FORT LAUDERDALE: Queere Oase

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Fort Lauderdale gilt seit Jahrzehnten als eines der LGBTIQ*-freundlichsten Urlaubsziele der USA, das unter anderem mit seinen Kampagnen für trans* Reisende Maßstäbe setzt. Seit der Corona-Pandemie erlebt die queere Community einen regelrechten Boom – vor allem in Wilton Manors, das zwar im Herzen von Fort Lauderdale liegt, aber dennoch ein eigenes Stadtrecht besitzt.

Foto: Dirk Baumgartl

Mittwochabend am Wilton Drive. Auch nach Sonnenuntergang ist die typische Schwüle Floridas auf der Straße zu spüren. Während sich manche Gäste in den klimatisierten Innenraum zurückziehen, genießen andere die warme Luft und sitzen an Tischen im Außenbereich von Wilton Manors’ neustem Restaurant Tulio’s. Serviert wird mexikanische Küche von Tacos bis Churros, und natürlich dürfen farbenfrohe und eisgekühlte Margaritas nicht fehlen. Von den Tischen hat man einen guten Blick auf den vorbeiströmenden Parksuchverkehr und jede Menge Fußgänger, die entlang des Wilton Drive schlendern – sei es auf dem Weg zu einem der zahlreichen Restaurants, in eine Bar oder zum Späteinkauf in Fort Lauderdales größtem queeren Kaufhaus, der Pride Factory.

Immer was los

„Früher kamen die Leute nur am Wochenende an den Wilton Drive, um hier zu feiern, heute ist die ganze Woche über etwas los.“ Jason Alexander hat den Wandel von Fort Lauderdales queerem Hotspot über die Jahre miterlebt. Seit 15 Jahren lebt der Sales Manager des „Courtyard by Marriott Fort Lauderdale Downtown“ in Südflorida, vor zwei Jahren kauften er und sein Mann ein Haus in Wilton Manors, das sie gerade renovieren. Für ihn ist die hiesige Community einzigartig. „Längst ist Wilton Manors nicht nur ein Ort, um Party zu machen. Neben Restaurants, Galerien und Boutiquen gibt es hier zum Beispiel auch eine LGBTIQ*-Bowlingbahn“, so Jason. Auch wenn es um sonstige Freizeit- und Sportaktivitäten geht, gerät der 47-Jährige ins Schwärmen. „Während es in anderen Städten vielleicht ein schwules Beachvolleyball-Team gibt, haben wir hier mit zwanzig Mannschaften quasi eine ganze Liga.“ Dank seiner Position im Hotel, das ziemlich genau zwischen Strand und Wilton Manors liegt, unterstützt Jason lokale Organisationen und Vereine, so gut es geht. Etwa, indem er die große Dachterrasse des Hotels mit Pool und Bar für Partys und Benefizveranstaltungen zur Verfügung stellt oder das Haus als Partnerhotel von schwulen Kreuzfahrten fungieren lässt, die regelmäßig von Fort Lauderdale aus Richtung Karibik ablegen.

Foto: Dirk Baumgartl

Wachsende LGBTIQ*-Community

Kreuzfahrer und Urlauber finden in dem ebenfalls in Wilton Manors gelegenen LGBT Visitors Center einen Anlaufpunkt, wenn es um Fragen rund um Fort Lauderdale geht. Etwa 300 Mitglieder zählt der Zusammenschluss von LGBTIQ*-freundlichen Unternehmen der Region. „Viele Leute kommen zu uns, um hier unseren LGBT-Stadtplan zu holen, aber auch, um gezielt Informationen zu bekommen – etwa, für welche Gay Resorts man Tagespässe kaufen kann“, so Stephen. Seit 23 Jahren lebt der 49-Jährige in Fort Lauderdale und beantwortet im Visitors Center die Fragen von Touristen. Seine Empfehlungen reichen vom Mittagessen im Rosie’s, einem American Diner mit queerem Twist, über den Taco Tuesday in der Gym Bar bis zum Strip-Klub Johnsons, dem Eagle mit seinem inoffiziellen Darkroom oder der neuen Bar Drynk. „Das Schöne an Wilton Manors ist, dass alle Orte nahe beieinanderliegen und man kein Auto braucht, um von einer Bar in die andere zu wechseln. Man schaut einfach, wo etwas los ist, und sucht sich die Location aus, die einem am besten gefällt“, so Stephen.

Foto: Dirk Baumgartl

Dass die Community in Wilton Manors in den letzten Jahren stark gewachsen ist, liegt ganz besonders an Covid. „Vor allem Menschen aus den Metropolen der Ostküste, wie etwa New York, sind während der Pandemie nach Südflorida gezogen – darunter jede Menge queere Menschen“, so Stephen. Dass die Diversität der Stadt in den letzten Jahren zugenommen hat, bestätigt auch Jason: „Wenn du in einem Restaurant am Wilton Drive sitzt, kann es passieren, dass an dem einen Tisch eine afroamerikanische Transfrau mit ihrem Lover, daneben eine Gruppe von vier Lesben und gegenüber ein schwules Rentnerpaar sitzt. Alter, Hautfarbe, sexuelle Orientierung – all das spielt hier keine Rolle.“ Neue Bauprojekte am Wilton Drive sind ein Zeichen für die wachsende Zahl an Bewohnerinnen und Bewohnern. Im Herzen der LGBTIQ*-Szene, neben den Klubs Hunters und Alibi, soll demnächst ein großes Bauprojekt mit Apartments, Parkhaus und Geschäften begonnen werden.

Foto: Dirk Baumgartl

Durch und durch divers

Dass die Veränderungen am Wilton Drive eine positive Entwicklung für die queere Community nehmen, ist eine Herzensangelegenheit von Claudia Castillo. Die gebürtige Kolumbianerin lebt seit 1999 in Fort Lauderdale und hat vor fünf Jahren ihre Galerie am Wilton Drive eröffnet. Die Künstlerin, die auf internationalen Messen wie der Biennale in Florenz ausstellt, ist Vorsitzende des Wilton Drive Improving District. Der Verein setzt sich unter anderen für eine Verkehrsberuhigung ein, ließ die Brücke, die von Fort Lauderdale nach Wilton Manors führt, in Regenbogenfarben bemalen und sorgt für eine Verschönerung der Straße durch Grünflächen. Für Castillo hat die kleine Stadt ihren ganz eigenen Charakter. „Ich fühle mich frei und kann hier meine Träume leben – im Gegensatz zu meiner Heimat Bogotá, in der ich als lesbische Frau immer sehr eingeengt war.“ Sie hält Fort Lauderdale für eine perfekte LGBTIQ*-Destination, ist sich aber auch der aktuellen Situation in Florida bewusst. „Natürlich ist das hier eine Blase – eine durch und durch diverse Stadt mit vielen LGBTIQ*-Stadträten, in der sogar die Polizei freundlich und hilfsbereit ist.“

Foto: Dirk Baumgartl

Entspannt am Strand

Neben der großen Szene in Wilton Manors ist und bleibt der Strand von Fort Lauderdale der wohl wichtigste Grund, hier Urlaub zu machen. Im Großraum der Stadt gibt es gut 37 Kilometer Sandstrand, der sich von Hallandale Beach im Süden über Hollywood Beach, Dania Beach und Fort Lauderdale Beach bis zu Pompano Beach und Deerfield Beach in Norden zieht. Treffpunkt der LGBTIQ*-Szene ist der zentral in Fort Lauderdale gelegene Sebastian Beach auf Höhe der gleichnamigen Straße. Hier kann man entspannt in der Sonne dösen oder sich in die Fluten des türkisblauen Ozeans werfen. Von den einst zahlreichen schwulen FKK-Resorts, die sich ein paar Gehminuten nördlich des Sebastian Beach befanden, sind nur noch wenige übrig, und auch die Tage der im selben Straßenblock liegenden Resorts The Grand und Worthington scheinen nach einem Grundstücksdeal mit Investoren gezählt. Wer auf den Besuch eines schwulen Resorts dennoch nicht verzichten will, findet dieses wiederum in Wilton Manors. The Cabanas Guesthouse & Spa bietet seinen Gästen neben zwei Pools unter anderem eine Sauna und die Möglichkeit, den an das Grundstück grenzenden Fluss für Wassersport-Aktivitäten wie Kajak oder Stand-up-Paddeln zu nutzen. Auch Sales Manager Jason Alexander findet, dass man sich Fort Lauderdale einmal vom Wasser aus ansehen sollte: „Mein Tipp ist, sich ein Wassertaxi zu nehmen und sich das ‚Venedig Floridas‘ von diesem anzusehen.“ Gesäumt von Millionen-Dollar-Villen ist eine Fahrt auf den Flüssen und Kanälen, die Fort Lauderdale durchziehen, in der Tat zu empfehlen. Die Wassertaxis sind dabei kleine Schiffe, die verschiedene Stationen bis nach Hollywood, Florida, anbieten und den Gästen die Highlights erklären. Ebenfalls ein Klassiker ist der Besuch von Sawgrass Mills, des größten Outletcenters Amerikas, das eine knappe halbe Autostunde von Wilton Manors entfernt liegt und ein wahres Shopping-Paradies mit vielen bekannten Marken ist. Was will man mehr?

Foto: Dirk Baumgartl

INFO

www.visitlauderdale.com/lgbtq

www.visitflorida.de

ANREISE

Aktuell gibt es ab Deutschland keine Nonstop-Flüge nach Fort Lauderdale. Die einfachste Möglichkeit ist mit einem Direktflug nach Miami, zum Beispiel mit Lufthansa ab Frankfurt oder München. Vom Flughafen Miami erreicht man Fort Lauderdale mit dem Tri-Rail-Zug in 45 Minuten, die Fahrt kostet 5 US-Dollar. Alternativ bietet sich in Florida ein Mietwagen an, zum Beispiel mit Alamowww.lufthansa.vomwww.alamao.de

Foto: Dirk Baumgartl

Foto: Dirk Baumgartl

Foto: Dirk Baumgartl

Foto: Dirk Baumgartl

Foto: Dirk Baumgartl

HOTEL

Mit seiner Lage zwischen Strand und schwuler Szene in Wilton Manors ist das Courtyard by Marriott Fort Lauderdale Downtown eine günstige Alternative zu den luxuriösen Hotels an der Strandpromenade. Highlight des 2021 eröffneten Hauses mit 137 Zimmern ist die Dachterrasse mit großem Pool und Bar, auf der regelmäßig Benefizveranstaltungen und Poolpartys für die LGBTQ-Community stattfinden. www.marriott.com

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