KluST insolvent – eine Ursachenanalyse

Im Dezember überraschte der KLuST mit einer außerordentlichen Mitgliederversammlung, die sich mit der finanziellen Schieflage des Vereins befassen musste. Leider lehnte es eine Mehrheit des Vorstandes ab, sich gegenüber der Community zum aktuellen Stand des ColognePride und der Demonstration zu äußern, so dass sich die Öffentlichkeit aus bruchstückhaftem Wissen selber ein Bild machen muss. Die Versammlung beschloss, ein Lenkungsteam einzusetzen, das sich über die künftige Struktur der Arbeit Gedanken machen soll, während sich der Vorstand um die Aufarbeitung der finanziellen Situation kümmert. Hauptauslöser der Krise scheint der zuständige Vorstand für Finanzen, Nils Schmidt, zu sein, der der Versammlung fern blieb und daher den Verbleib einer vierstelligen Summe aus dem Vereinsvermögen nicht aufklären konnte. Am 14. Februar gab der KluST bekannt, Insolvenz angemeldet zu haben.

WIE IST DER CSD STRUKTURIERT?

Vergleicht man die Organisationsstruktur des Kölner CSD mit den anderen großen Paraden in Deutschland fällt auf, dass Köln bei der Umsetzung sehr eigene Wege geht. Inwiefern dieser Sonderweg zu den augenblicklichen Problemen geführt hat, ist schwierig abzuschätzen, aber einer Analyse wert.

Ein Event wie der CSD wird im wesentlichen aus drei Quellen finanziert: Sponsorengelder, Teilnahmegebühren und Getränkeumsätze. Der KLuST hat sich schon vor einigen Jahren entschieden, zwei dieser Bausteine an externe Dienstleister auszulagern. Das Straßenfest wurde an eine Firma abgegeben, die für einen festen Lizenzbetrag die Stände weitervermietet. Die Parade wird von einer Einzelperson angemeldet und die Teilnahmegebühren von ihr vereinnahmt. Das Anwerben der Sponsoren wird intern und extern betrieben.

Während sich bei der Sponsorensuche die Einschaltung einer externen Agentur anbietet, weil es sich dabei um aktives Bemühen handelt, ist nicht ganz verständlich, weshalb die beiden anderen Einnahmequellen außerhalb der Verantwortung des KLuST liegen. Sowohl bei der Parade, als auch bei den Ständen des Straßenfestes gibt es eine große Nachfrage von Teilnehmern, die im Prinzip nur bedient werden muss. Man könnte argumentieren, dass dafür Personal vorgehalten werden muss. Tatsächlich gab es eine Vollzeitkraft in der Geschäftsstelle, die außerhalb der heißen Phase theoretisch dafür hätte eingesetzt werden könnte. Ein Luxus übrigens, den nicht jeder CSD in Deutschland für sich reklamieren kann. Wenn ein externer Anbieter das Straßenfest vermarktet, muss auch dieser Personal vorhalten und macht dabei offensichtlich trotzdem lukrative Gewinne. Schon jetzt stehen Interessenten in den Startlöchern, die gerne den auslaufenden Vertrag übernehmen würden und dabei nicht vor Denunziationen zurückschrecken.

FOTO: Gerd Pfaff  / pixelio.de

GERÜCHTE WURDEN GESTREUT

So wurde dem Kölner Stadtanzeiger von einem erfundenen Absender eine Mail geschrieben, die durch ihr interessantes Insiderwissen Rückschlüsse auf den Schreiber zulässt. So heißt es in der Mail:

„Auch über die von der CPV, dem Ausrichter des Straßenfestes zu zahlenden 100.000,-€ für die Ausrichtung des Colognepride konnte der Vorstand keine Auskünfte geben. Ob es hier Verträge gibt?“

Das Wissen um die CityProjekt Veranstaltungs GmbH (CPV) zeigt ein starkes Interesse am Eventmarketing, wie man es häufig bei Veranstaltern von Jahrmärkten findet. Jemand möchte also gezielt die Verantwortlichen anschießen, um sich vermutlich selber ins Spiel zu bringen. Damit es auch jeder Journalist versteht wird noch nachgelegt mit den Worten:

„KLuST, Klüngel und Korruption scheint den Cologne Pride 2017, Köln größte Veranstaltung nach dem Karneval, seit geraumer Zeit erheblich in Gefahr zu bringen. Der jetzige Vorstand scheint masslos überfordert und professionelle Hilfe nicht absehbar.“

Die Kritik an Nils Schmidt ist nicht ganz abwegig. Vor seiner Tätigkeit im Vorstand war er als Kassenprüfer tätig und hat das Vorgehen der privaten Abrechnung der Teilnahmegebühren der Parade durch Jörg Kalitowitsch als unbedenklich bezeichnet.

Foto: Stefan Kraushaar

DAS INHALTLICHE KERNSTÜCK – DIE DEMONSTRATION

Während es sich beim Straßenfest um eine Abwägungsfrage handelt, ob sich der Aufwand der eigenen Durchführung rechnet oder man mit einer Lizenzgebühr besser fährt, stellen sich bei der Parade auch inhaltliche Fragen. Die Demonstration ist das Herzstück des CSD. Natürlich obliegt es dem KLuST, das Motto festzulegen, aber darüber hinaus hat sich die Parade unter ihrem Anmelder Jörg Kalitowitsch auf eine Weise verselbstständigt, die ihre Integrität in Frage stellt. Wenn der Paradeleiter bis zum Ende versucht zu verhindern, dass die Oberbürgermeisterin „seine“ Demonstration eröffnet, ist hier eine Einfluss gewachsen, der sich der Kontrolle durch den Verein und der Community entzieht. Auf Nachfrage teilt der KLuST dazu mit, dass es

„kein Vertragsverhältnis zwischen dem Kölner Lesben- und Schwulentag e.V. und dem Veranstalter der CSD-Demonstration“

gibt. Und weiter

 „Die Durchführung der CSD-Demonstration obliegt ausschließlich dem Veranstalter. Der Kölner Lesben- und Schwulentag e.V. hat hier kein Mitbestimmungsrecht.“

Schon eine Mitgliederversammlung im Jahr 2014 hat die Tatsache, dass eine Privatperson die Parade abrechnet, und bis ins Jahr 2020 auf seinen Namen angemeldet hat, kritisiert.

Es bleibt abzuwarten, ob das Lenkungsteam bei seiner Arbeit feststellt, dass einige Verfahrensweisen der Vergangenheit, die der Konzentration des KLuSt auf inhaltliche Fragen dienten, gleichzeitig zur Schwächung der Organisationskraft geführt haben. Ina Wolf, Mitglied des Vorgängervorstands, hofft, das der CSD 2017 wieder Transparenz und Offenheit transportiert, denn es stehen zwei wichtige Wahlen an, um ein Rollback gegen die Community zu verhindern.

„Der CSD und die Parade gehört allen.“

DIE AUSWEICHTAKTIK WIRD BEIBEHALTEN – SOGAR GEGENÜBER MITGLIEDERN

Um so mehr verwundert die am 14. Februar versendete Nachricht des Vorstandes des KluST an die Mitglieder des Vereins - darin heißt es:

„Da es nicht möglich ist und auch nicht angemessen erscheint, euch über die genauen Hintergründe unserer Entscheidung kurzfristig per E-Mail zu informieren, werden wir euch demnächst mit mehr Informationen versorgen. Zugleich wird das von der Mitgliederversammlung eingesetzte Lenkungsteam seinen zugesagten Bericht abliefern. Wir bedanken uns in diesem Zusammenhang ganz herzlich bei Markus Danuser, Matthias Eiting, Patrik Maas und Beate Killing für die vertrauensvolle und gute Zusammenarbeit während der vergangenen Wochen."

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