Zaz: „Weniger Wut, mehr Wohlwollen“

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Foto: Y. Orhan

Gut zehn Jahre nach ihrem Riesendurchbruch mit dem Song „Je Veux“ hat sich die französische Pop-Chanson-Jazz-was-auch-immer-Sängerin Zaz intensiv um ihr eigenes Wohlergehen gekümmert. Eine Zeit lang dachte sie gar darüber nach, die Karriere zu beenden. Hat sie glücklicherweise doch nicht – und stattdessen das herzerwärmende neue Album „Isa“ eingespielt.

„Ich wollte Zaz killen“, sagt ebenjene Zaz einigermaßen überraschend und gleich zu Beginn unseres Gesprächs. „Ich hatte vor drei Jahren so eine starke Abneigung gegen sie entwickelt, dass ich beschloss, Zaz sterben zu lassen.“ Nun, dieser Plan hat offenkundig nicht funktioniert, denn Zaz, die in Wirklichkeit Isabelle Geffroy heißt, erfreut sich nicht nur des Lebens, sondern an diesem Abend in einem Berliner Hotelzimmer zudem einer geradezu überwältigenden Putzmunterkeit. Lange vor der weltweiten Seuche, erzählt Zaz, sei sie nach der letzten Tournee in ihr Häuschen mit Garten in Paris zurückgekehrt, habe gemalt, Yoga gemacht, meditiert, einen Mann kennengelernt, mit dem sie nun zusammenlebt, und „ein so introvertiertes und zurückgezogenes Leben geführt wie ein Bär in seiner Höhle während des Winters“. Zaz habe sich auf die Suche in ihr Inneres begeben, eine Reise ins Selbst, habe eine Art Radikalkur in Sachen Achtsamkeit und Eigenliebe absolviert. Und am vorläufigen Ende dieses Weges liege nun „Isa“, ihr fünftes und wunderhübsches Album, auf dem sie, assistiert von dem holländischen Produzenten REYN (Vanessa Paradis, Benjamin Biolay), ihren neu gefundenen Platz im Leben auch musikalisch markiert.

„Isa“, das so heißt wie sie selbst, ist ein überwiegend leises, besinnliches, verträumt klingendes Album. Zaz zaubert mit ihrer Stimme, die ja von jeher mit der von Edith Piaf verglichen wird, unvergleichlich schöne Gesangsmelodien, sie macht Geräusche mit diversen Körperteilen, alles wirkt im wahrsten Sinne des Wortes organisch. Und persönlich. Obschon Zaz ihre Songs dieses Mal nicht selbst geschrieben hat, verlaufen die Worte sehr eng an ihrem Leben entlang. Etwa in „Ce Que Tu Es Dans Ma Vie“, einem berührenden Chanson, den sie für ihr Stiefkind, die 13-jährige Tochter ihres Partners, geschrieben hat. „Ich habe mir immer Kinder gewünscht. Und manchmal erfüllt das Leben die Träume und Hoffnungen auf eine völlig unerwartete und andere Art als gedacht.“ Auf dem neuen Album, so Isabelle, „gibt es viel mehr Weichheit, mehr Wohlwollen, mehr Zärtlichkeit. Dafür weniger Rebellion, weniger Kampf, weniger Wut.“ Eine Aktivistin, sagt Zaz, sei sie immer noch. Ungerechtigkeiten aller Art ertrage sie nicht gut, und mit neuen Songs wie „Imagine“ (das von Titel und Inhalt her natürlich mit Absicht an John Lennon anspielt) oder „De Couleurs Vives“ plädiert sie vehement für eine vielfältige, faire Welt und trommelt für den Frieden und den Erhalt unseres Planeten.

Und dann ist da noch ein echter Überraschungsgast auf „Isa“. Rammstein-Sänger Till Lindemann singt mit Zaz das Duett „Le Jardin Des Larmes“, und das ist wirklich außerordentlich charmant. Gemeinsam waren die beiden jüngst gar in Usbekistan („Wir brauchten eine Wüste“), um das Video zu drehen, befreundet jedoch sei man schon länger gewesen. „Mein ehemaliger Pianist hat uns vor Jahren bekannt gemacht. Als ich Till vor einem Konzert in Paris in seiner Garderobe gesucht habe, tanzte er in seinem Gladiatoren-Outfit zu ‚Je Veux‘. Ich liebe seine Art. Auf mich wirkt er wie ein großes Kind.“ *Interview: Steffen Rüth

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