Interview: Mark Ronson

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Foto: F. Dechard

Mark Ronsons viertes Album Uptown Special hört sich an, als wäre man in die Siebziger oder frühen Achtziger gebeamt worden. I can't lose erinnert nicht nur wegen des Gesangs der jungen Entdeckung Keyone Starr an Chaka Khan, Summer Breaking ist oldschool-entspannt wie die Doobie Brothers, Feel Right ist funky im Stile eines James Brown, und mit Stevie Wonder konnte der 39 Jahre alte Ronson sein größtes Idol überhaupt rekrutieren.

WEN WILLST DU MIT DEINEM ALBUM UPTOWN SPECIAL GLÜCKLICH MACHEN: IN ERSTER LINIE DIE HÖRER ODER IN ERSTER LINIE DICH SELBST?

Wenn ich meine eigene Musik mache, dann denke ich nicht daran, die Menge glücklich zu machen, so wie ich es als DJ tue. Mir war allerdings klar, dass dies hier das beste Album werden musste, das ich je gemacht habe, weil mein letztes Album Record Collection schlicht ein Flop war.

HAST DU DANACH STARK AN DIR GEZWEIFELT?

Natürlich. Ich fand Record Collection ja nicht schlecht. Aber ich bin auch gern wieder der Underdog. Ich denke, ich arbeite besser, wenn niemand etwas von mir erwartet. Nicht, weil ich Furcht vor Druck und Erwartungen hätte, sondern weil ich es mag, Musik in so einer Art Vakuum zu machen, in dem dich alle in Ruhe lassen.

DEIN GROSSER DURCHBRUCH MIT BACK TO BLACK, DEM VON DIR PRODUZIERTEN ALBUM VON AMY WINEHOUSE, KAM AUCH AUS DEM NICHTS, ODER?

Absolut. Kein Mensch hatte Amy Winehouse oder mich auf dem Zettel, Amy war nicht mehr als ein Kritikerliebling, und als ich parallel dazu mein Album Version aufnahm, war es ähnlich. Den Großteil von Version habe ich im Schlafzimmer produziert.

DU SAGST, WENN DU ERFOLG HAST, STIMMT ETWAS NICHT. WAS ALSO STIMMTE NICHT MIT BACK TO BLACK?

Das zählt nicht, Back to Black war mehr Amy als Mark, und bei ihr wusste ich genau, wie besonders und einmalig sie ist. Amy hatte herausragendes Talent, das konnte wirklich jeder sehen. Aber als ich für mich selbst Preise gewann, Grammys zum Beispiel, habe ich mich immer total unwohl gefühlt. Keine Ahnung, woran das liegt. Vielleicht an meiner Persönlichkeit, vielleicht ist es auch so eine typische jüdische Sache.

WAS IST TYPISCH JÜDISCH AN DEINEM NOTORISCHEM PESSIMISMUS?

Genau das. Ich weiß, das ist ein Stereotyp, aber es steckt viel Wahrheit darin. Auf der anderen Seite ist diese Skepsis super, weil sie meinen Ehrgeiz wach hält. Die Erwartung des unmittelbaren Misserfolgs hält mich davon ab, mein Geld für fette Yachten in Miami zu verballern (lacht).

BIST DU SPARSAM?

Ich bin nicht so gut darin, mein Geld auszugeben. Luxus ist mir ziemlich egal. Ich habe ja eh bei jedem Konzert die Angst, dass es das letzte ist. Und bei jedem Hit bin ich überzeugt, dass danach keiner mehr kommt. Ich weiß noch, als ich 25 war und in den HipHop-Clubs von New York auflegte und mit meinem Freund, dem Musiker John Forte, abhing, der mal Mitglied der Fugees war und zwischendurch auch mal im Kittchen saß. Na, jedenfalls, John nahm mich mit zu dem berühmtem Jacob the Jeweller, der für die ganzen Rapper die Goldketten anfertigte. Ich fand das so surreal, und irgendwie schwatzte er mir ein diamantenes Armband auf. Ich kam mir vor wie ein Rapper mit dem Teil, aber auch total blöd. Natürlich war das Armband sowieso viel zu teuer für mich. Und abends legte ich auf und schrabbte ständig mit dem Ding über die Platten. Am nächsten Morgen brachte ich ihm das Teil zurück.

WAR DIR DIE EPISODE PEINLICH?

Teils, teils. Mit 24 gehört es dazu, dich idiotisch zu benehmen und Scheiße zu bauen. Diese ganze Welt war damals noch neu und unerforscht für mich, ich war ja praktisch noch ein Kind.

FÜHLST DU DICH JETZT MIT 39 ERWACHSENER, REIFER?

Ja, das tue ich tatsächlich. Ich habe eine bessere Selbsteinschätzung, was meinen Platz in dieser Welt und in diesem Geschäft betrifft. Ich kann heute sagen, was ich liebe und was meine Stärken sind.

WAS IST UPTOWN SPECIAL ÜBERHAUPT? EIN FUNK-ALBUM? EIN SOUL-ALBUM? EIN VINTAGE-POP-ALBUM?

Ich kann das gar nicht sagen. Ich mag so viele unterschiedliche Arten von Musik, was manchmal ein Nachteil ist, weil du dann dazu neigst, eine wilde Mischmaschplatte ohne wirkliches Konzept aufzunehmen, Record Collection ging leicht in diese Richtung. Doch ich habe immer gespürt, ob ich nun mit 15 in meiner ersten Band spielte oder später als DJ in New York auflegte, dass ich mich stets massiv hingezogen fühle zu Earth, Wind & Fire, zu Stevie Wonder, den Neptunes. Mit jedem Album versuche ich, etwas auf die Beine zu stellen, das ich selbst gerne hören möchte. Und das sind Soul, HipHop, R&B;, die ganzen feinen Sachen, die ich so liebe und die ich schon auf meinem ersten Album drauf hatte.

*Interview: Steffen Rüth

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