HOMOPHILHARMONISCHES JUBILÄUM

© FOTO: FEDERICA RONCALDIER

Das Orchester „concentus alius“ wurde 1999 als schwules Kammerorchester gegründet. Seit nunmehr 15 Jahren musiziert das Ensemble zusammen und ist heute zu einem veritablen Sinfonieorchester herangewachsen. Deutschlandweit ist es das Einzige seiner Art und zudem äußerst erfolgreich. Als „Homophilharmonisches Orchester Berlin“ bietet es in erster Linie lesbisch-schwul-queeren Musizierenden die Möglichkeit, gemeinsam künstlerisch tätig zu werden. Aber natürlich sind auch deren Freunde herzlich willkommen.

Als Tradition haben sich mittlerweile auch die Benefizkonzerte etabliert. Die renommierte Vereinigung ist sogar Berlin-Botschafter unter dem Motto: „sei homo, sei harmonisch, sei berlin“. Nun ist es aber an der Zeit, das 15-jährige Bestehen des Ensembles zu feiern. Anlässlich des Jubiläums findet ein Konzert im Theater am Kurfürstendamm statt. Unter dem Dirigat von Christiane Silber gibt sich Konstanze von Gutzeit, Solocellistin beim Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin (RSB), als Solistin die Ehre. In den musikalischen Programmen ist von klassisch-straight über romantisch-schwul und lustvoll-lesbisch bis queer-modern alles vertreten. Den Schwerpunkt legt das Ensemble aber dieses Mal auf Filmmusik. So wird das Publikum wohlbekannte Klänge aus „Frühstück bei Tiffany“, „E.T. – Der Außerirdische“ oder „Spiel mir das Lied vom Tod" vernehmen. Temperamentvoll geht es bei einem Medley mit „Themes from 007“ zu. Bei all der Feierstimmung sollte man aber die Anfänge nicht vergessen. blu sprach deswegen mit einem, der von Anfang an dabei war: Organisator und Vorstand des Ensembles, Dr. Michael Knoch. •yo

WIE KAM ES ZU DER IDEE, EIN SCHWULES ORCHESTER ZU GRÜNDEN?

Am Anfang standen Urlaubserinnerungen an ein Konzert des London Gay Symphony Orchestra. Die gaben im schwulen Celloquartett „celloConsorten“ (damals unter dem Namen „quattroCelli“) den Anstoß zu der Frage: Wieso gibt es so etwas, also ein schwules Sinfonieorchester, nicht auch hier in Berlin? Und von dort ging dann 1999 der Impuls aus, über Annoncen in Stadtmagazinen interessierte schwule Musiker zu finden, egal ob Laien oder Profis. Als Erstes meldeten sich übrigens drei Dirigenten ... Als dann nach drei Monaten so etwa zwanzig Interessenten zusammen waren, ging’s los – mit einem blutjungen Dirigierstudenten aus Rostock.

WIE GESTALTETEN SICH DIE ANFÄNGE?

Mühsam. Nach wenigen Proben gab es eine Unterbrechung wegen Erkrankung des Dirigenten. Als die Pause zu lang zu werden drohte, bekam ich Angst, dass sich der schöne Anfang wieder in Luft auflöst, wenn jetzt nichts passiert. Daher haben wir nach kurzer Beratung Robert T. Grünberg, der in der 1. Geige mitspielte, gefragt, ob er uns nicht dirigieren könnte. Und das war ein Glücksgriff: Robert hat den concentus sechs Jahre lang durch alle Höhen und Tiefen geführt und das Häuflein, das wir manchmal nur waren, bei Laune gehalten. Oder wir ihn, wenn er kurz vor einem Konzert die Nerven zu verlieren drohte. Wir sind also drangeblieben an der Idee – ein schwules, nein schwul-lesbisches Sinfonieorchester in Berlin –, denn bald schon haben wir auch Musikerinnen eingeladen, die mitmachen wollten. Heute spielen auch Hetero- oder Asexuelle mit, da sind wir tolerant. (lacht)

WAS WAREN DIE HÖHEPUNKTE IN 15 JAHREN CONCENTUS ALIUS?

Hm, das wird vielleicht jeder anders beantworten. Für mich war ein Höhepunkt Mendelssohns „Erste Walpurgisnacht“, eine sinfonische Kantate mit großem Chor. Da liefen mir, während diese wunderbare Musik um mich herum erklang, Freudenschauer über den Rücken. Die Eröffnungsgala zum CSD 2005 in Leipzig hatte es auch in sich: Die Balletttänzer hatten Gounods Faustwalzer nach einer anderen Fassung einstudiert als wir, sodass wir kurz vorm Konzert noch unsere Noten an deren Tanzfolge anpassen mussten ...

WIE SIEHT ES MIT DER VERNETZUNG ZU INTERNATIONALEN SCHWUL-LESBISCH-QUEEREN ORCHESTERN AUS?

Wir wissen voneinander, stehen über E-Mail im Kontakt. Auf unserer Webseite haben wir alle uns bekannten Orchester aufgelistet und verlinkt. Nach Paris, wo es das „Rainbow Symphony Orchestra“ und „Les Concerts Gais“ gibt, bestehen auch persönliche Kontakte, denn es gibt Streicher, die hier wie dort mitspielen. Aus Paris wie auch aus London kam schon die Idee, ein Orchestertreffen zu organisieren, aber das wäre eine aufwendige Angelegenheit, die ohne Sponsoren oder Mäzene eigentlich gar nicht zu machen ist. So beschränken wir uns erst mal darauf, gegenseitig die Konzertprogramme wahrzunehmen und uns gelegentlich gutes Gelingen zu wünschen.

WIE WIRD ES MIT DEM ENSEMBLE WEITERGEHEN?

Weiter bergauf! Jetzt, wo wir ein ausgewachsenes Sinfonieorchester geworden sind – eigentlich fehlt nur noch eine Tuba, na ja und neuerdings auch wieder eine 1. Trompete –, können wir uns auf die ganze große Sinfonie-Literatur stürzen. Die ist ja schier unerschöpflich. Spannend sind natürlich immer Konzerte mit guten Solisten, wie jetzt unser Jubiläumskonzert am 7.7. mit der Cellistin Konstanze von Gutzeit. Oder Konzerte unter einem bestimmten Motto: „Verbotene Liebe“ wäre so eins, an dem wir gerade basteln …

7.7., CONCENTUS ALIUS, SOMMERKONZERT, KOMÖDIE | THEATER AM KURFÜRSTENDAMM, KURFÜRSTENDAMM 209, U UHLANDSTR., 20 UHR

Internet: WWW.CONCENTUS-ALIUS.DE

Back to topbutton