„The Schlager Hit Parade“ – 40 Jahre Pet Shop Boys

Am 4. Februar feierte Großbritanniens erfolgreichstes Pop-Duo sein 40. Bandjubiläum mit einem weltweiten Kino-Event. Erstmals gab es die aktuelle Best-of-Tour „Dreamworld“ als Konserve auf die Augen und Ohren. Für Fans viel einschneidender: Mit „loneliness“ dropten Neil Tennant (69) und Chris Lowe (64) den Opener des bereits mit Spannung erwarteten 16. Studioalbums. „nonetheless“ wird das Werk heißen.

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Beiläufig“ , trotzdem“,  nichtsdestoweniger“ 

Foto: Parlophone

Ein Pet Shop Boys-Albumtitel, wie er wohl im Lehrbuch tennantscher Lyrik mit ihren expliziten Doppeldeutigkeiten, den in Interviews stets nonchalant verneinten Zeitgeíst-Anspielungen steht. Am besten gegebenenfalls ist er mit „Ach übrigens, in unserer kargen Welttournee-Freizeit produzieren wir auch weiterhin Musik ” zu übersetzen. Zumindest, wenn Mensch dem im wahrsten Sinne popkulturell perfektionistisch orchestrierten Doppelwums um die Single-Auskopplung anerkennend folgen mag: „loneliness“ taugt als pathetisch mitreißende Stampfdiskohymne über eine gediegene spätherbstliche Liebeslebendepression einmal mehr zum wohligen Ohrenbluten. So erwartbar wie „nonetheless“ großartig.

Erstmals seit einer gefühlten Ewigkeit setzt aber dazu der begleitende Video-Kurzfilm, Regie Filmemacher Alasdair McLellan, dem Produkt „Single-VÖ der Pet Shop Boys“ wieder eine Krone auf, die „loneliness“ in eine Reihe mit „Go West“, „Being Boring“ und „Domino Dancing“ stellt. Also das schafft, was letztendlich die Grundlage für 40 Jahre Erfolg im Popgeschäft und eine inzwischen ins dritte Jahr gehende Best-of-Stadientournee der beiden Herren ausmacht: Gesamtkunstwerke mit Anschlussfähigkeit als „Soundtrack des Lebens“ vom Autoscooter bis zur Rotwein-Soiree, von der Dorfdisse bis zum Christopher Street Day. 

Der Plot

Bildhübsche (männliche) Teenies im industriellen 1990er-Großbritannien ent- und verstecken ihre Bisexualität mit all den mehr oder weniger grausamen Einsamkeiten, die ein solches Doppelleben damals wie heute mit sich bringen kann. Brillant. Und offenbar so progressiv, dass unsere laut Wagenknecht, Lanz und Spahn ach so woke Medien-Bubble reihenweise ihre Unzulänglichkeiten in Sachen queere Lebensrealitäten zutage fördert:

Foto: Parlophone

Von der latent homo- bzw. biphoben Einstufung des harmlosen Werkes als „Nur für Erwachsene“ bei Youtube über das flächendeckende bi-erasing bis zur lustvoll clickbait-tauglich skandalisierten Szene mit einem Glory Hole, durch das allerdings dann ganz handzahm doch kein Schwanz, sondern der süße wie juvenil-hoffnungslose Versuch einer Liebeserklärung wandert. 

Chapeau, liebe Pet Shop Boys! Wir sind jetzt schon gespannt, was uns wohl ab dem 4. April mit dem Albumtrack „The Schlager Hit Parade“ den doppelten Boden der Metaebenen durchschlägt. 

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