Don Juans Glühen

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Foto: Matthias Horn

Don Juan und kein Sex auf der Bühne, aber immerhin drei Ziegenböcke. Dennoch siegt die Sexualität, doch dazu später. Frank Castorf bringt „Don Juan“ nach Molière ans Residenztheater München.

Foto: Matthias Horn

Don Juan, der Frauenverführer schlechthin, ist eine moderne Geschichte mit Mythosqualität. Frank Castorf brachte nun Molières 1665 uraufgeführte Version des alten Stoffs im Münchener Residenztheater auf die Bühne, unterfüttert von Batailles erotischer Schärfe und Pascals philosophischen Meditationen. Die Inszenierung türmt sich diesmal auf nur vier Stunden durch weitere Textpassagen von Heiner Müller und Alexander Puschkin. Dabei ist diese Arbeit keine im Westentaschenformat, sondern wie gewohnt Castorfsches Extremtheater, das uns schöne Bilder malt in betörenden, z.T. historischen Kostümen und ebenso betörenden Bühnenbildern (Adriana Braga Peretzki und Aleksandar Denic).

Die Figur des Don Juan ist doppelt besetzt, mit einem erfahrenen älteren (Aurel Mathei) und einem forschen jüngeren (Franz Pätzold). Beide gehen meist gemeinsam vor, wenn sie sich an Frauen nehmen, was sie zu ihrem Glück nötig zu haben meinen. Bei der Verführung der Bäuerin Charlotte gehen beide völlig nackt zu Werke. Aber nicht nur bei dieser Episode spiegelt sich in ihren Gesichtern in einer großen Spannweite die jeweilige Gemütslage wider. Insbesondere Franz Pätzold, dessen Sprechweise mitunter an diejenige des Regisseurs erinnert, hinterlässt einfach schöne Eindrücke innerer Glut. Dazu passt dann auch, dass er manchmal ins Französische verfällt. Die Schönheit vertreibt die Verzweiflung, die gegen Ende durch den Auftritt des dazuerfundenen Engels der Verzweiflung zur Sprache kommt.

Foto: Matthias Horn

Den steinernen Gast als Statue lässt Castorf nicht auftreten. Nachdem die Geduld des Himmels mit dem morallosen Verführer aufgebraucht ist und alle Warnungen aller Wohlmeinenden missachtet wurden, stirbt Don Juan durch die Hand des Vaters: ein „unsichtbares Feuer“ verbrennt ihn. Ganz wie bei Molière oder vielmehr nach Auffassung der Zeit, wird er seiner gerechten Strafe zugeführt.

Doch was wäre die Welt ohne Verführung? In einem Video spazieren die beiden Don Juans über die Münchener Maximilianstraße und entdecken im Gucci-Store das Graffiti „Liberté, Egalité, Sexualité“. Man kann sich das Graffiti dort schon mal ansehen, das Stück ist auch 2019 wieder im Spielplan. * Ludger Tabeling

4.1., Don Juan, Residenztheater, Max-Joseph-Platz 1, München, 18:30 Uhr, Infos und Karten

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