LADY GAGA ist nicht mehr ganz so gaga

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Foto: C. Schorr

Schlicht „Joanne“ hat Lady Gaga ihr neues Album betitelt – was nicht nur ihr Mittelname ist, sondern auch der Name ihrer verstorbenen Tante, die das Werk inspirierte. Mark Ronson, Florence Welch, Beck und Josh Homme von Queens Of The Stone Age sind nur einige der Kollaborationspartner, mit denen die New Yorker Musikerin im Studio daran arbeitete. Herausgekommen ist ein Album, das sich mit seinen Akustik-Elementen merklich organischer anhört als seine Vorgänger. Und offensichtlich hat die 30-Jährige mit den Songs auch die kürzlich vollzogene Trennung von ihrem Verlobten Taylor Kinney verarbeitet. Mit uns sprach Gaga über ihren Herzschmerz, das Gefühl von Freiheit und ihre Liebe zu David Bowie.

DU TRÄGST HOTPANTS UND T-SHIRT. DAS IST MEILENWEIT ENTFERNT VON DEN EXTRAVAGANTEN OUTFITS, FÜR DIE WIR DICH SONST KENNEN.

Das ist ja Sinn der Sache! Oftmals haben mir Leute unterstellt, ich würde mich hinter den aufwendigen Kostümen verstecken. Aber eigentlich war es für mich immer das genaue Gegenteil: nämlich eine Enthüllung meines künstlerischen Ichs durch die Mode. Es ist Ausdruck davon, was ich kreativ mache. Und es reflektiert, wie ich mich gerade innen drin fühle. Und jetzt fühle ich mich nun mal so.

WIE DENN?

Total frei. Und stark als Frau. Ich fühle mich danach, mehr Zeit und Fokus auf mein musikalisches Können und den Lernprozess, den das bedingt, zu legen. Wenn ich im Studio oder auf der Bühne stehe, will ich mich ausleben. Meine Musik ist diesmal mitunter voller Wut und Energie. Um das rauslassen zu können, muss ich mich geerdet fühlen. Es hat also auch rein praktische Gründe: Hotpants und T-Shirt sind einfach bequemer.

„JOANNE“ IST DEIN FÜNFTES ALBUM. WO STEHT ES, WENN DU ES MIT DEN ANDEREN ALBEN VERGLEICHST?

Die anderen Platten waren Konzeptalben. Bei „The Fame“ und „The Fame Monster“ ging es um Ruhm, bei „Born This Way“ um sozialen Aktivismus und Akzeptanz. Bei „Artpop“ war die Kunst als solches das Konzept. Und diesmal präsentiere ich einfach nur ein Bündel von Songs über mein Leben. Jedes Stück auf „Joanne“ ist komplett autobiografisch.

LIEBE UND DER VERLUST DAVON SCHEINEN EIN ZENTRALES THEMA ZU SEIN. WIE GROSS IST DERZEIT DEIN HERZSCHMERZ?

Es gibt ja verschiedene Arten von Herzschmerz. Nicht nur eine Liebe kann dir das Herz brechen. Einer meiner besten Freunde hat Krebs der Stufe 4 – das macht mir derzeit am meisten Kummer. Es gibt also nicht nur den einen Herzschmerz. Aber ja, es gibt derzeit bei mir einige tiefe emotionale Wunden. Aber für diese ein Ventil zu schaffen, macht auch die Anziehungskraft der neuen Songs aus. Denn am Ende des Tages sind meine emotionalen Schmerzen die Gleichen wie deine oder von jedem anderen auf der Welt.

DIE MUSIK KLINGT SO, ALS WOLLTEST DU JETZT MEHR MENSCHEN GEFALLEN.

Ich will nicht gefallen. Ich will Leute durch meine Musik zusammenbringen. Es ist doch eine schöne Vorstellung, dass ich mit den neuen Songs Verbindung zu Leuten aufbauen kann, die sich nie hätten vorstellen können, dass sie irgendwelche Gemeinsamkeiten mit mir haben.

ES HEISST, DU WOLLTEST DIESMAL AUCH DEINE DUNKLE SEITE AUSLEBEN.

Das habe ich eigentlich schon mit meiner Rolle in American Horror Story getan. Ich fühle mich eher geerdet momentan. Was auch daran liegt, dass ich in den letzten zwei Jahren viel Zeit mit meiner Familie verbracht habe.

HEFTIGE KRITIK GAB ES FÜR DEINEN DAVID-BOWIE-AUFTRITT BEI DEN LETZTEN GRAMMY-AWARDS. TAT DAS WEH?

Ach, die Sache ist doch die: Ich liebe David Bowie. Aber es kann nie das eine Tribut geben, das ihm gerecht wird. Ich habe das getan, was ich für richtig hielt: Eine Performance, mit der ich meine Bewunderung für ihn, seine Arbeit und sein Erbe Ausdruck verleihen wollte. Ich werde ihm weiterhin und für den Rest meines Lebens auf vielfältige Art Tribut zollen – so wie viele andere Künstler auch. Und was mich betrifft, werde ich für jede Bowie-Hommage applaudieren und jubeln.

•Interview: Katja Schwemmers

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