Interview: „Ob ich mich nun „Pimmelhopser“ oder „Hollywood Tramp“ nenne …“

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Foto: Enrico Datu

Berry E. ist einer der gefragtesten DJs im Lande, wenn es um die Großen der Szenepartys wie Nina Queers Irrenhouse oder seine G.A.Y. in Hamburg geht. Aber auch in den kleinen Locations, in denen es dann umso verschwitzter um musikalische Exzesse geht, wie zum Beispiel im Reineke Fuchs, bucht man den brustbehaarten Daddyboy, der in der zweiten Dekade seiner Karriere alles auf eine Karte – Verzeihung – auf einen Namen setzt.

Du bist als DJ Berry E. vor über zehn Jahren gestartet. Was verbindest du mit Berry?

Berry bin ich in einer ungeschliffenen, naiven und jungen Version. Ein Junge, der als DJ und Veranstalter in der Gay-Szene angefangen hat, ohne einen Plan zu haben. Ich habe vorher schon lange auf Hetero-Partys aufgelegt und bin dann nach meinem Outing durch einen Zufall als DJ in die Szene gerutscht. Über die Jahre habe ich viel gelernt und viele Dinge haben mich geprägt. Ich glaube, Berry ist heute so mein privates Ich und Hollywood Tramp ist meine öffentliche Persona.

The Midnite Monkey kam als roughe, technoidere Persona im vergangenen Jahr dazu. War das nicht zu vermitteln oder warum „stirbt“ der Affe schon zum ersten Geburtstag? 

Der Name DJ Berry E. war so sehr vom Pop geprägt, dass ich eine andere Persona brauchte, um beweisen zu können, dass ich auch House kann. Das hat super geklappt und ich habe sofort auf Festivals in ganz Europa gespielt, und die Reaktionen waren unglaublich. Gleichzeitig wurde ich aber auch mit meinem Blog immer bekannter und ich merkte, dass es langsam für die Leute zu kompliziert wird. Somit habe ich dann zum 1.1. – nach langer Beratung – beschlossen, The Midnite Monkey und DJ Berry E. unter dem Namen meines Blogs Hollywood Tramp zu vereinen.

Foto: Daddys Boy

„Ob ich mich nun „Pimmelhopser“ oder „Hollywood Tramp“ nenne …“

Also im Nachhinein eine nicht schlüssige Entscheidung?

Auf lange Sicht war es sicherlich nicht schlüssig. Doch es war ein wichtiger Zwischenschritt oder auch Übergang, um mich als DJ im House-Bereich aufzustellen. Heute gibt es mich unter dem Namen Hollywood Tramp mit dem Zusatz „Pop“ oder „House“, und ich glaube, das wäre nicht möglich gewesen, wenn ich mir als The Midnite Monkey nicht einen gewissen Ruf erspielt hätte. Das Problem war aber eher, dass es am Ende ja wirklich drei Namen waren, und das war dann doch einfach zu viel.

Trotzdem möchtest du ja offensichtlich mit Berry allein auch nicht weitermachen ...

Ich glaube, für viele bleibe ich für immer Berry. Privat nennen mich auch alle immer noch so. Aber als Blogger und DJ ist es absolut richtig, alles unter einem Namen zu verknüpfen und für alles ein Profil zu haben. Du glaubst ja gar nicht, wie anstrengend es war, drei Facebook- und drei Instagram-Profile mit derselben Person zu führen. Die haben sich am Ende untereinander nur noch gestritten. (lacht)

... oder ist es einfach nur eine Frage von Marketing und Corporate ID? „Hollywood Tramp“ ist ja genau genommen auch der zweite Anlauf, allerdings für deine Blogger-Karriere. Zu Beginn hörte man viele tuscheln: „Neuer Name, das wird nix.“ Die haben sich gehörig geirrt.

Ich glaube, es ist einfach wichtig, einen Namen und eine Anlaufstelle für die Leute zu haben. Wenn der Inhalt qualitativ gut ist, ist der Name am Ende egal. Ich glaube, meine Follower wissen nach all den Jahren, wofür mein Blog steht, wofür meine Partys stehen und wofür ich als DJ stehe. Ob ich mich nun „Pimmelhopser“ oder „Hollywood Tramp“ nenne … Ich glaube, die Leute sind immer skeptisch, wenn man etwas verändert oder neu macht. Wie du schon sagst, haben nach dem !Mono Magazin!, welches ich nach einem Jahr beendet hatte, um Hollywood Tramp zu starten, auch viele gesagt, dass es nichts wird. Doch ich wusste damals, dass ein Magazin nicht mein Weg ist, sondern ein Blog, und heute wissen wir alle, dass es die richtige Entscheidung war.

Foto: Enrico Datu

„Vom maskulinen Daddy, bis zum tuntigen Boy. Oder ist der Daddy im Kleid und der Boy der Hengst? Fuck Labels!"

Also Butter bei die Fische, wie der Norddeutsche schnackt: Wie sollen wir dich im Magazin ab sofort ankündigen? „The DJ-Blogger Hollywood Tramp – formerly known as DJ Berry E., The Midnite Monkey and Mono Magazin“?

Haha. Danke für den neuen tollen Namen. Vielleicht nehme ich den auch direkt und ändere wieder alles. Oder ich ändere jede Woche meinen Namen? Auch eine Idee. Nein, es bleibt im Grunde alles wie immer, nur findet man mich ab jetzt unter dem Namen Hollywood Tramp, und das sowohl mit meinem Blog als auch als DJ.

Regelmäßig legst du bei der BEATZ & BOYZ in Köln auf. Welche Ex-Persona ist musikalisch da? 

Das hört sich immer so an, als hätte ich viele verstörte Persönlichkeiten, aber vielleicht ist dem auch ein wenig so. (lacht) Bei der Beatz & Boyz ist die Besonderheit, dass es eine Mischung aus Pop und House ist. Somit sind sowohl etwas Berry als auch The Midnite Monkey am Start. Da ich aber eh alles nur noch unter einem Namen mache, können sich die Gäste auf einen wilden und musikalisch sehr abwechslungsreichen Abend mit Hollywood Tramp freuen.

Pop the Floor und G.A.Y. sind deine beiden Renner in Hamburg. Daddysboy ist einer der Neuzugänge. Interessiert uns als Magazin-Daddy brennend. Was gibt's da und wann wieder? 

Foto: Daddysboy

DADDYSBOY ist praktisch meine erste Queer House Party. Denn was vielen Leuten heute gar nicht wissen, entstand der Sound in den 80er Jahren aus der queeren schwarzen Club Kultur von New York und Chicago. Die Ballroom Events waren ein Weg für homo- und transsexuelle Schwarze und Latinos, auf eine Gesellschaft zu reagieren, die ihren Lebensstil abwertete und versuchte ihre Präsenz auszulöschen. DADDYSBOY setzt genau hier an: Clubbing als Kommentar auf Rasse, Klasse, und Geschlecht. Der Name der Eventreihe beinhaltet genau das: Vom maskulinen Daddy, bis zum tuntigen Boy. Oder ist der Daddy im Kleid und der Boy der Hengst? Fuck Labels! Wir wollen ein Event, auf dem jeder sein wahres Ich sein kann und jedes Spektrum zum Teil des Events wird. So wie damals, als die House Szene aus unserer Gay-Szene entsprang. Ich hatte drei sehr erfolgreiche Ausgaben in 2019 und bin am 18. Jan. 2020 in eine größere Location gezogen (Ziegelsaal auf der Reeperbahn). Somit soll die DADDYSBOY in Zukunft regelmäßig stattfinden und bis die Termine stehen sollte man einfach „daddysboyparty“ auf Facebook und Instagram am besten folgen.  

Und natürlich die Berlinfrage zum Schluss: Nina oder Bob?

Foto: M. Rädel

Das ist eine schwere Frage. Ich liebe sie beide und ich finde, dass man Bob und Nina gar nicht vergleichen kann. Jeder hat seine Nische und sein Publikum gefunden und sich über Jahre einen großen Namen aufbauen können. Ich schätze beide sehr als Kollegen und bewundere wie lange sie schon erfolgreich Partys in Berlin veranstalten. Nina hat das Talent aus sich und ihrem Image ein Erlebnis zu machen. Die Party bestehen aus ihr und man hat das Gefühl, dass jedes Molekül ihres Events Nina ist. Bob hingegen hat immer sehr den Fokus auf die Musik und Acts gelegt. Viele DJs (u.a. auch ich) haben sich in Berlin nur dank ihm einen Namen machen können. Er hat mit seinen Halloween, Silvester und Pride Event neue Maßstäbe gesetzt und für den Erhalt der GMF Party viel kämpfen müssen. Somit ganz klar: BEIDE! 

*Interview: Christian Knuth

14.3., BEATZ&BOYZ – No. 66, Reineke Fuchs, Aachener Str. 50, Köln, 23 Uhr

21.3., Pop the Floor – XXL, Terrace Hill, Feldstraße 66, U Feldstraße, Mitternacht


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