#ESC: Bilal Hassani – zu queer für Spießer

by

Foto: Fifou

Eigentlich ist alles ganz einfach: Bilal Hassani liebt Popmusik. Schon immer, „seit ich ein Baby bin“. Seitdem er denken kann, mag er Aufmerksamkeit, er mag es, im Zentrum zu stehen. Er kann gar nicht anders, als für andere zu performen.

Foto: Fifou

„Seitdem ich zwei bin, habe ich immer Shows abgezogen. Für meine Familie, für meine Freunde. Das war schon immer mein Leben.“ Und so hat es niemanden in seinem Umfeld gewundert, dass er bei der französischen Ausgabe von „The Voice Kids“ teilnahm, wo er es durch die Blind Auditions schaffte, indem er Conchita Wursts „Rise Like a Phoenix“ sang. Dass er jetzt selbst zum Eurovision Song Contest als Vertreter seines Landes reisen wird, ist eigentlich nur die logische Konsequenz.

Doch natürlich ist es nicht wirklich so einfach, denn dass ein schwuler Mann, der Sohn einer ursprünglich marokkanisch-muslimischen Familie, nun ganz Frankreich vertreten wird, bringt auch die zu erwartenden Reaktionen der Dummen mit sich. Der Hass kocht mal wieder über – und er kommt aus allen Richtungen. Zu queer für Spießer und Nationalisten und alle Dogmatiker. Gleichzeitig ist Bilal aber auch gerade deshalb Vorbild, viele sehen zu ihm auf. Das alles könnte ganz schön viel sein für einen gerade Neunzehnjährigen. Doch: „Ich würde eigentlich nicht sagen, dass es schwierig ist – eher verwirrend“, erklärt Bilal. Er klingt dabei sehr ruhig. „Manchmal bist du sehr glücklich, manchmal sehr traurig. Aber Liebe triumphiert immer über Hass. Ich kümmere mich nicht um das, was diese Menschen denken.“ Und wie ist es mit der Meinung seiner Fans? Allein auf Instagram beobachtet ihn eine halbe Million Menschen – und das werden in den kommenden Wochen sicher nicht weniger. „Ich bin ein Kind des Internets, der sozialen Medien. Für mich ist das alles einfach da, einfach ein Teil meines Lebens. Ich teile, worauf ich Lust habe, ich gehe damit sehr leichtherzig um. Ich lebe einfach – wenn ich mich wirklich darum kümmern würde, würde ich bestimmt irre werden.“

Stattdessen hat er sich auf sein Debütalbum „Kingdom“ konzentriert. Natürlich wird sich darauf auch der ESC-Beitrag „Roi“ befinden, sein Lied über Selbstakzeptanz, darüber, wie man der König in seinem eigenen Reich wird. Doch das Album ist nicht um dieses Lied herum gebaut. „Es ist alles Popmusik, denn ich wollte unbedingt ein echtes Pop-Album machen – das war mir sehr wichtig. Kein Lied klingt wie das andere.“ Schon die neue Single „Fais Beleck“, ein Dance-Pop-Banger, beweist, dass ihm das gelungen ist. „Wir waren ein sehr kleines Team und alle haben mir geholfen. 99 Prozent der Melodien sind von mir, bei den Texten ist es auch so.“ Bilal hat also nicht nur die Ausstrahlung und die Persönlichkeit eines Stars, bei ihm kommt auch noch das Talent dazu.

Foto: Fifou

Doch wenn es um den ESC geht, ist er vor allem noch immer Fan. Er kennt alle Lieder seiner Mitbewerber, auch wenn er keinen Favoriten hat. Aber das geht ihm immer so. „Jedes Jahr rufe ich für viele verschiedene Kandidaten an“, lacht er. „Ich bin so unentschlossen! Darüber findet sich übrigens ein Lied auf dem Album – ich kann mich einfach nicht entscheiden …“ Was aber nicht der Grund dafür ist, dass bisher jeder seiner Auftritte mit „Roi“ völlig anders aussah. „Ich liebe Veränderung! Ich kann nicht zweimal dasselbe tun, vielleicht wirklich, weil ich ein Kind der sozialen Medien bin. Alles ist schnell und alles ist Veränderung.“ Deshalb wird sein Auftritt in Israel auch nichts mit dem beim Vorentscheid zu tun haben. „Ich werde alles verändern!“, erklärt er nachdrücklich, ohne preiszugeben, was er genau vorhat.

Aber er geht mit der gleichen Einstellung an diesen einzigartigen Moment heran wie an seine Konzerte. „Ich will etwas abliefern, etwas Großes! Mein Ziel ist immer, dass die Leute alles andere vergessen, alles was draußen vor sich geht.“ Normalerweise ist das Haupt, das die Krone trägt, ja schwer. Doch König zu sein, ist manchmal eben nur eine Frage der Einstellung. Und dann ist alles auf einmal doch ganz leicht – und einfach. *fis

Back to topbutton