Interview: FRONT mit Boris Dlugosch und Klaus Stockhausen

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Foto: Rüdiger Trautsch

Für viele Hamburger und noch mehr Menschen auf der ganzen Welt begründete das FRONT in Hamburg ein völlig neues und eigenständiges Klubkonzept. Hier wurde Housemusik als Soundtrack der Schwulenbewegung geboren, hier war schwul schon queer, bevor es so hieß. Am 14. September erschien eine Doppel-CD der FRONT-Residents Klaus Stockhausen und Boris Dlugosch, am 22. wollen das beide mit euch feiern. Wir hatten Boris an der Strippe.

Macht ihr eine Revival-Party oder eine Launch-Party?

Beides. Nach der DANGER 2012 haben sehr viele Menschen gebeten, das noch mal zu machen. Wir waren überwältigt davon, dass so viele Leute gekommen sind. Wir wollten allerdings keine ständige Revival-Geschichte daraus machen. Aber schon damals hatte ich den Gedanken, das Thema FRONT musikalisch mit einer Compilation aufzuarbeiten. Die Idee gärte seitdem weiter und mit Running Back kam der passende Label-Partner dazu. Als ich schließlich Klaus zur Mitarbeit überreden konnte, der sich 2012 noch zierte, ging die Arbeit los. Mir war es wichtig, dass bei der Compilation auch er als Erfinder der ganzen Sache und der für die erste Hochzeit Stilprägende mit dabei ist.

Wie seid ihr vorgegangen. Wie kamt ihr überhaupt noch an die Rechte für die Lieder?

Ich bin zu Klaus nach Berlin gefahren und wir haben uns bei ihm eingeschlossen. 13 Jahre Musik zu sichten und die besten Sachen herauszufiltern, ist wirklich eine Herausforderung. Angefangen haben wir mit einer Liste von knapp 600 Titeln. Die bekommt man nicht auf eine CD und außerdem kannst du dir gar nicht vorstellen, wie unglaublich aufwendig und letztendlich auch teuer es ist, die Rechte dafür zu bekommen. Ich will keine genauen Zahlen nennen, aber es ist am Ende eine mittlere fünfstellige Summe zusammengekommen. Du musst Leute ausgraben, die die Rechteinhaber sind. Auf der Original-Platte steht Verlag XY, der ist es aber natürlich gar nicht mehr oder den gibt es einfach nicht mehr.

Hast du ein Beispiel?

Kairo. Das ist eine meiner Lieblingsgeschichten. Der Interpret heißt „Üdytü Ützeltürk And His Male Harem“. Diese Nummer war zu Klaus’ Zeiten 1984/1985 schon eine kleine Hymne. Ich hab sie damals im FRONT geliebt. Wir haben also gesucht, es gab keinerlei Einträge irgendwo. Außer bei Discogs einen, der die Platte hatte (natürlich auch ein ehemaliger FRONT-Gast) und sie da eingetragen hatte. Irgendwie haben wir dann einen Verleger doch noch ausfindig gemacht und der hat uns dann erzählt, dass das Stück von einem Johannes Hofmann aus Aschaffenburg produziert worden sei. Dann hab ich den wirklich irgendwann am Telefon gehabt und er hat mir die Entstehungsgeschichte zu „Kairo“ erzählt und mir persönlich die Freigabe für die Nutzung gegeben, weil es gar keinen offiziellen Verlag mehr gab. Also das nur mal als Beispiel für ein einziges Stück. Das haben wir dann so für rund vierzig Titel durchexerziert.

Hast du nicht manchmal gedacht: „Ach lass, es gibt doch genug andere Titel“?

Nein. Es sind sehr viele Titel, die mir/uns einfach am Herzen liegen, und dafür musste man dann halt wirklich kämpfen. Unser Labelpartner RUNNING BACK war da voll dabei. Als wir damit durch waren, haben wir uns dann noch mal wiedergetroffen und die Mixe erstellt.

Die CD ist also ein Mix.

Ja, zwei CDs, zwei Mixe. Es erscheint eine Vinyl-Ausgabe, die ist ungemixt. Da sind aber natürlich nicht alle Stücke drauf.

Foto: Rüdiger Trautsch „Eröffnung des FRONT“, 1983

Das Artwork besteht aus Fotos, die uns bekannt vorkommen ...

Ja, die Fotos sind von Rüdiger Trautsch von der Eröffnung des FRONT 1983. Zusammen mit Flyern haben wir da eine Collage für das Artwork erstellt. Die Flyer an sich hatten ja teilweise auch schon etwas Ikonografisches.

Habt ihr euch auf einen Ansturm zur Party vorbereitet?

Die Location der DANGER gibt es so leider nicht mehr. Und etwas Passendes zu finden, ist dann doch nicht mehr so einfach heutzutage. Wir haben jetzt einen Ort, der aber wohl nur für so rund 400 Leute ausreicht.

Es wird also – passend zum FRONT – etwas exklusiver?

Wir hoffen, dass wir „La Negra“ überreden können, uns an der Tür zu unterstützen. Wir hatten bei der „Terror bei Neumann“-Party eine „unfair Door”. Du zahlst fünf Mark, du 12 und so weiter. So hart wollen wir es hier nicht machen – jeder zahlt 15 Euro – aber ich befürchte, dass wir sehr viele auch wieder wegschicken müssen.

*Interview: Christian Knuth

22.9., Running Back 2 FRONT, Prototyp Lounge, Shanghaiallee 9, Hamburg, U HafenCity-Universität, 22 Uhr, www.runningbackrecords.bandcamp.com

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