Interview: MELANIE C

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Melanie Chisholm („First Day of My Life“) legte nach dem Band-Split die erfolgreichste Karriere aller Spice Girls hin – zwölf Millionen Platten hat sie seit damals verkauft. Mit ihrem sechsten Solo-Album „Version of Me“ holt die 43-jährige Britin nun zum Comeback aus. Dem weltweiten Trend folgend haben elektronische Sounds Einzug in ihre Popsongs gehalten – und das steht ihr verdammt gut! Im Interview erzählt Melanie von ihrer Lebensbilanz, Szenepartys und den Chancen für eine Spice Girls Reunion.

Foto: Marlene Marino

MELANIE, FÜNFEINHALB JAHRE SIND SEIT DER VERÖFFENTLICHUNG DEINES LETZTEN POP-ALBUMS VERGANGEN. WAS HAST DU IN DER ZEIT GEMACHT?

Ich war schwer beschäftigt und habe viele Möglichkeiten genutzt, mal etwas anderes auszuprobieren. Ich war ein Jahr auf Tour mit Jools Holland und seiner Big Band. An der Seite von Andrew Lloyd Webber habe ich im Fernsehen nach dem Jesus für das Musical „Jesus Christ Superstar“ gesucht. Ich habe auch selbst in dem Stück mitgespielt und war mit der Cast ein Jahr in England und Australien unterwegs. Und in der Jury von „Asia’s Got Talent“ saß ich auch noch, was übrigens eine wirklich surreale Erfahrung war.

DEINE NEUE PLATTE HANDELT VON LIEBE, VOM LEBEN UND VON VERLUST. WIE KOMMT’S?

Ich stelle mir Sinnfragen, was vermutlich mit meinem Alter zu tun hat. Ich bin jetzt 43, und da zieht man schon mal Bilanz. Ich musste daran denken, welche Träume ich in jungen Jahren hatte, was sich davon erfüllt hat und wie anders heute alles für mich ist. Wenn du 40 bist, willst du nicht mehr den Erwartungen anderer Leute entsprechen. Ich will für das in Erinnerung bleiben, was mich wirklich ausmacht. Darum geht’s auf der Platte.

Foto: Marlene Marino

WIE WARST DU ALS TEENAGER?

Oh, ich war so ehrgeizig! Ich wollte groß rauskommen. Dann traf ich die anderen Mädels, die genauso drauf waren wie ich. Unser Antrieb, unsere Stärke und der Glaube verbanden uns bei den Spice Girls. Nur deshalb konnten wir all diese großartigen Dinge erreichen. Heutzutage sind wir uns über nichts mehr einig. Wir sind so unglaublich verschieden. Aber das Schöne ist: Selbst wenn man älter wird, fühlt man sich immer noch jung.

DU SOLLST DICH EINER REUNION DER SPICE GIRLS JÜNGST IN DEN WEG GESTELLT HABEN. STIMMT DAS?

Zum Teil. Nach unserem letzten Auftritt bei der Abschiedszeremonie der Olympischen Spiele in London 2012 hatte Victoria gesagt, dass sie nicht mehr performen will – womöglich nie wieder. Wir restlichen vier zogen es für später in Erwägung. Im letzten Jahr jährte sich der Release von „Wannabe“ zum zwanzigsten Mal. Die Verträge für eine Reunion mussten nur noch unterschrieben werden, aber es fühlte sich für mich nicht richtig an. Ich musste auf meine innere Stimme hören. Man soll zwar niemals nie sagen, aber es ist auch keine üble Vorstellung, wenn der Olympia-Auftritt unser letzter überhaupt war. Es war eine fantastische Feier von allem, was wir erreicht haben. Danach sind wir noch zu einer Party ins Haus von George Michael gefahren – Gott hab ihn selig. Alle waren da. Es war der perfekte Abend. Vielleicht sollten wir es auch einfach dabei belassen.

DEINE NEUE MUSIK KLINGT ELEKTRONISCHER ALS ALLES, WAS DU BISHER GEMACHT HAST.

Ich wollte schon immer ein elektronisches Album aufnehmen, und dafür war jetzt der richtige Zeitpunkt. Ich war ja auch schon das Rock Chick, obwohl ich im Kern immer eine Pop-Künstlerin bleiben werde. Dieses Album sollte aber nicht nur elektronisch sein, sondern auch schön und atmosphärisch.

Foto: Marlene Marino

WELCHE MUSIKER HABEN DICH DAFÜR BEEINFLUSST?

Ich dachte zuerst an Trip-Hop-Bands wie Massive Attack und Portishead. Ich bin aber auch seit Jahren großer Fan von Sia. Ich liebe die Platte von Jack Garratt, ich mag Dance-Zeugs von Major Lazer und DJ Snake. Ich habe versucht, diese Einflüsse zusammenzubringen und auf mich zuzuschneiden. Meine schwulen Freunde werden sich an den großartigen Dance-Remixen erfreuen, die waren mir diesmal sehr wichtig. Ich höre die selbst gern beim Work-out im Gym.

WARST DU SCHON MAL IN DER SZENE?

Klar, ich bin schon mehrmals bei „G.A.Y.“ in London aufgetreten. Zuletzt, um meine erste Single von diesem Album vorzustellen. Das bringt immer irrsinnig viel Spaß dort. Im Sommer werde ich auch beim Manchester Pride mit dabei sein. Ich habe vor vielen Jahren schon mal beim Toronto Pride mitgemacht.

WARUM IST ES IMMER NOCH WICHTIG, SICH AUF DIE ART STARK ZU MACHEN?

Auf gewisse Weise ist es heute sogar wichtiger als früher. Die Welt wird gerade ein bisschen komisch und entwickelt sich in keine gute Richtung für die LGBT* Community, für Frauen, für Minoritäten. Wir müssen alle zusammenhalten!

WIE SPRICHST DU DARÜBER MIT DEINER ACHTJÄHRIGEN TOCHTER SCARLET?

Ach, ich habe so viele schwule Freunde. Warum Jungs Jungs lieben oder Mädchen Mädchen, ist eine Frage, die sich ihr überhaupt nicht stellt. Da gibt es keinerlei Vorurteile – und ich bin immer wieder erstaunt. Ihre Generation wächst ohne jegliche Voreingenommenheit auf. Jedenfalls nicht, wenn man wie wir im kosmopolitischen Schmelztiegel London lebt. Das macht mir Hoffnung.

Tour

1.5. Berlin, Columbia Theater,

3.5. Köln, Gloria-Theater,

7.5. Hamburg, Mojo Club,

8.5. Offenbach am Main, Capitol,

9.5. Stuttgart, Im Wizemann

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