Annett Louisan im Interview

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Sie wollte nur spielen, fragte sich wenig später: „Wer bin ich wirklich“ und präsentierte Ende 2007 „Das optimale Leben“. So der Titel des aktuellen Albums von Annett Louisan. blu traf die Sängerin kurz vor ihrer großen Deutschland-Tournee, die sie durch fast fünfzig Städte führt, um mit ihr über schwule Fans, große Diven und Chansons zu sprechen.

Du hast dir mittlerweile auch viele schwule Fans ersungen. Wie denkst du darüber?

Die meisten Homosexuellen haben die wunderbare Fähigkeit zur Selbstironie. Das ist eine Grundvoraussetzung für das Verständnis und vor allen Dingen den Genuss meiner Texte, da ich zum Teil mit groben Klischees, Vorurteilen und Übertreibungen menschlicher Eigenarten hantiere.

Einige Kritiker vergleichen dich mit absoluten Homo-Ikonen wie Hildegard Knef oder Marlene Dietrich ...

Darüber freue ich freue mich natürlich. Das waren großartige Frauen. Ich glaube, dass der Vergleich eher weniger aus optischen oder musikalischen Ähnlichkeiten entspringt, sondern vielmehr aus der Tatsache, dass jede ihren sehr eigenen Stil hatte und unverwechselbar war. Das ist das größte Kompliment, das man bekommen kann, aber oft wird dies auch am meisten kritisiert.

Würde dich irgendwann mal in deiner Karriere sogar ein Liederabend mit Songs solcher Ikonen reizen?

Ehrlich gesagt, es würde mich sehr reizen, fremde Titel, die ich liebe, zu interpretieren. Darin besteht aber auch das Problem. Bei Künstlern und Songs, die ich sehr liebe, kommt einfach nichts an das Original heran. Man müsste schon eine ganz andere musikalische Umsetzung finden, um dem Ganzen einen Sinn zu geben. Es gibt aber meinerseits ganz viele Wünsche und Ideen für solche Bühnenausflüge. Ich muss nur einen Louisan-Weg finden, sonst würde ich mich unwohl fühlen.

Mit deinen letzten beiden Alben bist du verblüffenderweise noch mehr weg vom Pop hin zu Chanson, Bossa Nova und weiteren für den Mainstream ja eher „riskanten“ Genres. Reizt dich das besonders?

Den Weg zum Chanson habe ich nicht bewusst gewählt. Es hat sich mit den Jahren, den Alben und auch ganz besonders mit meiner Bühnenerfahrung so ergeben. Ich kann mich an mein erstes großes Konzert vor drei Jahren erinnern: Ich hatte eine Bühne, meine Musiker, meine Lieder und mich. Keine Bühnenfigur, nur mich und das Publikum vor mir und einen riesigen Batzen an Gefühlen, die sich auf der Bühne in der Intensität noch verdreifachen. Was ich immer wollte, ist, dass jeder Einzelne im Saal genau das empfindet, was ich empfinde, während ich meine Lieder singe. Es ist letztlich die nie endende Suche nach Liebe und der Dialog zwischen Menschen. Das Chanson bietet mir musikalisch diese Intensität und die Freiheit, meine Geschichten auf meine ganz persönliche Art und Weise zu interpretieren. Es ist zeitlos und komplett unabhängig von gerade vorherrschenden medialen Modebewegungen.

 www.annettlouisan.de

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