Nachgefragt: Vivie Ann – Jetzt erst recht!

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Foto: Marie Hochhaus

Manchmal kommt das Leben einem mit Gemeinheiten, auf die es auch gerne hätte verzichten können. Wie bei Vivie Ann, die nach dem Abitur von Attacken heimgesucht wurde, Durchblutungsstörungen im Gehirn, die mit migräneartigen Kopfschmerzen beginnen und unbehandelt sogar zum Schlaganfall führen können.

Foto: Marie Hochhaus

Inzwischen scheint die Krankheit überwunden und es ist an der Zeit, dass ihr zweites Album „When The Habour Becomes The Sea“ erscheint, das aber auf viele Arten von dieser Erfahrung geprägt wurde: „Es ist komplett kompromissfrei. Es ist auch ein bisschen düster geworden, man merkt ein bisschen die Verzweiflung, das Gefühl ,mir gleitet alles aus den Händen‘. Aber ich bin daraus stärker hervorgegangen und mit der Einstellung: Jetzt erst recht!“

Das Album klingt auch deshalb konsequent, weil es aufwendig ist – Chor, Streicher … Aber es scheint ja, als hättest du eh keine andere Wahl gehabt, als „all in“ bei deiner Musik zu sein – mit zwei Eltern aus der Branche …

Wir waren vier Kinder und mein Vater ist Jazzpianist, meine Mutter Chansonsängerin – und die haben uns überallhin mitgenommen. Es war ganz normal für uns, im Tourbus zu sein. Ich bin damit aufgewachsen, nicht mit Legosteinen zu spielen, sondern mit dem riesengroßen Make-up-Kasten meiner Mutter – wir Kinder haben uns in den buntesten Farben geschminkt und verkleidet. Wir durften auch abends bei den Auftritten dabei sein. Hinter dem Vorhang, von wo ich sah, wie sie Edith-Piaf-Nummern gesungen hat. Das war pure Magie. Wie sie einen Riesensaal in Sekunden in ihren Bann zog. Ich habe so viele Nächte im Keyboard-Case meines Vaters hinter der Bühne geschlafen … Ich habe die Hausaufgaben im Auto erledigt, wenn ich freitags abgeholt wurde und wir losgefahren sind. Oder in Hotels. Ich darf das gar nicht erzählen, aber meine Eltern haben mich auch ganz oftaus der Schule rausgenommen, weil sie häufig auch europaweit unterwegs waren. Und ich bin ihnen so dankbar dafür, dass sie mich daran haben teilnehmen lassen.

Wie hast du deine vielen Musiker für die Aufnahmen gefunden?

Ich bin einfach wieder übermütig gewesen und habe die Besten der Besten angeschrieben. Ich habe gesagt, ich kann ihnen auf gar keinen Fall zahlen, was sie wert sind, was ich furchtbar finde, „aber wenn ihr Lust habt – ich backe ziemlich geile Brownies“.

Hinzu kamen noch vier hochkarätige Produzenten.

Wir haben überlegt, mit wem wir produzieren wollen, und dann haben wir uns vor das CD-Regal gestellt und die Lieblinge rausgezogen und nachgesehen, wer es gemacht hat. Ich bin zum Beispiel ein großer Cäthe-Fan und deswegen kam Philipp Schwär ins Boot. Und Tobias Siebert hat ja Me and My Drummer gemacht … Christian Hartung arbeitete für Ben Galliers. Und dann noch Willy Löster. – Wir haben einen Dropbox-Ordner gemacht, dort unsere Vorproduktion hochgeladen und ihnen gesagt: Ihr sucht euch die Songs raus, die ihr haben wollt. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. (lacht) Und es war so, dass die Produzenten sich wirklich die Songs rausgesucht haben, von denen wir schon dachten, dass sie zu ihnen passen würden.

*Interview: Christian K.L. Fischer

www.vivieann.com

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