Tim Fischer im Interview

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Foto: S. Busse

Dieses Jahr feiert der Wahlberliner Tim Fischer sein 30. Bühnenjubiläum – und das mit erst 46 Jahren! Ein wahres Wunderkind war er und ist zudem bis heute erfolgreich mit seiner ganz eigenen Art Chanson: 1995 erhielt Tim Fischer den Deutschen Kleinkunstpreis, 2017 war er Teil der vielfach ausgezeichneten Serie „Babylon Berlin“. Im Herbst erscheint mit „Zeitlos“ ein neues Doppelalbum, das neue und ältere Lieder vereint. Und Tim geht auf Tour!

Los geht es im Oktober im Tipi am Kanzleramt, es folgen bis in den Mai 2020 hinein Auftritte unter anderem in München, Düsseldorf, Hamburg, Köln, Bremen, Stuttgart sowie Leipzig und Frankfurt. Aber auch Oldenburg wird nicht vergessen!

Dreißig Jahre auf der Bühne zu stehen, ist eine große Leistung. Was hat sich für dich verändert? Hattest du jemals Lampenfieber?

Lampenfieber gibt es bei mir phasenweise. Eben denke ich noch, ich sitze fest im Sattel, doch dann schlägt mir das Leben ein Schnippchen und es stellt sich Nervosität ein. Das kann ich vor einem Auftritt natürlich gar nicht gebrauchen! Ich fühle mich dann wie ein Säugling, der erst mal laufen und sprechen lernen muss.

Foto: M. Rädel

Provinz oder Großstadt, wo fühlst du dich besser verstanden?

Heute ist das wirklich kein Thema mehr. Die Leute auf dem Land leben ja dank Internet nicht mehr hinterm Mond. Ich bin ein Fan von Großstädten, liebe Berlin, Frankfurt oder Köln. Aber genauso gerne trete ich auf dem Land auf. Die Menschen dort freuen sich ebenso über unseren Besuch. Ich habe mir in dreißig Jahren ein treues Publikum erarbeitet, das zu Freunden wurde. Da ist gleich eine gute Energie im Saal.

Über Political Correctness wird viel diskutiert, gibt es alte Lieder, die du magst, die aber einfach nicht mehr gehen?

Es kommt drauf an, wer einen Shitstorm bei Nichtgefallen verbreitet. Als Künstler sollte man Farbe bekennen und klarmachen, wo man steht. Die Lieder von Georg Kreisler beispielsweise sprechen mir total aus der Seele. Er hatte die richtige Einstellung, nämlich klar gegen rechts. Dass man mit solchen Aussagen in manchen Gegenden auf Ablehnung stößt, ist doch völlig klar. Man kann eben kein Omelett machen, ohne ein Ei zu zerschlagen. Ich hatte nie den Anspruch, allen gefallen zu müssen. Ich freue mich sehr, wenn ich im Konzert ein Lied von Friedrich Hollaender singe und mich anschließend junge Leute fragen, ob ich den Text selbst geschrieben habe. Das zeigt deutlich, dass die Lieder nicht dated, sondern zeitlos sind.

Ein neues Lied ist „Ich bin die Transe Hans von Hansetrans“

Ja! Da wird ordentlich transgendert! Mit dem Song von Thomas Paul Schepansky fordere ich Respekt für sogenannte Minderheiten ein. Ich finde es wichtig, an einem solchen Abend zu zeigen, dass Vielfalt eine Bereicherung ist.

Was erwartet uns beim neuen Programm?

Ich komme mit genialen Musikern. Rainer Bielfeldt wird am Klavier sitzen, Bernd Oezsevim am Schlagzeug, Jo Ambros spielt Gitarre, und unser musikalischer Leiter Oliver Potratz spielt Bass. Man weiß ja als Künstler nie genau, was das Publikum von einem erwartet. Wollen sie nur alte Hits hören? Oder nur Neues? Ich habe mich für den Fifty-fifty-Weg entschieden und präsentiere zum einen meine Klassiker aus drei Jahrzehnten – in musikalisch völlig neuem Gewand – und die neuen Stücke vom Album „Zeitlos“, das am 11. Oktober erscheint. Die dreißig Lieder klingen teilweise richtig poppig und fetzig. Thematisch geht es wieder durch alle Gefühlslagen. Da gibt es Komisches, Trauriges, Lieder über den Tod, das Leben und die Liebe. Im Grunde ist es ein Wechselbad der Emotionen – eine Art Kneipp-Kur für die Seele.

Du trittst in Köln und Düsseldorf auf.

Jawohl! Ich liebe das Rheinland sehr und es erfüllt mich regelrecht mit Stolz, dass ich es geschafft habe, Kölner ins „Savoy“ nach Düsseldorf und Düsseldorfer ins „Gloria“ nach Köln zu locken. Die beiden Städte sind sich ja nicht wirklich grün ... (lacht) Aber in beiden ist das Publikum einfach wunderbar! Die Leute haben Lust zu feiern, machen es einem auf der Bühne leicht, haben ihre eigene Meinung und sind absolut offen! Das verbindet Köln und Düsseldorf.

*Interview: Michael Rädel

www.timfischer.de  

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