Wie klingt es, wenn Pflanzen wachsen?

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Foto: Palmengarten Frankfurt

Seit September 2018 ist Dr. Katja Heubach die neue Leiterin im Frankfurter Palmengarten und Botanischer Garten. Wir haben die vor Ideen sprudelnde Diplom-Biologin im Vorfeld des sechsten Frühlingsballs, der am 27.4. im Gesellschaftshaus Palmengarten steigt, zum Interview getroffen und dabei viel über die geplanten Neuentwicklungen im Garten erfahren. Wer zum Beispiel schon immer mal wissen wollte, wie Pflanzen beim Wachsen klingen, könnte bald im Palmengarten Antworten finden ...

Der Palmengarten im Winter – da meint man ja nicht, dass viel los sei, aber zum Beispiel die Winterlichter im Dezember und Januar hatten einen neuen Besucherrekord …

Ja, das war toll! Und ich darf’s verkünden! 56.000 Besucher hatten wir, und das ist total großartig! Wir hatten rund 40 Prozent Besucherzuwachs, obwohl wir die Winterlichter eine Woche kürzer gezeigt haben als sonst.

Was würden Sie für den März empfehlen?

Seit Anfang Februar läuft unsere Frühlingsausstellung, die Narzissen sind schon da und die Forsythien fangen an zu blühen. Da hat man etwas inhausig, was es in der Natur ein paar Wochen später erst gibt. Dann folgt gleich im März unsere Orchideen-Ausstellung, und im Garten beginnt es auch schon wieder zu blühen. Die Magnolien haben schon recht große Blüten, genau wie Hamamelis, die Zaubernuss, mit den gelben Blüten, und einen rosafarbenen haben wir noch am Brunnen.

Das Tropicarium war ja auch immer ein guter Winterort im Palmengarten; die Häuser mussten einigen Renovierungs- und Reparaturarbeiten unterzogen werden. Ist das nun beendet?

Der Nordstern ist jetzt fertig gestellt und wird wieder geöffnet, wir gehen jetzt so langsam in den Südstern, den wir dann leider schließen müssen.

Foto: Sandra Mann

Als neue Leiterin des Palmengartens haben sie eine Menge Ideen für neue Veranstaltungen angekündigt; hat sich da inzwischen schon etwas konkretisiert?

Wir würden gerne unser Publikum erweitern und mehr Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, also so in meinem Alter, Mitte Ende 30, ansprechen. Denn der Palmengarten ist einer der wenigen analogen Orte die es noch gibt. Und wir schauen, welchen Zugang man zu seinen Erlebnissen findet.

Bei einem Kassenschluss von 18 Uhr ist dies für Berufstätige kaum möglich, denn wenn man keine Jahreskarte hat, kommt man nach 18 Uhr auch nicht mehr in den Garten. Wir möchten also entsprechende Angebote schaffen, gepaart mit einem neuen Kassensystem mit einer Online-Applikation für den Ticketkauf im Internet.

Unsere große Stärke sind die Blumenschauen, die mit ihren sehr schönen Ensembles seit mittlerweile Jahrzehnten sehr beliebt sind.

Was ich ganz spannend finde, ist die Auseinandersetzung mit Klang und Sound, dieser ganze Bereich Soundscapes oder Bioakustik. Welche Geräusche gibt es im Garten? Oder eine thematische Auseinandersetzung mit Geräuschen in einem bestimmten Lebensraum: Wie klingt eine Nebelwüste? Oder wie klingen Pflanzen, wenn sie wachsen?

Eine andere Frage ist natürlich auch, wie sich die Gäste dann im Garten zurechtfinden. Im Moment haben wir einen Schilderwald, der nicht richtig hilfreich ist.

Aber wie wäre es, wenn man sagen kann, ich habe jetzt zwei Stunden Zeit und Lust auf Savanne, und dann folgt man dem Pfad der roten Giraffe. Oder wenn man sich für Kunst im Park interessiert, wählt man die Route der Aphrodite.

Das sind unsere Ideen, aber wir haben ja auch einen öffentlichen Auftrag – der Garten gehört ja nicht uns, sondern der Bürgerschaft, das ist deren öffentlicher Raum. Und da wollen wir natürlich auch wissen, was unser Publikum wünscht. Daher starten wir eine Besucherumfrage.

Der Garten ist ja auch ein Organismus, der sich laufend verändert. Ansprüche, Interessen und Ideen ändern sich mit der Zeit, und das hat natürlich auch immer etwas mit den Generationen zu tun, die so etwas leiten. Ich bin eine Generation, dann haben wir den neuen Verwaltungsleiter Herrn Ochs und Frau Germandi als Leitung der Kommunikation und für Veranstaltungen, die auch nochmal unterschiedliche Erfahrungswelten einbringen, und dann auch diejenigen Menschen, die schon sehr lange hier arbeiten. Denn ich bin ja im Zweifel diejenige, die am wenigsten über die Geschichte des Gartens weiß, weil ich noch ganz neu bin.

Foto: Palmengarten Frankfurt

Sie möchten also die vorhandenen Möglichkeiten des Gartens besser zugänglich und sichtbarer machen?

Ja genau! Da muss man sich einfach alles anhören, und das ist im Grunde genommen auch das Tolle: Ich laufe durch den Garten, höre zu, fasse die Ideen, die schon hier sind, zusammen und kann meine eigenen Sachen einfach noch dazu packen

Wir werden neue Formate testen, und wenn wir feststellen, die laufen nicht, die will keiner, und da haben wir uns doch vertan, dann machen wir was anders. Bloß nicht die Entwicklung konservieren wollen!

Und wir sind ja auch keine Kapsel hier im Garten. Bestimmt ein eigener Mikrokosmos, aber der ist ja auch nicht unabhängig von Politik, Klimawandel und sozialem Wandel.

Wir haben eine Stadt, die seit 20 Jahren knapp 170.000 Menschen hinzugewonnen hat. Das sind potenzielle Besucher. Auf der anderen Seite, wenn die alle kommen, was macht das mit dem Garten? Und wie ist das mit der öffentlichen Auseinandersetzung? Wieviel Grün brauchen wir?

Oder die Frage des Klimawandels: Wo stehen wir im Jahr 2050? Machen wir dann einen Olivenhain aus dem Garten? Oder einen Deal mit dem Zoo, wir haben die Savanne, ihr die Giraffen, und das Tropicarium können wir eigentlich abbauen, weil es draußen so warm ist, dass wir Savannenlandschaft zeigen können, mit echten Giraffen. Das ist jetzt überspitzt formuliert, aber darum geht es.

Foto: Palmengarten Frankfurt

Der Frühlingsball im April ist als gesellschaftliches Ereignis eine der jüngeren Veranstaltungen im Palmengarten. Wie schaut es damit aus?

Die Gesellschaft gehört definitiv zum Palmengarten dazu. Wir haben uns intern abgestimmt, dass wir uns ein Jahr lang alles anschauen, schon allein wegen der Wertschätzung dessen, was sich andere Menschen für den Garten überlegt hatten. Und der Frühlingsball ist ein gesellschaftliches Event, das Menschen mögen und wo Leute auch dahinter stehen.

Es ist sehr viel Arbeit und wir sind glücklich, dass wir für die Organisation Herrn Sven Müller und seine Agentur haben, ohne die das Ganze eine Fata Morgana wäre. Das könnten wir gar nicht, und weil er so wahnsinnig professionell ist, läuft das alles so reibungslos ab. Es wird auch in Zukunft ein gesellschaftliches Event im Palmengarten geben, die Frage ist, wie es aussehen wird. Da ist noch keinerlei Entscheidung getroffen, aber wir überlegen uns das. Da sind wir kritische Geister.

... also im Sinne der eben beschriebenen permanenten organischen Veränderung

Ja genau! Was uns zum Beispiel schon aufgefallen ist: Menschen glauben ja, wenn sie im Gesellschaftshaus waren, waren sie im Palmengarten. Da sage ich „ja, da waren sie in einem halben Hektar von 22 möglichen! Der Park erschießt sich ja erst da hinten“. Die Frage wäre, wie bekommen wir die Gesellschaft, die da vorne tanzt, hier hinten in den Garten? Gibt es Formate, die das können? Kann man die Leute aus dem Saal herausführen in den Garten.

Ich finde das gesellschaftliche Element total wichtig und freue mich total auf den Frühlingsball und bin echt gespannt. Unser wichtiges Anliegen ist eben, dass die Gärten im Vordergrund stehen und die Leute auch merken, dass der Ball für den Palmengarten und den Botanischen Garten gemacht ist. Das ist unser großes Anliegen, und da schauen wir mal, wie das funktioniert!

Tanzen Sie denn gerne?

Ja, ich war in der Schule mit meinem besten Freund sogar zwei Mal das erste Paar in der Polonaise. Die klassischen Sachen gehen immer, aber ich werde trotzdem vorher nochmal ein bisschen üben, denke ich.

Der Frühlingsball war immer ein Benefiz für das neue Schmetterlingshaus, nun sollen die Erlöse des Balls generell in die Stiftung fließen; aber das Projekt Schmetterlingshaus ist damit nicht gestorben?

Nein, das läuft. Ich darf ja an der Stelle nutznießen und freue mich, was mein Vorgänger Dr. Jenny da großartiges an Vorarbeit geleistet hat, und dass ich tatsächlich jetzt auch verkünden darf: es geht voran!

Die ersten Hochbauarbeiten starten und wir haben wir den Kick-off für die Gestaltung nicht nur des Warmhauses, in dem dann die Schmetterlinge fliegen, sondern auch das pädagogische Konzept und das Rahmenprogramm. Und wir möchten auch noch eine weitere Verbindung zum benachbarten Botanischen Garten schaffen. Beim Blüten- und Schmetterlingshaus ist das übergeordnete fachliche Thema ja Bestäuberinsekten. Schmetterlinge sind ja auch Bestäuber, und Themen wie Blütenbiologie, Bestäuberbiologie, Interaktion zwischen Pflanze und Tier, die wollen wir bespielen.

Wir haben im Botanischen Garten zum Beispiel Bienenstöcke und das Bienenfestival. Über die Schmetterlinge soll nun thematisch auch eine Verbindung zum Botanischen Garten kommen. Es ist uns sehr wichtig, dass wir den gemeinsamen Auftritt stärken!

Abschließende Frage: Was ist Ihr Lieblingsort im Palmengarten?

Der Steingarten mit dem Pampasgras gefällt mir immer sehr gut.

www.palmengarten.de

Foto: SK Management

Frühlingsball im Palmengarten

Am 27.4. steigt der 6. Frühlingsball im Gesellschaftshaus Palmengarten zu Gunsten der Stiftung Palmengarten und Botanischer Garten. Die Gäste erwartet neben einem erlesenen Drei-Gänge-Dinner eine rauschende Ballnacht mit Live-Acts wie Popsängerin Cassandra Steen, der Dinner- und Tanzmusik-Combo Princess-Cut, Pianist und Saxophonist Sascha Klaar und der Marching Band Acoustic Club. Für Dancefloorsounds sorgt zu späterer Stunde DJ Dennis Smith. Tickets gibt es in vier Kategorien ab 111 Euro (Veilchenkategorie für Flanierkarten).

www.fruehlingsball-palmengarten.de

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