Lennon Stella plant gerne

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Sie umgibt eine Aura der Coolness, als sie im Hamburger Gruenspan auf die Bühne kommt. Die blonden Haare reichen ihr fast bis zur Taille, zum Minirock trägt sie ein bauchfreies Top. Lässig greift sie zu ihrer Gitarre, um ein paar Songs ihres Debütalbums „Three. Two. One.“ live vorzustellen. Zwischendurch covert sie auch mal Rihannas „Umbrella“ oder Cindy Laupers „Girls Just Wanna Have Fun“.  

Die gebürtige Kanadierin, die in Nashville lebt, hat eben ein Faible für starke Frauen. Besonders bei der schrillen Cindy Lauper guckte sie sich einiges ab: „Von ihr habe ich gelernt, ganz ich selbst zu sein.“ Somit entstehen Lennon Stellas Stücke aus dem Bauch heraus. In „Kissing Other People“ zum Beispiel reflektiert sie das schleichende Ende einer Beziehung: „Ich kam an einen Punkt, wo ich andere geküsst und mich dabei nicht mal mehr schuldig gefühlt habe.“

Sind solche Geständnisse nicht womöglich zu persönlich? Die 20-Jährige zuckt mit den Schultern: „Ich bin halt wie ein offenes Buch.“ Ehrlichkeit geht ihr als Songschreiberin über alles, sie möchte eine gute Geschichtenerzählerin sein – wie ihr Vorbild Andy Shauf, ein kanadischer Singer-Songwriter. Mit ihm liegt sie musikalisch allerdings nicht unbedingt auf einer Wellenlänge. „Ich verorte mich eher im Indie-Pop“, sagt sie. Dabei haben ihre Nummern eigentlich keine Widerhaken. Bei Titeln wie „Jealous“ dominiert ein angenehmer Sound mit einer einschmeichelnden Melodie. „Fear of being alone“ geht ebenfalls glatt ins Ohr. Da beschreibt Lennon Stella ihre Angst davor, nach einer Trennung plötzlich alleine dazusitzen: „Manchmal fürchtet man sich so sehr vor der Einsamkeit, dass man sich an eine lauwarme Partnerschaft klammert.“

Solch ein Bekenntnis kommt ziemlich überraschend. Normalerweise hat Lennon Stella keine Scheu, für sich zu sein: „Ich brauche sogar Phasen der Isolation, um neue Kraft zu schöpfen.“ Nur so kann sie ihr beachtliches Arbeitspensum bewältigen, sie hat quasi seit ihrer Teenagerzeit einen Vollzeitjob. Dank ihrer Eltern – sie sind Country-Musiker und nennen sich als Duo The Stellas – lebte sie ihre Kreativität von klein auf aus. Mit fünf kriegte Lennon Stella ihre erste Gitarre, ihr Vater gab ihr Unterricht. Damals wohnte sie noch auf einer abgelegenen Farm in Ontario. Ohne Fernseher oder Internetanschluss. „Es gab dort keine Ablenkungen. Dadurch war ich gezwungen, mich selber zu beschäftigen – sei es draußen in der Natur oder mit einem Instrument.“

Etwas abwechslungsreicher wurde ihr Alltag, als sie mit neun mit ihrer Familie nach Nashville zog. Nichtsdestotrotz konzentrierte sich Lennon Stella weiterhin hauptsächlich auf die Musik. Sie sang gern mit ihrer jüngeren Schwester Maisy. 2012 stellten die beiden ihre Version von Robyns „Call Your Girlfriend“ online, der Clip ging viral und machte die Mädchen quasi über Nacht berühmt. Sie kriegten Rollen in der Fernsehserie „Nashville“, in der sie sechs Jahre mitspielten. In einer Episode präsentierte Lennon Stella 2017 ihren ersten eigenen Song „Saved“. 2018 brachte sie ihre EP „Love, Me“ heraus, sie veröffentlichte gemeinsam mit dem Produzenten Jonas Blue und dem One-Direction-Sänger Liam Payne die Single „Polaroid“. Ein Jahr später legte sie in Zusammenarbeit mit The Chainsmokers und Illenium das Lied „Takeaway“ nach, nun folgt endlich das Album. Steckt hinter all dem eine ausgeklügelte Karrierestrategie? Lennon Stella lacht: „Ich bin tatsächlich jemand, der alles genau plant. Im Gegensatz zu meiner Schwester Maisy kann ich mich nicht einfach treiben lassen.“ *Dagmar Leischow

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