ADAM RIPPON: Baby, du bist schwul!

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Adam Rippon hat bei den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang nicht nur eine Bronzemedaille im Eiskunstlauf mit dem Team USA geholt, eigentlich hat er auch eine Goldmedaille verdient für den unwiderstehlichen Charme, das Charisma und den selbstironischen Witz, den er in Interviews an den Tag legt. Seit den Spielen ist er jedenfalls – auch nach eigener Aussage – zu America’s Sweetheart geworden, in Talkshows zeigt er natürliches Talent zu unterhalten, das seinen hart erarbeiteten Fähigkeiten auf dem Eis in keinster Weise nachsteht.

Foto: M. Hastings

Mit inzwischen 28 Jahren gehört er in seinem Sport schon fast zu den Senioren, aber Rippon nimmt Training und Kondition sehr ernst: „Ich will natürlich gut aussehen. Gleichzeitig ist mein Körper mein wichtigstes Werkzeug und er muss ganz einfach funktionieren.“ Glück für uns, denn kamerascheu ist Adam nicht – und wie so oft bei Hochleistungssportlern lohnt sich der Blick auf den gestählten Körper. „Als junger schwuler Mann habe ich oft das Gefühl gehabt, ich müsste mich verstecken. Dieses Gefühl ist passé und ich habe überhaupt kein Problem damit, meinen Körper zu zeigen. Ich habe schließlich hart dafür gearbeitet“, so Rippon.

Straight Acting?

Wenn man ihn auf dem Eis sieht oder in Interviews erlebt, schlägt auch das stumpfste Gaydar an – eine erfrischende Abwechslung von all den hypermaskulinen schwulen Männern, die man in den Medien so häufig zu sehen bekommt – aber das war nicht immer so: „Ich weiß noch, wie ich mich früher geradezu verkleidet habe, um nicht aufzufallen. Kein Mensch wäre im Leben darauf gekommen, dass ich schwul bin. Die Leute dachten nur, ich hätte einen furchtbaren Geschmack!“ (lacht) „Ich hatte ein oder zwei Freundinnen in meiner Jugend und hatte gehofft, vielleicht bisexuell zu sein. Als ich meinen ersten Kuss mit einem Mann hatte, wusste ich: Baby, du bist schwul.“

Es ist fast kaum zu glauben, aber Adam war der erste offen schwule US-Athlet bei Olympischen Spielen (es gab natürlich früher schon welche, die ihr Coming-out aber immer erst zu einem späteren Zeitpunkt hatten). Dazu sagt er: „Wenn die Leute einen Eiskunstläufer sehen, dann denken sie automatisch: Oh, der muss schwul sein. Viele Athleten fürchten sich davor, dieses Klischee zu bedienen. Außerdem herrscht immer noch die Meinung vor, dass man als schwuler Mann kein Kämpfer sein kann. Ich selbst hatte Glück, dass ich ein so starkes Netz an Freunden und Familie hatte, die mich unterstützt haben. Mir war es ganz einfach egal, was andere Leute denken.“

Auf die Frage, ob sein Coming-out eine positive Erfahrung war, sagt er: „Einhunderttausendprozentig. Als ich gemerkt habe, dass meine Freunde mich nicht anders behandelten als vorher, hat das mein Selbstbewusstsein gestärkt. Ich habe heute viel mehr Vertrauen in mich selbst als vor meinem Outing. – Ich habe mich meinen Freunden und meiner Familie mit 21 geoutet. Mein öffentliches Coming-out hatte ich vier Jahre später. Mir wäre viel Schmerz erspart geblieben, hätte ich ein schwules Vorbild gehabt, an dem ich mich hätte orientieren können. Jemand, der gesagt hätte: Hey, es ist o. k., schwul zu sein.“

Against All Odds

Man möchte meinen, in einem Sport wie dem Eiskunstlauf wäre es einfacher, sich zu outen. Dem ist aber offensichtlich nicht so: „Im Eiskunstlauf gibt es genauso Widerstand. Vielleicht sogar noch mehr, weil man die Vorurteile eben nicht bedienen will. Getreu dem Motto: Nicht noch einer von denen – den wollen wir hier nicht! Einfacher war es deshalb für mich nicht. Allerdings bin ich durch den Sport viel gereist und war immer auch in größeren Städten, wo ich neue Leute getroffen habe, die mir eine ganz neue Welt eröffneten.“

Adam fliegen derzeit durch seine Fernsehauftritte, seinen Charme und seine unverblümte Ausdrucksweise Sympathien und Herzen zu. Aber er möchte durch seine offene Art und seine Popularität auch etwas bewirken: „Wenn du älter wirst, wird dir klar, dass der Sport nur ein kleiner Teil von dir als Person sein kann. Du musst dir die Frage stellen, was du mit deiner Position erreichen willst. Wie kann ich das Leben für andere Menschen besser machen? Mir persönlich hat es geholfen, wenn andere schwule Männer zum Beispiel auf YouTube von ihrer Geschichte erzählt haben. Es hat das Schwulsein irgendwie leichter gemacht.“In Zeiten eines Präsidenten Trump und vor allem seines homophoben Vizes Mike Pence hat diese Freimütigkeit natürlich auch eine politische Dimension, wie die Diskussion um ein Treffen von Rippon und Pence vor den Spielen zeigte. Auch heute noch würde Adam eine Einladung ins Weiße Haus ablehnen: „Es sollte eine Ehre sein, ins Weiße Haus eingeladen zu werden. Aber ich glaube nicht an das, wofür unser Präsident steht. Ich gratuliere ihm zu seinem Sieg, aber er hat in vielen Leuten das Schlechteste freigesetzt. Ich habe keinerlei Ambitionen, mich mit Trump zu treffen. [...] Ich glaube, Donald Trump ist nicht in der Lage zuzuhören.“

Wir haben das Gefühl, dass wir von Adam Rippon auch nach seiner aktiven Karriere als Eisläufer noch viel hören und sehen werden – und wir freuen uns schon darauf!

Ein Interview mit Adam gibt es in der aktuellen Mate, www.mate-magazin.de

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