Interview: „Wir wollen die lesbische Sichtbarkeit auf ganz vielen Ebenen erhöhen!“

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Seit April 2017 ist Friederike Wenner die Neue im QNN | Queeres Netzwerk Niedersachsen. Als gleichberechtigte Geschäftsführerin neben Thomas Wilde wird sie vor allem für die lesbischen Interessen in Niedersachsen arbeiten. hinnerk hat mit ihr gesprochen.

Friederike, erst einmal herzlichen Glückwunsch zur neuen Aufgabe. Was meint das konkret: für lesbische Interessen arbeiten?

Danke, ich freu mich sehr über solche Glückwünsche. Es gab von Anfang an positive Reaktionen auf die neue Stelle im QNN. Ich finde, das zeigt, wie viele Menschen nach dem Vorlauf für die Vielfaltskampagne von 2014 bis zum Abschlussbericht 2016 mit 74 (!) Handlungsempfehlungen auf Taten warten.

Mein Job ist es also, die wichtigsten Themen und Bedarfe in die Ministerien und auf die kommunale Ebene zu tragen. Wir werden uns gerade im Feld der Frauenpolitik mit den Verantwortlichen austauschen und gucken, wo gute Anknüpfmöglichkeiten sind oder wo die blinden Flecken effektiv und effizient abgebaut werden können. Da waren lesbische Frauen lange nicht sonderlich sichtbar und wurden nicht „mitgedacht“. Ehrlich gesagt haben wir insgesamt einen echten Nachholbedarf in Sachen Sichtbarkeit …

Was meinst du mit diesem Nachholbedarf?

Die Angebote lesbisch liebender Frauen füreinander sind oft unsichtbar, nicht selten sind sie sogar echte Privatinitiativen. Wir sind halt nur selten für Vereinsmeierei und ehrenamtliche Großprojekte zu haben, und wenn, dann müssen wir uns auch oft entscheiden: Eher bei Frauenthemen oder lieber in schwul-lesbische (oder heutzutage queere) Projekte einklinken?

In beiden Bereichen bilden die lesbischen Vertreterinnen dann eine Minderheit. Das kostet auf die Dauer Kraft, das habe ich ja selbst in meinen zehn Jahren CSD-Engagement zu spüren bekommen.

Wie lauten die wichtigsten Ziele bei deiner Arbeit?

Ganz konkret geht es um die rechtliche Gleichstellung von Regenbogenfamilien, und zwar schon ab dem Moment des Schwangerwerdens, zum Beispiel durch fachgerecht-gynäkologische Insemination oder die Möglichkeit zur vorgeburtlichen Stiefkind-Adoption.

Dann haben wir in lesbischen Partnerschaften oft doppelt so häufig mit den typischen Benachteiligungen oder Lebensumständen von Frauen zu tun: drohende Altersarmut durch das Modell der „Frauenberufe“ und die Belastung durch Verarbeitungsprozesse sexueller Gewalterfahrungen. Das muss unserer Meinung nach – dazu bin ich im regen Austausch mit den QNN-Vorstandsfrauen für LiN | Lesbisch in Niedersachsen – in den Beratungsstellen, Behörden, von der Landesregierung und auch innerhalb der LGBT*I-Community wahrgenommen werden. Da gibt es viel für uns zu tun in den nächsten beiden Jahren. Wir wollen die lesbische Sichtbarkeit auf ganz vielen Ebenen erhöhen!

www.lesbisch-in-niedersachsen.de

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