INTERVIEW: Rufus Wainwright

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Er ist zweifellos einer der großartigsten (und schönsten!) Sänger und Songwriter seiner Generation. In den 15 Jahren seines musikalischen Schaffens hat der New Yorker Künstler mit kanadischen Wurzeln sieben Studioalben und mit Prima Donna sogar eine eigene Oper veröffentlicht. Er hat mit Künstlern wie den Pet Shop Boys, Elton John, Boy George, Robert Wilson und zuletzt mit Robbie Williams zusammengearbeitet. Höchste Zeit also für ein Best-of-Album, das Wainwright Vibrate nennt. Und seine Rückkehr nach Berlin ...

RUFUS, ENDE MÄRZ SPIELST DU IN BERLIN. WAS IST DORT DEIN LIEBLINGSPLATZ?

Berlin fühlt sich ja generell wie ein zweites Zuhause an, weil ich dort meinen deutschen Mann kennengelernt und mit ihm gelebt habe. Und auch mein Album Release The Stars ist dort entstanden. Mir fallen also gleich drei Lieblingsplätze ein: Ein Tisch im Restaurant Borchardt, wo die besten Schnitzel der Welt gemacht werden. Das Pergamonmuseum. Und der Tiergarten. Dort mache ich mit meinem Gatten immer wunderschöne Spaziergänge. Das ist unschlagbar. Selbst im Regen.

DU TRITTST JA DIESMAL IN EINEM GOTTESHAUS AUF!

Stimmt. Das letzte Mal, als ich in Berlin ein Konzert in einer Kirche spielte, habe ich meinen Ehemann kennengelernt. In der Passionskirche. Das ist schon viele Jahre her. Mal gucken, ob mein Gatte diesmal auch zur Show kommt. (lacht)

HAST DU DENN JETZT ENDLICH DEUTSCH GELERNT?

Ich wünschte, ich könnte Ja sagen. Leider ist mein Ehemann, wie die meisten deutschen Männer, so gut gebildet und fortschrittlich, dass er die englische Sprache besser beherrscht als die meisten Muttersprachler. Ich denke, wenn ich einen Italiener geheiratet hätte, könnte ich heute fließend italienisch sprechen. (lacht) Ich habe aber bestimmte Lieblingswörter im Deutschen: Eichhörnchen, Hochzeit und vor allem Erwachsener. Diese ch sind einfach mein Ding!

DIE TOUR WIRD DICH IN LÄNDER WIE POLEN, UNGARN UND LITAUEN FÜHREN. ZEIGST DU DAMIT AUCH FLAGGE, WAS DEN KAMPF GEGEN HOMOPHOBIE IN OSTEUROPA BETRIFFT?

Absolut! Ich wollte diesmal gezielt Gebiete und Märkte bereisen, die ich niemals vorher besucht habe. Ich wollte die Avenues und Boulevards im östlichen Europa erobern, weil ich weiß, dass ich dort viele schwule Fans habe. Es fühlt sich etwas so an, als würde ich einen Feldzug durch das Kaisertum Österreich-Ungarn machen. (lacht)

GERADE SIND DIE OLYMPISCHEN WINTERSPIELE IN SOTSCHI ZU ENDE GEGANGEN. WAS IST DEIN FAZIT?

Ich hoffe, das war ein letztes Aufbäumen schwulenfeindlicher Menschen. Wenn ich mit Leuten rede, die in Russland leben, bestätigen die immer, wie beschissen es dort ist und welche Hatz gegen Homosexuelle durch die Gesetzeslage herrscht. Aber sie sagen auch, dass es die letzten geworfenen Steine sind einer alten Gesellschaft, die langsam zerbröckelt. Deshalb halte ich es für wichtig, sich dort zu zeigen und sich nicht fernzuhalten, denn sonst haben sie gewonnen.

DESHALB WAR DEIN LIED COMPLAINTE DE LA BUTTE ALSO BEI OLYMPIA VERTRETEN?

Warum denn nicht? Eine Eiskunstläuferin wollte es für ihre Kür verwenden, und wir haben sie dabei unterstützt, dass sie es darf. Vielleicht fand jemand das Lied schön, hat ein bisschen recherchiert, wer es singt, und man erobert diesen Menschen über die Musik. Das ist doch ein schöner Gedanke. Das Lied ist übrigens auf der De-luxe-Edition meines Best-of-Albums enthalten. Es war obendrein also auch noch ungeplante Promotion. (lacht)

FINDEST DU ES SCHADE, DASS DAS LIED SWING BOTH WAYS, DAS DU ZUSAMMEN MIT ROBBIE WILLIAMS FÜR SEIN SWING-ALBUM GESCHRIEBEN HAST, NICHT MIT AUF DEINEM BEST-OF IST?

Es war leider zu spät, um es noch berücksichtigen zu können. Was traurig ist, denn ich bin sehr glücklich über die Zusammenarbeit mit Robbie. Wir haben unglaublich viel gemeinsam: Wir sind beide im Showbusiness, haben beide eine Drogenvergangenheit, sind verheiratet, haben jeweils eine Tochter, sind beide im gleichen Alter und relativ gut anzuschauen, und wir haben dasselbe Geschlecht. (lacht) Es kann mir nur recht sein, wenn auch seine Charterfolge auf mich abfärben. Ich werde mich nach der Tour aber erst mal hinsetzen und meine nächste Oper über den römischen Kaiser Hadrian fertigschreiben, die auch von einer tragischen gleichgeschlechtlichen Beziehung erzählt, denn Hadrians Liebhaber ertrank auf dem Höhepunkt ihrer Affäre.

APROPOS: WER SIND EIGENTLICH DIE DREI FESCHEN TYPEN AUF DEM ALBUMCOVER ZU VIBRATE?

Ach, die sind nur Statisten. Ich schwöre, ich habe sie nicht mal angeguckt. (lacht)

*Interview: Katja Schwemmers

26.3., THE BEST OF RUFUS WAINWRIGHT, APOSTEL PAULUS KIRCHE, KARTEN U. A. ÜBER 030 / 30 30 10 6 80 88, 20 UHR

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