INTERVIEW – HOT CHIP

by

Die Elektropopband Hot Chip bringt Herzen und Beats zum Pulsieren. Mit One Life Stand, ihrem vierten Album, halten die Briten jetzt sogar um unsere Hand an! blu sprach mit Frontmann Alexis Taylor über sein Faible für Brillen und warum er gar nicht immer so lustig ist, wie er aussieht.

ALEXIS, HÄTTEST DU DIR ALS TEENAGER JEMALS ERTRÄUMT, DAS GESICHT EINER HIPPEN BAND WIE HOT CHIP ZU WERDEN?

Nicht wirklich. Heute werde ich als Nerd gesehen. So war das zu Schulzeiten nie, aber das macht wohl die Brille. Ich bekam sie als Teenager, und als ich sie tragen musste, sagte ich mir, wenn schon Brille, dann soll sie richtig auffallen.

WARST DU DER KLASSISCHE AUSSENSEITER?

Verdroschen hat man mich nicht. Ich hing immer mit den älteren Freunden meines Bruders ab, das hat wohl geholfen. Eigentlich sind es eher die Erwachsenen, die mir Probleme machen.

INWIEFERN?

Sie beleidigen mich! Sie kommen zu mir und sagen: So wie du dich anziehst muss das doch als Joke gemeint sein. Dem kann ich nichts Positives abgewinnen. Ich kleide mich nun mal so bunt, weil ich es mag. Und die Brille ist kein Witz!

ANDERERSEITS UNTERSTREICHEN HOT CHIP MIT IHREN ORIGINELLEN VIDEOS DEN RUF ALS SCHRÄGE KAPELLE. IHR TANZT JA AUCH GERN MAL CHOREOGRAFIEN ...

Ja, warum auch nicht? Wenn der Regisseur meint, wir sollen uns mal ein bisschen im Kreis bewegen, dann fängt einer an und alle anderen machen es nach. Und dann kommt eben so was wie unser Clip zu One Life Stand dabei raus. Wir wollen ja auch unterhalten.

IN DEM SONG SINGST DU: I ONLY WANNA BE YOUR ONE LIFE STAND. DAS KLINGT ZIEMLICH ROMANTISCH FÜR EINE ELEKTROPOPBAND, FAST WIE EIN HEIRATSANTRAG!

So ist es auch gemeint. Ich finde es toll, dass man das heutzutage im Dancebereich machen kann. Es gibt nun mal mehrere Facetten in unserer Musik. Die Leute können dazu auf der Tanzfläche Party machen, aber dann hören sie eine Zeile wie diese und fangen vielleicht doch an, darüber nachzudenken. Unsere Songs nehmen oftmals auch Wendungen, die Strophen sind weniger romantisch und könnten auch von einem Stalker stammen. Mir gefällt das Subversive, was in diesem Fall auch daher kommt, dass ich das Stück mit meinem Bandkollegen Joe Goddard zusammen geschrieben habe.

JOE SAGT ÜBRIGENS ÜBER DICH, DASS DEINE HERANGEHENSWEISE AN MUSIK IM GEGENSATZ ZU IHM EHER REALISTISCH WIE BEI EINEM WISSENSCHAFTLER SEI.

Sagt er das? Nun, es gab zwei Fächer, in denen ich echt nicht gut war in der Schule: Mathematik und Physik!

INWIEFERN SPIELT DEINE GRIECHISCHE HERKUNFT EINE ROLLE BEIM SONGWRITING? AUF DEM ALBUMCOVER IST JA AUCH EINE ANTIKE SKULPTUR ZU SEHEN!

Die spielt eine große Rolle! In meinem Elternhaus hing ein eingerahmtes Bild von Konstantínos Kaváfis, dem bedeutendsten griechischen (und laut wikipedia homosexuellen, Anm. d. Red.) Lyriker der Neuzeit. Er sah mit seiner Brille so aus wie mein Vater. Ich konnte mich also mit ihm identifizieren, auch wenn ich selbst erst dreimal in Griechenland war. Mir gefällt Kaváfis unverblümt direkte Art, Gefühle rüberzubringen. Es soll jetzt nicht vermessen klingen, aber ich denke, dass ich davon etwas mit zu Hot Chip getragen habe. Shakespeare ist übrigens noch so ein Einfluss.

UND WIE SIEHT ES AUS MIT GEORGE MICHAEL, DER JA AUCH GRIECHE IST?

Ich kenne ihn nicht, aber schätze ihn sehr. Ich bewundere ihn dafür, dass er so viele Emotionen in seine Balladen legen kann. Und ich beneide ihn darum, dass er den Bekanntheitsgrad hat, damit die ganze Welt zu erreichen. Ich hatte auf meinem Soloalbum schon einen Song, der so verdammt nach A Different Corner klang, dass ich befürchten musste, er würde mich verklagen! Und weil er es nicht tat, orientiert sich das Lied Slush unseres neuen Albums auch an jenem Lied. Wenn man so will, ist es meine zweite Hommage an George Michael.

*Interview: Katja Schwemmers

WWW.HOTCHIP.CO.UK

Back to topbutton