Weltpremiere: Männerfreundschaften

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Foto: missingFILMs

Willkommen zur lustigen Geschichtsstunde mit Rosa von Praunheim!

Goethe, Kleist und August von Platen: Alle schwul? In seinem neuesten Film geht Regisseur Rosa von Praunheim (74) der Frage nach, ob die Helden der deutschen Klassik entgegen der allgemeinen Darstellung homosexuell waren. Für sein Dokudrama „Männerfreundschaften“ hat der Berliner Regisseur und Outing-Experte die Bücher gewälzt: Herauszufinden galt es, ob die Helden der deutschen Klassik wie Goethe oder Schiller entgegen der allgemeinen Darstellung schwul waren oder zumindest homosexuelle Beziehungen pflegten. Eine Reihe von Experten kommt im Film zu Wort, darunter Wolfgang Bunzel vom Frankfurter Goethehaus, der scharfzüngige Wissenschaftshistoriker Florian Mildenberger oder der Literaturwissenschaftler Robert Tobin, der mit „Warm Brothers“ ein Buch zum Thema veröffentlichte, das wiederum den Auslöser für Praunheims Filmidee war.

Die Expertenstatements werden aufgelockert durch improvisierte Spielszenen, Liedvorträge, Gedichtrezitationen und Tanz-Choreografien. Und ja, es wäre kein echter Rosa von Praunheim-Film, wenn es nicht auch explizite Szenen mit ansehnlichen nackten Männern in verführerischer Aktion und Pose geben würde.

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Schwärmerische Briefwechsel mit heißblütigen Liebesbekundungen oder Gedichte über Knabenliebe – reicht das aus, um die Homosexualität von jemandem zu beweisen? Rosa von Praunheim versucht nichts übers Knie zu brechen. Stattdessen sammelt er akribisch Fakten, lässt Texte zitieren, Meinungen nebeneinander stehen und zieht zur Beurteilung vor allem die gesellschaftlichen Verhältnisse in Zeiten der Aufklärung heran. Und siehe da: Mit passionierten Freundschaften und erotischer Anziehungskraft zwischen zwei Männern oder zwei Frauen bis hin zu homosexuellem Begehren wurde – zumindest in gewissen gesellschaftlichen Kreisen – weitaus ungezwungener umgegangen als man sich das heute vorstellen kann.

Womit der Film sogar den Bogen zum Titel des ersten aller Praunheim-Filme schließt: „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation in der er lebt“. Überraschend, offenherzig, widersprüchlich und überzeugend – eine erstaunlich runde Sache!

Das Lichter Filmfest zeigt „Männerfreundschaften“ in Frankfurt als Weltpremiere. Rosa von Praunheim wird zur Premiere anwesend sein.

4.4., Lichter Filmfest, Zoo Gesellschaftshaus, Alfred-Brehm-Platz 16, Frankfurt, 20 Uhr, www.lichter-filmfest.de

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