Sarajane – Nippel, Bauchrollen und Selbstliebe

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Foto: @leahbee.photography

Wenn man gerade noch auf dem Berliner-CSD durch die Straßen tanzte, dann erregen Nippel, egal welchen Geschlechts und Aussehens, wenig Aufmerksamkeit. Jeder hat sie und sie sind überall. Deswegen muss man sich, wenn man das Cover vom neuen Album von Sarajane betrachtet, daran erinnern, dass der Rest der Welt mit Brustwarzen Probleme haben kann: Denn sie stillt auf diesem Bild ihr Baby und eine Brust ist zu sehen.

„Meine Nippel waren 35 Jahre lang arbeitslos und es war eine schöne Zeit. Doch dann kommt ein Kind daher und hat Hunger – und dafür sind die Dinger ja letztlich gemacht!“, lacht Sarajane. Das Foto war nicht einmal so geplant. „Wir hatten das Shooting bei uns zu Hause. Mittendrin wacht das Baby auf und will Nahrung. Dann sitze ich halt da, mit der Brust draußen. Und die Fotografin hat weitergearbeitet …“

Natürlich zirkulieren Varianten des Covers – in den Vereinigen Staaten zum Beispiel gibt es keine sichtbare Brustwarze. Auch Instagram ist gespalten. Einerseits ist „laut den Guidelines aktives Stillen erlaubt“, weshalb sie das Cover im Feed posten konnte. „Doch die Storys mit Links, die auf das Album verweisen, werden gelöscht.“ Da ist ein Algorithmus wohl überfordert. Doch abgesehen von solch Stolpersteinen war das Feedback extrem positiv. „Ich hatte mit mehr Gegenwind gerechnet.“ 

Vielleicht ist die Reaktion auch deswegen so gut, weil „Milk & Money“ eine Freude zu hören ist. Die Lieder sind extrem bunt geworden und reichen von Reggaeton zur hymnischen Ballade, von Pop bis zu House-Beats. Auch inhaltlich ist es wunderbar vielfältig. Zum Beispiel „Some More Coffee“, dass unseren Lieblingskick feiert oder das Titelstück, in dem Sarajane mit Verve und Druck die Realität zwischen Business und Mutterschaft eher zelebriert als kritisiert. Und auch „FUPA“, über das „fat upper public area“, auf Deutsch vielleicht am besten als Bauchrolle beschrieben, ein Lied über den positiven Umgang mit dem Körper und seinen Mängeln. Aber kann ein Song wirklich helfen, wenn man mit seinem Selbstbild hadert? „Spannende Frage. Wenn ein Song dir sagt, du bist toll, während du selbst denkst, nein, bin ich nicht – dann kann das nicht klappen. Ich habe auch verschiedene Körpergrößen gehabt, keine Riesenschwankungen, mal mehr, mal weniger – doch was immer blieb, ist dieser Wulst unter dem Bauchnabel.“

Selbst auf einem Kindheitsfoto von ihr war kein Gramm Fett zu sehen und doch gab es diese kleine Bauchrolle. „Vielleicht gehört die ja einfach zu mir?“ Letztlich muss jeder seinen eigenen, perfekten Körper finden. „Sei wer du bist und das ist okay. Egal, ob diese FUPA bleibt oder nur zu Gast ist. Du musst dich nicht verstecken!“ Oder deswegen bestimmte Klamotten tragen, was auch Sarajane gemacht hat, weil sie meinte, sonst sieht mal ja ihren Unterbauch. „Aber dann sieht man ihn halt!“, bekräftigt sie jetzt selbstbewusst. „Ich finde es so cool und kenne es nur von schwulen Männern, dass alle Körpertypen akzeptiert werden: Es gibt Bears und es gibt viele Haare oder keine, größer oder kleiner, dicker, dünner –  alle sind okay, wie sie sind. Jemand macht eine Schublade auf und entdeckt darin genau den Typ, den er geil findet. Das bekommen Heten irgendwie nicht so hin. Da sind wir ein bisschen armselig.“ Dabei gibt es auch bei Heteros alles in allen Formen, auch „kleine Dicke die von großen Schlanken abgöttisch geliebt werden und umgekehrt. Und doch haben es schwule Männer besser raus – es klingt bei ihnen immer liebevoller.“ *fis

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