Nachgefragt: Wie heilig sind die Altar Boyz, Michael Heller?

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Die Choreografien, des im letzten Jahr in Berlin erstmals gezeigten Musicals Altar Boyz haben es schon zu einem World Musical Award gebracht. Wir brachten Regisseur Michael Heller mit unseren Fragen zum Schwitzen, damit er euch dazu bringt, dieses famose Stück bei nächster Gelegenheit sehen zu wollen. Schafft er es?

Foto: Nico Stank

Gleich mal vorweg: Jede anständige Boygroup der 1990er hat eine Quotentunte die sich erst nach dem Ende der Gruppe outet. Wer ist es denn bei den Altar Boyz?

Ufff ... das ist da etwas kompliziert. Es gibt bei den fünf Altar Boyz tatsächlich eine „Quotentunte“, die sich sogar während der Show outet. Allerdings nicht als schwul sondern als katholisch. Wobei: Die Boyz sind eigentlich alle, mit Ausnahme des Juden Abraham, erzkatholisch. Nicht umsonst sind ihre Namen, die der vier Evangelisten ­– Matt (Matthäus), Mark (Markus), Luke (Lukas) und Juan (Johannes). Die Jungs versuchen die unreinen Seelen Berlins zu retten. Das ganze natürlich mit viel Funk und Swag und sexy Outfits, so wie es sich für eine typische Boyband gehört. 

„Wir sind da beim Team ein wenig wie in der katholischen Kirche ­– recht männerdominiert.“

Bei den Darstellern sieht es allerdings ein wenig anders aus. Da gibt es nur eine Quotenhete. Alle anderen unserer fünf Darsteller für Altar Boyz sind Tunten. Genauso wie der Großteil des männlichen Kreativteams und der Technik. Nur in der Maske und beim Licht dürfen ein paar Frauen mitwirken. Wir sind da beim Team ein wenig wie in der katholischen Kirche ­– recht männerdominiert.

Nachdem das geklärt ist: Euch bzw. dem Autor des Stückes ist eigentlich nichts heilig, oder? 

Auf den ersten Blick ist ihnen alles heilig. Allerdings sind die Texte und auch unsere mit dem Broadway World Award ausgezeichneten Choreografien recht doppeldeutig. Die Jungs singen von Seelenbefreiung – wollen aber das der Heilige Geist ganz tief in sie eindringt – „Spür ihn in dir!“. In einem anderen Song singt man „du schleichst in die Kirche von hinten“. Sie holen natürlich, genau wie es sich für eine typische 1990er-Boyband gehört, einen Fan auf die Bühne, und präsentieren ihre nackten Oberarme, während sie von Enthaltsamkeit vor der Ehe singen. Das Ganze ist eine Musical-Comedy vom OFF-Broadway und persifliert das Boygroup-Getue der 1990er.

Funktionieren die Texte bzw. die Themen in Deutschland genauso wie im englischsprachigen Raum? Oder musstest ihr da umdenken bei der Bearbeitung, wegen deutscher Befindlichkeiten?

Wir haben uns sehr genau an das amerikanische Original gehalten und auch alle Witze und Doppeldeutigkeiten übernommen. Es sei denn, sie wären durch die deutsche Übersetzung verloren gegangen, was sich leider manchmal nicht vermeiden lässt. Für die wenigen Stellen haben wir aber passend für das deutsche Publikum andere bekanntere Symbole gefunden. 

Bei aller gesellschaftlicher Brisanz, ist das Stück ja doch in erster Linie eine Persiflage auf die Boygroups der 1990er. Warum sollte ein Millenial denn trotzdem rein gehen?

Weil heiße Typen, die gut aussehen und sich gut zu poppiger Musik bewegen können nie aus der Mode kommen. Und wer die Blüte der 1990er Boybands live verpasst hat, kriegt hier jedes Klischee in zwei Stunden auf äußerst witzige Weise präsentiert. Oh, and kids: One Direction hat die Boyband nicht erfunden. Das ist alles schon viiiiiel früher passiert! 


Termine

4. + 5.2., Deutsches Theater München, Schwanthalerstraße 13, S/U Hauptbahnhof, www.deutsches-theater.de

7. + 8.2., Tipi am Kanzleramt, Berlin, Große Querallee,  www.tipi-am-kanzleramt.de

Foto: Barbara Braun / BAR JEDER VERNUNFT

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