#FashionWeek Berlin: Phönix aus der Asche?

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Foto: M. Rädel

Foto: D. Stapel

Wir tauschten uns mit Modemacher Rolf Scheider und Fotograf und Model Darwin Stapel über den Teilumzug der Fashion Week nach Frankfurt am Main aus.

„Berlin als Standort für die Shows und Performances wird nicht vergehen, Berlin bleibt auf jeden Fall ein Modestandort mit all den hier ansässigen Designer*innen und verorteten Möglichkeiten“, so Darwin Stapel. „Ausgehend von Statements der Kreativen der Branche hatte ich schon den Eindruck, dass viele Händler*innen nicht mehr nach Berlin gekommen sind, da wird der Teilumzug der Fashion Week aus wirtschaftlicher Sicht sicher Sinn machen. Für mich persönlich waren die Veranstaltungen der Messen nie ein Schwerpunkt im Programm. Berlin hat mit vielen wunderbaren Orten und Kreativen großes Potenzial: Mich reizen On-Site-Veranstaltungen wie Schauen oder Performances der Designer*innen. Ich fotografierte 2018 die Mode-Performance ‚Threesome‘ von Julian Zigerli in der Galerie EIGEN+ART in Mitte. Richert Beil zeigte dieses Jahr in einer Textilreinigung in Prenzlauer Berg; das Label DSTM ließ seine Bodywear-Kollektion in mit dem Siciliano Contemporary Ballett und Choreografen Salvatore Siciliano inszenieren. Ich kann mir gut vorstellen, dass viele Kreative und Künstler*innen nun vielleicht umso mehr Initiative zeigen, ihre Mode zu präsentieren, und definitiv hierbleiben werden.“  

Foto: M. Rädel

Ohnehin wollen zum Beispiel Designer wie IVANMAN oder Kilian Kerner ihre Mode in Berlin präsentieren, beide sehen die Chance, dass die „neue Fashion Week“ auch – endlich – an einem anderen Termin als zeitgleich mit der Pariser Fashion Week gezeigt werden kann. „Ich vergleiche die Fashion Weeks nicht“, so Darwin Stapel. „Jede Stadt hat ihre eigene Szene, Orte und ihre ganz eigenen Künstler und zeichnet sich genau deshalb aus.“

Rolf Scheider meldete sich via E-Mail zum Thema, hier sind einige Auszüge daraus:

„Was Berlin nicht hinbekommen hat, ist eine gut funktionierende Mischung aus kommerziellen Interessen und Fun. Große Marken, die internationale Relevanz und auch die Mittel mitbringen, dazu kreative Newcomer und Berliner Brands, die von deren Fahrwasser profitieren. Wie es auch die internationalen Fashion Weeks vormachen. Nur gibt es diese etablierten, großen Namen in Deutschland kaum noch, und wenn, dann präsentier(t)en diese oft im Ausland, wie z. B. Joop, Boss etc.“, so der Modefachmann. „In Berlin hat man den Erfolg einer Fashion Week mehr an selfieorientierten Bloggern und Trash-TV-Serienstars gemessen. Die dann gern gesehene Gäste beim Brunch von Gala & Co. waren. Dass sich das lockere Come-tgether des F.A.Z.-Magazins in Ausstellungs-Atmosphäre für Journalisten, Designer und Branchen-VIPs als angesagte Branchen-Networking-Plattform erwies, das sagt doch eigentlich schon viel aus. Für internationale Gäste waren letztendlich die Termine hierzulande wegen teilweiser Überschneidung mit internationalen Veranstaltungen, wie zuletzt mit den Pariser Menswear-Schauen, nicht vorrangig. Mode ist Emotion und Lebensgefühl, aber vor allem auch Business.“

Foto: M. Rädel

Also „Fashion Weak“ statt Fashion Week?

„Berliner Labels, die etwas erreichen wollen, wandern ja auch ab zu den Messen in Paris oder Mailand. Berlin hat sie alle ziehen lassen, auch wenn es hier immer noch einige spannende Designer gibt – Esther Perbandt, Lena Hoschek, Marina Hoermanseder, Marcel Ostertag, Isabel Vollrath, William Fan, Irene Luft, Danny Reinke, Nobi Talai, um nur einige zu nennen. In Berlin hat man in Bezug auf die Fashion Week zu lange auf Laisser-faire gesetzt, was nicht selten mit Oberflächlichkeit einhergeht. [...] Statt eines strukturellen Aufbaus zur Modehauptstadt verließ man sich vielmehr auf die hippe Atmosphäre der Stadt als Selbstläufer. Wie es auch bei der Auswahl der Gästelisten in Berlin mehr um Oberflächlichkeit ging, wenn die so gehypten Influencer in den ersten Reihen der Catwalk-Shows den wenigen relevanten Medienvertretern – die von den Veranstaltern oft nicht mal gekannt  wurden und teils Standing-Plätze zugewiesen bekamen – mit ihren Handys die Sicht auf die Mode versperren. [...] Frankfurt denkt unternehmerisch, als Bankenstadt beobachtet man sehr genau, wo es sich zu investieren lohnt. Zudem verfügt Frankfurt durch die gebündelte Messekompetenz bereits über ein international funktionierendes Netzwerk und Marketing. Der internationale Flughafen und die viel gepriesenen kurzen Wege sind da nur ein Surplus. Auch wenn Frankfurt für mich in puncto Mode die langweiligste Stadt Deutschlands ist, sehe ich den Umzug als Chance, der Mode in Deutschland den nötigen Rückenwind zu geben. Veränderung bietet immer auch Chancen – auch für Berlin.“ 

www.rolfscheider.com

www.facebook.com/darwinstapelstudio

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