Irrlichtern der Ursprungsmythen

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Foto: Birgit Hupfeld

Foto: Birgit Hupfeld

Thorleifur Örn Arnarsson inszeniert „Im Irrgarten des Wissens“ von Mikael Torfason und Ensemble am Theater Dortmund. Ludger Tabeling erklärt, warum du die letzten Vorstellungen Ende dieser Woche nicht verpassen solltest.

Was dem Schauspiel Köln mit Castorf gelang, ist dem Theater Dortmund mit Arnarsson gelungen, einen großen Regisseur – hier Alt-, dort Shooting-Star – für das Haus zu gewinnen. Wer also nicht nach Berlin fahren möchte, wo Arnarsson demnächst an der Volksbühne als Schauspieldirektor fungiert und inszeniert, dem bietet sich in Dortmund eine letzte Gelegenheit, ein fünfeinhalbstündiges Stück von ihm zu erleben. In einer Textcollage mit Musik und Performance geht es um die großen Fragen, die die Menschen jenseits des Alltags umtreiben, um das Woher und Wohin, das Auftauchen und Verschwinden des Menschen in der Geschichte.

Auf der von Dunkel und Nebel eingehüllten Drehbühne kreist zunächst ein einsamer Gartenzwerg. Dann ist ein einzelner Mensch in Umrissen erkennbar und nach und nach finden sich ganze Menschenkonstellationen wieder zu denen zuweilen Musikinstrumente dazukommen, bevor dann später das Sprechen beginnt. Hoch über allem hängt die Weltorgel. Doch dieses Objekt der Begierde lässt sich leider nicht auf Kommando vereinnahmen. Sie bleibt als Symbol der Sphärenmusik? bis zum Ende der Menschheit anwesend.

Mit der Zivilisation formiert sich ein mehrstöckiges Bühnenbild. Biografien Dortmunder Bürger werden erzählt, es wird über den leeren Raum und anderes philosophiert, gestaunt und geblödelt. Adam und Eva, in einer mit Blut gefüllten Badewanne sitzend, schlagen die Brücke vom Sündenfall bis zum Feminismus und Trumpismus der Gegenwart.

Ein stummer Erzähler in Clownskostüm verharrt während der gesamten Menschheitsphase am Bühnenrand, wie eine Figur, von der Simone Weil gesagt haben könnte, dass sie „unaufhörlich von uns dieses Dasein, das sie uns schenkt, erbettelt.“ Die metaphysische Dimension unser aller Dasein, um die es Arnarsson in seinem „Irrgarten des Wissens“ auch geht, wird beschwingt durch viele Musikeinlagen, welche meistens von den Schauspielern gesungen werden. Wer Edith Piafs „Non, je ne regrette rien“ und Chers „Believe“ besser als im Original hören möchte, gehe in die nächste Vorstellung. *Ludger Tabeling

6. + 7.7., Im Irrgarten des Wissens, Theater Dortmund / Schauspielhaus, Hiltropwall 15, Dortmund, 18 Uhr, Karten unter 0231 5027222 und theaterdo.de

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