Georg Kroneis „Schwierige Zeiten bringen immer auch Chancen ...“

by

Foto: V. Nanteza

Foto: S. Flach

Er produziert Kunst, ist Obmensch von ĀRT HOUSE und spielt Viola da Gamba und Kontrabass. Wir chatteten mit dem Künstler.  

Corona hat das Musikleben fast völlig zum Erliegen gebracht. Wie geht es dir damit?

Schwierige Zeiten bringen immer auch Chancen mit sich. Schon als uns vor einem knappen Jahr der erste Lockdown erwischt hat, habe ich angefangen, nach künstlerischen Alternativen zu suchen. Zum Glück habe ich ein paar Partner, die das genauso sehen. Zusammen haben wir einen neuen Verein gegründet, ĀRT HOUSE, und als erstes einen digitalen Salon aufgezogen. Durch die neuen Kommunikationstools wie Zoom ist es jetzt eigentlich ganz leicht, sich zu vernetzen, auch wenn man in Quarantäne sitzt oder tausende Kilometer voneinander entfernt ist. Und wir besprechen dort in einer super interessanten und diversen Runde ganz grundlegende Fragen, von Gender und Politik bis hin zur Zukunft der Kunst. Natürlich war das erst einmal eine Vollbremsung, ich war gerade von meiner ersten Australientour zurück, als der Lockdown kam. Ich muss dennoch ehrlich sagen, ich arbeite seitdem bestimmt nicht weniger.  

Zumindest ist ja ein Ende abzusehen …

Aber ich denke, die Szene wird sich nachhaltig verändern, und auch das Publikum. Ich spiele ja durchaus auch jetzt noch immer wieder, CD-Aufnahmen, Live-Streamings, was eben erlaubt ist; auf dem Grazer Tuntenball, dieses Jahr als Dinnershow am 10. April 2021, mit Corona-Schnelltests, Sicherheitsabstand und viel weniger Publikum. Da merke ich schon, dass wir früher viel zu viel als gegeben hingenommen haben. Es ist eben nicht selbstverständlich, dass die Leute in unsere Programme strömen. Ich glaube, wir müssen uns wirklich viel mehr Gedanken darüber machen, was wir den Leuten erzählen wollen und wie.  

Foto: R. Acosta

Hat das auch mit deiner Sexualität zu tun?

Nicht unmittelbar, aber im weiteren Sinne schon. Die klassische Musik hatte schon vor Corona viele Probleme. Zurecht wird sie oft als abgehoben wahrgenommen. Diversität ist kaum sichtbar, alte Rollenmodelle wie der männliche Dirigent oder der gottgleiche Intendant spielen immer noch eine große Rolle. Mit meinem Ensemble FETISH BAROQUE – Musiker aller Sexualitäten in Leder spielen klassische Musik – gehen wir bewusst dagegen an. Das ganz große Projekt, an dem wir gerade arbeiten, ist eine Aufführung von Bachs berühmter „Kaffeekantate“ in queerem Kontext. Das kaffeesüchtige Liesgen ist bei uns ein Mann im Coming-out. Das ganze spielt in einer kleinen Bar mit Talentbühne, Crossdressern und Transmenschen. Dass dabei richtige Klassikstars wie Philipp Mathmann und Dietrich Henschel mitmachen, darauf bin ich richtig stolz.  

Produzierst Du nur, oder spielst Du auch mit?

Haha, natürlich spiele ich mit… ich hab mir auch schon den passenden Song ausgesucht: „Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre…“  

Das ist aber hoffentlich nicht autobiografisch…

Na klar doch, schließlich endet der Song so: „Ich glaub, ich gehör nur mir ganz allein.“ Und damit kann ich mich durchaus identifizieren. (grinst breit)

www.georgkroneis.com


Back to topbutton