Robbie Williams’ 25-jährige Solokarriere

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Foto: Leo Baron

Abseits des Rampenlichts ist Robbie Williams anscheinend nicht übermäßig eitel. Während des Video-Interviews am Nachmittag liegt er im Bett. Der Brite sieht etwas zerknautscht aus, vermutlich ist er gerade erst aufgewacht, unter der Dusche war er wohl noch nicht. Seine Haare sind verstrubbelt, er hat eine weiße Bettdecke um sich herum drapiert, man sieht jedoch seinen freien Oberkörper mit zahlreichen Tattoos.

Mit Nacktheit hat der 48-Jährige offenbar kein Problem. Auch auf dem Cover seines Albums „XXV“, mit dem er jetzt seine 25-jährige Solokarriere zelebriert, zeigt er sich unbekleidet. Während er für das Foto abgelegt hat, kommen seine Songs nun in einem anderen Gewand daher. Deutlich aufwendiger produziert. Der Sänger hat Klassiker wie „Let Me Entertain You“ oder „She's the One“ und natürlich seinen kommerziell erfolgreichsten Hit „Angels“ mit dem niederländischen Metropole Orkest neu eingespielt. Mit herrlich schwelgerischer Opulenz. Allerdings waren die Musiker überhaupt nicht gemeinsam im Studio. Während der Pandemie, erzählt Robbie Williams, sei er in Los Angeles gewesen, das Orchester habe sich dagegen in Holland aufgehalten: „Es wäre sehr teuer geworden, alle einfliegen zu lassen.“

Foto: www.wonderchannel.it

Zum Glück kann man dank moderner Technik auch aus der Ferne ziemlich gut zusammenarbeiten. Mit dem Ergebnis ist Robbie Williams nun mehr als zufrieden. Vor allem mit seinem ganz persönlichen Lieblingssong „Feel“, den erwartungsgemäß nach dem altvertrauten Klavier-Intro Streicher veredeln. Auch in dieser Version treffen einen Sätze wie „Scare myself to death“ oder „I don't wanna die / but I ain't keen on living either“ immer noch mitten ins Herz. Wenn man danach in dem neuen Stück „Lost“ die erste Zeile „I wake up, terrifying myself again“ hört, klingt das beinahe wie eine „Feel“-Fortsetzung. Mit dieser Feststellung ist der vierfache Familienvater durchaus einverstanden. „Lost“, urteilt er, mute wie eine altmodische Robbie-Williams-Nummer an: „Die emotionalen Akkorde beschwören geradezu eine Introspektive der dunkelsten Momente herauf.“ Sich dann vor sich selber zu erschrecken und aus dem seelischen Gleichgewicht zu geraten, diese Situation ist dem Musiker nur allzu vertraut: „Wenn ich nicht gerade mit meiner Familie oder jener Handvoll Menschen, in deren Gegenwart ich mich am wohlsten fühle, zusammen bin, überwältigen mich meine Gedanken oft. Einfach weil ich einen sehr geschäftigen Geist habe.“

Um das zu kompensieren, griff Robbie Williams früher regelmäßig zu Drogen und Alkohol: „Als ich total verloren war, habe ich mich selber medikamentiert.“ Inzwischen ist er clean, seit mehr als 20 Jahren. Seine Familie ist das, was ihn erdet: „Ich trage schließlich Verantwortung.“ Gleichwohl haben sich seine Probleme keineswegs in Luft aufgelöst. Als Robbie Williams kürzlich vor 500 geladenen Gästen in St. Tropez eine Rede hielt, erzählte er von seinen Depressionen, von seiner ADHS-Störung, von seiner Legasthenie, von seinen Zwangsvorstellungen. Er soll sich als Alkoholiker geoutet haben, als Süchtiger. Spricht man ihn auf diesen Abend an und fragt, ob er mutig für psychisch Kranke in die Bresche gesprungen sei, dann gibt er sich recht bescheiden: „Ich habe einfach den Drang, das auszusprechen, was mir durch den Kopf geht. Falls ich damit anderen helfen kann – wunderbar!“ *Interview: Dagmar Leischow robbiewilliams.com

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