Wir leben Vielfalt

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Foto: Bernd Müller

Sie ist die älteste regionale Aids-Hilfe Deutschlands, eine Institution im Gefüge der städtischen Sozialträger und natürlich ein fester Bestandteil der Münchner LGBTIQ*-Community. Die Münchner Aids-Hilfe feiert ihr 35-jähriges Bestehen.

Noch immer werden HIV-Positive von Nachbarn gemobbt, von Familienmitgliedern gemieden, von Arbeitgebern abgelehnt, von Ärzten abgewiesen. Fast schon Alltag bei der Münchner Aids-Hilfe – und Meldungen, die deren Mitarbeiter schier verzweifeln lassen, denn medizinisch hat man die Krankheit seit Jahren im Griff: Wer sich heute mit HIV infiziert, kann auf ein langes Leben mit wenig Einschränkungen hoffen. Ansteckend ist niemand, der von seiner Infektion weiß und entsprechend behandelt wird. So weit die gute Nachricht. Die schlechte: Noch immer sind die Bilder vom „alten“ Aids in den Köpfen, noch immer sind irrationale Ängste und fast schon panische Reaktionen auf HIV-Positive an der Tagesordnung. Daher steht der Einsatz für Betroffene, inklusive eines geradezu windmühlenhaften Kampfs gegen Vorurteile und Diskriminierung, bei der Münchner Aids-Hilfe an erster Stelle – und das seit 35 Jahren.

Ansonsten hat sich aber viel verändert, seitdem sich im Januar 1984 eine Gruppe schwuler Männer im Saal des Münchner Vollmarhauses (heute Oberangertheater) getroffen hatte, um die erste regionale Aids-Hilfe der Republik zu gründen. Viel wusste man damals nicht von dieser „Schwulenkrankheit“, aber der Schrecken über die tödliche Gefahr und das Leid der Betroffenen saß allen gehörig im Nacken. Vier Jahrzehnte nach seiner Entdeckung ist das HI-Virus noch immer nicht besiegt. Aber es hat, zumindest hierzulande, dank enormer medizinischer Anstrengungen seinen Schrecken verloren. Mit dem medizinischen Fortschritt wandelte sich auch das Gesicht der Münchner Aids-Hilfe. Noch immer steht HIV an erster Stelle, doch mittlerweile ist die MüAH ein breit aufgestelltes Gesundheitsunternehmen mit knapp sechzig Angestellten und einem Jahresetat von drei Millionen Euro. Der wird breit gestreut, denn in diesem Haus hat man sich eine umfangreiche Expertise erworben, vor allem im LGBTIQ*-Bereich: Hier gibt es Wohnen und Betreuung für Lesben, Schwule, trans* und inter Menschen, das Projekt rosaAlter kümmert sich um Seniorinnen und Senioren aus der Community, das Tagungszentrum sowie das Café Regenbogen sind nicht nur Ausbildungsstellen, sondern bieten Chancen für Langzeitarbeitslose und Menschen, die in den ersten Arbeitsmarkt zurückgeführt werden sollen. Nicht zuletzt: Mit der Trans* Inter* Beratungsstelle ist Bayerns einzige städtische Beratungs- und Vernetzungsstelle ihrer Art unter dem Dach der MüAH untergebracht. Kein Wunder, dass die Münchner Aids-Hilfe unter anderem mit dem Slogan „Wir leben Vielfalt“ wirbt. Auf ihre lange Geschichte kann sie mit Stolz zurückblicken, für die Zukunft wird sie sich den Umständen weiter anpassen müssen. Nur wenn es gelingt, das Vielfaltsmodell langfristig erfolgreich umzusetzen, wird sie als Institution dieser Größe weiter bestehen können. An den Weichenstellungen dafür arbeiten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, Vorstand und Geschäftsführung im Jubiläumsjahr intensiv.

Foto: Bernd Müller

Doch jetzt ist es Zeit, auf das Erreichte zurückzublicken und sich selbst zu feiern. Daher lädt die Münchner Aids-Hilfe am Samstag, dem 29. Juni von 15 bis 21 Uhr zu einem entspannten öffentlichen Hausfest mit vielen Überraschungen. Kein Staatsakt, keine Gästeliste, sondern ein fröhliches Fest zeigt, wie viel Leben in der guten alten Aids-Hilfe steckt! Die öffnet (fast) alle Türen, und hinter jeder verbirgt sich eine interessante Geschichte. Erlebt Historie und Erlebnisse, eine Drag-DJane, die Vernissage der Fotoausstellung #munichpridecommunity, eine afrikanische Kaffeezeremonie, Gespräche mit Gründungsmitgliedern, dazu Prosecco, Getränke, Snacks und jede Menge Informationen rund um die vielfältige Arbeit der Münchner Aids-Hilfe. Zur öffentlichen Geburtstagsfeier sind alle herzlich eingeladen! 

29.6., 15 – 21 Uhr, Münchner Aids-Hilfe, Lindwurmstr. 71, www.muenchner-aidshilfe.de

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