Micha fotografiert

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Ein Auge für Details, ein gutes Händchen für Blickwinkel und Motivauswahl und eine ordentliche Portion Leidenschaft und Selbstvertrauen – damit hat Michael Zimmermann aus seinem Hobby einen Beruf gemacht. Der 28-jährige ist im Rhein-Main-Gebiet als Fotograf tätig; dabei portraitiert er nicht nur die Partyszene, sondern setzt Menschen in seinen Shootings gekonnt in Szene. Wir haben ihn zum Interview getroffen.


Erzähl kurz, wie du zur Fotografie gekommen bist und zur Entscheidung, dich damit selbstständig zu machen.

Es hat eigentlich mit Urlaubsfotos und einer ausgeliehenen Spiegelreflex-Kamera angefangen. Da war ich angefixt und habe kurze Zeit später meine erste eigene in der Hand halten dürfen. Irgendwann haben den Leuten meine Bilder gefallen und ich bekam extrem viele Anfragen, die ich irgendwann nicht mehr bewältigen konnte. Ich war verwundert, dass trotz des Fotografen-Dschungels noch immer so viel Bedarf besteht, also habe ich mich selbstständig gemacht. Ein weiterer Grund für die Selbstständigkeit ist allerdings auch die Partyfotografie – dafür muss ich Rechnungen ausstellen können!

Fotos: Michael Zimmermann

Fotos: Michael Zimmermann

Fotos: Michael Zimmermann

Würdest du dich als Autodidakten bezeichnen? Learning by doing?

Definitiv! Meiner Meinung nach passt die Redewendung „man lernt nie aus“ nirgendwo besser als in der Fotografie. Ich habe das Gefühl, dass man sich super schnell weiterentwickelt, immer nach dem Prinzip „trial and error“. Anfangs hatte ich sehr viel Hilfe von einem Freund, der die Ausbildung zum Fotografen gemacht hat, habe mich zu sehr vielen Themen aber eingelesen oder Tutorials angeschaut. Und alles Weitere kommt dann oft bei Shootings. Vieles sind spontane Ideen – das waren bisher auch vermutlich meine besten Bilder!

Gibt es (berühmte) Fotografen, die dich beeinflusst und inspiriert haben?

Nein! Definitiv nicht. Mir ist der Berühmtheitsstatus total egal. Das gilt übrigens für jeden Bereich meines Lebens. Ich habe aber tatsächlich viele Vorbilder: Fotografen, die mich inspirieren, aber nicht „berühmt“ sind. Und davon kenne ich eine Menge. Als Fotograf muss man kreativ sein. Man muss aber auch wissen, wo man nach Inspiration und neue Bildideen sucht. Da habe ich schon meine Pappenheimer. Und Pinterest (lacht).

Fotos: Michael Zimmermann

Fotos: Michael Zimmermann

Fotos: Michael Zimmermann

Was interessiert dich beim Fotografieren? Du zitierst auf deiner Website sehr hübsch und poetisch Dürrenmatt zum Thema „Beobachten“ – bist du ein aufmerksamer Mensch?

Das mag jetzt abgedroschen und langweilig klingen, ist aber leider wirklich wahr: Ein Bild erzählt eine Geschichte. Darauf kommt es meiner Meinung nach an. Steht ein Model verloren in der Gegend, schaut gelangweilt und strahlt nichts aus, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Bild keine Anerkennung findet. Ein Bild braucht einfach Spannung, es muss den Betrachter fesseln. Das ist letzten Endes auch meine Philosophie. Und ja, ich beobachte wahrhaftig viel. Die Fotografie ist eigentlich nichts anderes als beobachten und „diesen einen“ Moment festzuhalten. Dabei spielen so viele Attribute eine Rolle: Licht, Umgebung, das Model, Kulisse, Wetter und vieles mehr. Wenn ich im Urlaub bin, glüht mein Fotografenherz, da ich an jeder Ecke eine tolle Location sehe. Das kann für meine Miturlauber manchmal sehr anstrengend sein, denn die sind letztlich die Opfer. Das war auf Kreta ganz schlimm. (lacht).

Und auf der anderen Seite ist es wichtig, zu sehen, wie sich das Model „normalerweise“ gibt. Es ist immer einfacher jemanden zu shooten, den man kennt, weil man einfach durch lange Beobachtungen genau weiß, wie sich die Person bewegt und wie sie schaut. Da fällt unnatürliches Kamera-Posing schon eher auf.

Viele deine Arbeiten sind Portraitfotografien – was reizt dich dabei?

Witzig, dass es dir auffällt (lacht). Ich habe tatsächlich einen sehr ausgeprägten Augen-Fetisch. Das ist auch genau das, was ich vorhin gesagt habe: Augen fesseln. Ich persönlich bleibe da immer hängen. Ich finde nichts ist so intensiv, wie richtig schöne Portraits – mich reizt dabei einfach die Tiefe und die Lebendigkeit. Vermutlich könnte man mir ein gutes Portrait und ein gutes Aktfoto auf den Tisch legen und ich würde das Portrait wählen. Was aber nicht heißt, dass ich ausschließlich Portraits fotografiere. Mich reizen alle Aufnahmebereiche, aber ein Portrait gibt's vermutlich immer bei meinen Shoots.

Fotos: Michael Zimmermann

Fotos: Michael Zimmermann

Fotos: Michael Zimmermann

Du arbeitest auch auf der anderen Seite der Kamera, als Fotomodel; wie bist du dazu gekommen, welche Erfahrungen hast du dabei gesammelt und wie hat dich das in deiner Arbeit als Fotograf beeinflusst?

Ich habe schon sehr früh immer mal gemodelt, allerdings eher unregelmäßig, aus Spaß und um vielleicht ein – damals noch neues – „wer-kennt-wen“-Profilbild zu bekommen. Irgendwann, relativ zeitgleich mit der Fotografie, habe ich regelmäßiger gemodelt. Das ist wirklich eine Herausforderung, die meiner Meinung nach oft unterschätzt wird. Es ist eben nicht nur dastehen und gut aussehen, da steckt viel mehr dahinter. Blick, Spannung und Posing sind nur drei von vielen Stichworten. Das Schöne daran ist, dass ich als Model von meiner Fotografie profitiere und natürlich auch umgekehrt: Ich kann mich gut in das Model hineinversetzen, kann ihm eventuell Posen geben und ihm zeigen, wie welche Körperpartie in welcher Stellung gut zur Geltung kommt. Natürlich kann ich als Fotograf aber auch selbst von den Models lernen. Auf der anderen Seite ist das natürlich genau das gleiche. Damit kommen wir auch wieder zum schlauen Spruch „man lernt nie aus“.

In der Schwulenszene wird großer Wert auf „perfekte“ Körperlichkeit gelegt; Bodyshaming ist die negative Seite der Medaille. Dein Statement dazu?

Als Fotograf merke ich natürlich, dass die wenigsten Anfragen von Leuten kommen, die keinen Sixpack, nicht die breiteste Schulter oder den stärksten Bizeps haben - das finde sehr schade! Denn wer bestimmt denn, was perfekt ist und was nicht? Außerdem: Was hat das Alter, die Hautfarbe, das Geschlecht oder das Gewicht mit der Fotografie zu tun? Richtig: nichts! Mein Portfolio habe ich zum großen Teil mit Models aufgebaut, die eben nicht dem klassischen, gesellschaftlichen Schönheitsideal entsprechen, und ich hatte trotzdem, oder gerade deshalb, Erfolg damit. Mein Ziel ist es, immer und grundsätzlich das Beste aus jemandem rauszuholen, und solange sich das Model selbst wohl fühlt, klappt das auch wunderbar.

Was macht einen Menschen schön?

Die Frage muss lauten: Wer macht einen Menschen schön? Ich! (lacht). Nein, Spaß beiseite.

Lachen! Ich liebe es, wenn Models beherzt loslachen, das werden wirklich oft die schönsten und sympathischsten Bilder. Ausstrahlung und Leben gehören auch dazu. Da wären wir übrigens beim vorherigen Thema: Ich habe lieber ein Model mit Ausstrahlung vor der Kamera als einen perfekt durchtrainierten Body, der vor der Kamera hängt wie ein Schluck Wasser. Ich kenne einige Menschen, die betreten den Raum, und man ist völlig fasziniert, man kann die Augen gar nicht von der Person lassen. Was in den wenigsten Fällen daran liegt, dass der- oder diejenige die letzte Mister- oder Miss-Wahl gewonnen hat, sondern eben wie gesagt an der Ausstrahlung des Menschen. Das fasziniert mich wahnsinnig und wirkt sich auch beim Fotografieren aus.

www.micha-fotografiert.de

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