François Ozon über „Sommer 85“

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Foto: Wild Bunch Germany

Das Buch „Tanz auf meinem Grab / Dance on My Grave“ von Aidan Chambers war 1982 eines der ersten Bücher, die eine homosexuelle Liebesgeschichte erzählten und in großen Verlagen erschienen. François Ozon hat es nun verfilmt. Wir konnten mit ihm chatten. 

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Die Story in aller Kürze: Alexis gerät beim Segeln an Frankreichs Mittelmeerküste in Seenot und wird vom coolen David (Benjamin Voisin) gerettet. Die beiden Teenager haben eine leidenschaftliche Affäre, doch Alexis (Félix Lefebvre) will David nur für sich, der hingegen will Spaß mit vielen Menschen ...

Der womöglich beste Coming-of-Age-Film des Jahres über die erste Liebe, schwule Sehnsucht, das Erwachsenwerden! Das Buch „Dance on My Grave“ ist zu Recht ein Klassiker, dieser Film sollte es werden. Kinostart ist wohl im Juli. Unbedingt anschauen! 

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Hatten Sie Respekt davor, diesen Buchklassiker zu verfilmen?

Ich habe das Buch von Aidan Chambers gelesen und geliebt, das war 1985, als ich 17 war! Ich wusste noch nicht, ob ich jemals Regisseur werden könnte, aber ich dachte mir, wenn ich eines Tages die Chance habe, einen Film zu machen, hoffe ich, dass dies mein erster Film sein wird. Am Ende habe ich 35 Jahre auf eine Adaption des Buches gewartet. Warum eine so lange Zeit? Nicht aus Angst, sondern vor allem, weil ich Zuschauer sein wollte. Ich habe darauf gewartet, dass ein von mir bewunderter amerikanischer Regisseur kommt und es für mich übernimmt. Doch das ist nie passiert und eines Tages habe ich das Buch noch einmal gelesen und gedacht, es sei an der Zeit, es zu machen!  

Foto: Wild Bunch Germany

Wie haben Sie Ihre Schauspieler gefunden?

Hätte ich Felix und Benjamin, die die Hauptrollen spielen, beim Casting nicht gefunden, hätte ich das Projekt aufgegeben. Ich musste sicher sein, dass es die besten jungen Schauspieler sind, die Alexis und David verkörpern. Wir haben viel vorbereitet, viel gelesen und diskutiert, die beiden Jungs sind vor dem Shooting sogar in die Normandie gefahren, um zu lernen, wie man Boot fährt. Sie haben sich kennenlernt und zwischen ihnen ist eine echte Bindung entstanden, das zeigt sich auch auf der Leinwand.  

Haben Sie denn eine Lieblingsszene im Film?

Meine Lieblingsszene ist eine improvisierte Szene: die im Nachtklub, als David Alexis den Walkman aufsetzt. Zweifellos ist es eine Hommage an den französischen Teenie-Film meiner Jugend „La Boum“, aber auch an das Spiel, das wir alle als Teenager auf Partys gespielt haben. In dieser Szene passiert etwas Magisches: Die beiden Helden tanzen, jeder zu seiner eigenen Musik, in seinem eigenen Tempo, und es symbolisiert diese Konfrontation zwischen zwei Visionen der Liebe, die im Mittelpunkt des Films steht.  

Wie können Filme in Zeiten von COVID-19 helfen, mit dem Alltag fertigzuwerden?

In dieser düsteren Zeit brauchen wir Fiktion und Flucht mehr denn je. Das Kino erlaubt das, deshalb ist es wichtig, dass die Leute in die Kinos zurückkehren, um das Leben zu sehen, das so viel mehr ist als das echte Leben und COVID! Ich habe in dieser Zeit nicht aufgehört zu arbeiten, ich habe zwei Filme gedreht und einen im Kino veröffentlicht. Nichts wird das Kino aufhalten!  

*Interview: Michael Rädel



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