CHANTAL: „Darum sind 17 Jahre wichtig“

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Foto: M. Rädel

Es war ihr wichtig, dass die Party 17 Jahre alt wird. Bei uns verrät die Gastgeberin von „Chantals House of Shame“, Chantal höchstpersönlich, warum. Zudem plaudert die Queen des Berliner Nachtlebens noch jede Menge aus, was du so noch nicht wusstest.

LASS UNS ERST ÜBER DEINE ANFÄNGE REDEN ...

Das ist schnell erzählt. Ich komme aus einem kleinen Kaff am Schwarzwald und bin ohne Plan Anfang der 1980er nach Berlin gereist. Ich bin kein Mensch, der plant. Ich lebe, damals wie heute, im Hier und Jetzt! Angekommen in Berlin, arbeitete ich erst mal als Tellerwäscher.

ABER NICHT LANGE.

Nein. Es ist ja kein Geheimnis: Ich ging anschaffen. Ich habe lange auf dem Transenstrich in der Frobenstraße gearbeitet. Das war eine mitunter harte Zeit. Um mich zu schützen, wir mussten jede Woche 250 Euro an die „Herrin“ abdrücken, um dort anschaffen gehen zu können … Manchmal wurden wir von den Hells Angels erschreckt.

ERSCHRECKT?

So Psychospiele. Nah mit dem Motorrad ran, uns beschimpfen ...

Foto: M. Rädel

HATTEST DU DANN ANGST?

Auch, klar. Ich hatte daher immer eine Zaunlatte versteckt, um mich gegebenenfalls verteidigen zu können! Dass ich mich nicht einschüchtern lassen darf, habe ich dort gelernt. Ich war dann einmal mit ihnen saufen, seitdem ist alles gut ...

ABER DU BIST DA JA NICHT GEBLIEBEN ...

Nein. Wir waren fünf junge Dinger, nun lebe nur noch ich. Natürlich wollte ich da weg! Und dann kam ich auf die Idee, eine Party zu machen. Es gab eine Party in einem Klub, die so aber nicht ging, dort brachte ich mich ein. Auch mit meinem Namen, der übrigens im HAFEN entstanden ist, meiner Stammkneipe. Wobei, anfangs war ich ja auch zusätzlich Barfrau, moderiert habe ich, kurz, dann musste ich wieder hinter den Tresen.

WANN WAR DAS?

1999 im Goldmine am Hackeschen Markt. Gibt es nicht mehr.

WIE SO VIELE EHEMALIGE KLUBS, IN DENEN DU WARST.

Ja, vom Goldmine ging es ins Ostgut, dem Vorgänger vom Berghain. Dass das nun so schwul ist, hat es auch meiner Party damals in der Ostgut-Panoramabar zu verdanken. Ich öffnete das Ostgut damals für die Szene! Und jetzt heißt es Berghain und ist total szenig ... (grinst) Das Ostgut wurde abgerissen, also ging ich in die Cantina Barcelona, unter das jetzige KitKat. Da lief die Party gar nicht! Ich dachte oft: Okay, aufhören. Zurück auf den Strich wollte ich aber auch nicht. Also: Zähne zusammenbeißen und weitermachen!

DANN GING’S INS KINZO, DIE JETZIGE HAFENBAR ...

Genau. Aber schon nach zwei Jahren oder so ging es dann vor so acht Jahren ins Bassy. Ein Glücksgriff! Seitdem ist die Party jede Woche gerammelt voll und ich bin auch für viele Existenzen verantwortlich.

INWIEFERN?

Na, ich bezahle deren Gehälter. Ich will, dass es denen gut geht. Das „House of Shame“ hat mich gezwungen, erwachsen zu werden und Verantwortung zu übernehmen! (lacht) Und jetzt sind es „endlich“ 17 Jahre.

Fotos: M. Rädel

WARUM IST DIE 17 SO WICHTIG?

Ich ging 17 Jahre auf den Transenstrich. Als ich die Party gestartet habe, war es mir ein Anliegen, dass sie länger existiert als 17 Jahre, dass ich etwas länger gemacht habe als anzuschaffen. Insofern ist dieser Geburtstag der wichtigste überhaupt für mich.

UND WIE GEHT ES WEITER?

Das kann genau so weitergehen! Ich plane doch nicht.

DU BIST IN EINER BEZIEHUNG.

Ja, mit Felix, der Liebe meines Lebens. Ich kannte ihn von der Party, aber richtig klick hat es erst gemacht, als wir im Spreewald mit anderen waren. Wir mussten dann den Kahn schleppen und alle jammerten rum: Brennnesseln, Mücken ... Nur er nicht. Da dachte ich mir: Der passt zu mir.

ER IST IMMER DABEI?

Ja, er arbeitet aber ganz seriös als Controller, daher leben wir auch in zwei Wohnungen. Wenn wir uns dann sehen, machen wir etwas Schönes – und wir sehen uns täglich. Ich hasse nichts mehr als Routine. Langweilige Paare, die vor dem Fernseher sitzen.

WAS MACHT IHR ZUM BEISPIEL?

Wir gehen gerne in die Oper. Ich liebe Oper! Die Texte, die Kostüme ... Auch habe ich Hochachtung vor den Künstlern dort. Die haben ihr ganzes Leben darauf hingearbeitet, auf der Bühne zu stehen. Hut ab!

•Interview: Michael Rädel

Donnerstags: Chantals House of Shame, Schönhauser Allee 176 a, U Senefelderplatz, ab 23:15 Uhr

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