queerPassion – Bachs Johannespassion queer interpretiert

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Der in Deutschland und Österreich lebende Autor Thomas Höft, der mit Operntexten für die Wiener Staatsoper und die Deutsche Oper Berlin bekannt geworden ist, hat die berühmte Johannespassion von Johann Sebastian Bach umgeschrieben. Am 17. März 2022 ist Vorpremiere in der Epiphaniaskirche in Köln-Bickendorf.

Was wäre, wenn Johann Sebastian Bach nicht das Leiden Christi vertont, sondern die Verfolgung queerer Menschen in den Blick genommen hätte? Bach hatte dazu nicht die Möglichkeit, denn queere Menschen waren zu seiner Zeit in Europa zutiefst verachtet. 

Auch heute noch gibt es vielerorts Diskriminierung und Verfolgung, aber auch die Chance, darauf aufmerksam zu machen und für Gleichberechtigung und Anerkennung einzutreten. Deshalb haben sich Thomas Höft, das Ensemble Ārt House 17 und eine illustre Solistenriege die Johannespassion von Johann Sebastian Bach vorgenommen. Nicht um die biblische Passion zu schmälern, die kommt gar nicht vor, sondern um eine ganz andere zu erzählen. Tatsächlich bleibt die Musik, die Bach komponiert hat, komplett erhalten. Verändert wird lediglich der Text, der sich ganz und gar den Melodielinien, die Bach geschrieben hat, anpasst.

„Bach schreibt in seiner Passion Musik, die Leid und Hoffnung in Töne fasst“, meint Thomas Höft. „Und wir übertragen die auf eine ganz andere Geschichte.“

Foto: Georg Kroneis

Zwei historische Ereignisse aus der Zeit Bachs stehen im Mittelpunkt der Aufführung: Zum einen eine Welle von Verfolgung, die um 1730 im niederländischen Utrecht ausbrach und der zahlreiche schwule Männer zum Opfer fielen.

Foto: Unbekannt - Gleich und Anders, Hg. Robert Aldrich / CC0 / wikimedia.org

Zum anderen wird die tragische Geschichte der trans Person Anastasius Lagrantinus Rosenstengel thematisiert, die 1721 in Halberstadt hingerichtet wurde, weil sie mit einer Frau zusammenlebte und als weiblich definiert wurde.

Foto: Unbekannt / CC0 / wikimedia.org

Aber auch Beispiele gegenwärtiger Aggressionen und Verfolgung wie das Massaker im Nachtclub Pulse in Orlando und die Gewalt gegen queere Frauen in Mexiko werden nicht ausgespart.

„Die Frage nach Diversität und Teilhabe stellt sich überall – auch und gerade in den scheinbar etablierten Segmenten der sogenannten Hochkultur.“

(Thomas Höft)

Bevor das Stück in Graz und Utrecht aufgeführt wird, findet am 17. März 2022 ein Try Out in Köln statt. Um 20 Uhr in der Epiphaniaskirche in Köln-Bickendorf. Der Eintritt ist frei. 

Mit dabei sind die Koloratursopranistin Susanne Elmark, die gerade als „Lady Macbeth“ in der Oper Luzern auf der Bühne steht, der Countertenor Yosemeh Adjei, der Baseler Tenor Raphael Höhn, er ist einer der gefragtesten Bach-Evangelisten unserer Zeit, und der unter anderem mit einem Grammy ausgezeichnete Bariton Dietrich Henschel. Es spielt das Ensemble Ārt House 17 unter der Leitung von Michael Hell.

https://www.arthouse.community/

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