich demnächst wieder so eine Phase haben, mache ich von allem Fotos und zeig’s im Internet.

Haken wir auch noch das letzte Thema ab, das im Kontext des Films zumindest eine gewisse Rolle spielt, nämlich die Mode. Wie viel Sinn haben Sie dafür?

Hm, das ist so eine Sache. Manchmal stresst mich Mode ein bisschen, weil ich selten das Gefühl habe, wirklich zu wissen, was gerade die neusten Trends sind oder welche Fashion-Regeln es zu befolgen gibt. Aber ich weiß zumindest, dass ich immer dann besonders begeistert bin, wenn ein Outfit irgendwie den 30er-Jahren Tribut zollt, denn für die habe ich viel übrig. Cukors Film „Die Frauen“ von 1939 ist für mich zum Beispiel der Inbegriff von Stil! Und ansonsten habe ich mir eine Scheibe bei diversen Dragqueens abgeschnitten. Für die sind ihre Outfits etwas, woran man in erster Linie Spaß haben sollte. Und deswegen versuche ich jetzt auch immer, das Thema Mode nicht so bierernst zu nehmen.

Ihre erste Rolle spielten Sie bereits vor zwanzig Jahren als 13-Jährige am Broadway. Machen Sie sich nach so viel Erfahrung und Erfolg als Schauspielerin eigentlich noch je Sorgen um die Zukunft?

Ganz im Ernst: jeden Tag. Ich habe immer wieder die Angst, dass mein nächstes Honorar mein letztes sein könnte. Deswegen bin ich auch ziemlich sparsam und lege immer etwas zur Seite. Schließlich gibt es keine Garantie dafür, dass mich morgen noch irgendwer auf der Leinwand sehen will.

Klingt ein bisschen nach Psychostress ...

Ist es aber gar nicht, sondern im Gegenteil eher gesund. Als ich mit George Clooney „Up in the Air“ drehte, erzählte er mir von seiner Tante Rosemary, einer erfolgreichen Sängerin. Sie war früher ein großer Star, aber eines Tages veröffentlichte sie ein Album, das einfach keiner kaufte. Zu lernen, dass das nichts mit ihr als Person zu tun hat, sondern sich einfach manchmal Zeitgeist und Geschmack ändern, war für sie eine wichtige Lektion, die sich auch George hinter die Ohren geschrieben hat. Sein Glück davon abhängig zu machen, von anderen geliebt zu werden und erfolgreich zu sein, ist zum Scheitern verurteilt, denn niemandes Karriere bleibt ohne Rückschläge. Das habe ich fest verinnerlicht.

*Interview: Jonathan Fink


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