PARADISE COAST: Piraten & Pride

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Vom Everglades-Nationalpark über Tausende von Mangroveninseln bis zu endlos weißen Sandstränden rund um Naples reicht die Bandbreite der im Südwesten Floridas gelegenen Paradise Coast. Wer die Natur liebt und Abwechslung von Großstädten wie Miami, Tampa oder Orlando sucht, ist hier genau richtig.

Foto: paradisecoast.de

Fast fühlt man sich wie am Ende der Welt. Wer auf die im äußersten Südwesten Floridas befindliche Insel Chokoloskee fährt, hat den letzten Ort von Zivilisation in der Region erreicht. Fast 100 Kilometer unberührte Küste liegen zwischen der Insel und der Südspitze Floridas, der größte Teil gehört dabei zum Everglades-Nationalpark, der nicht nur die riesigen Sumpfgebiete im Landesinneren, sondern auch Tausende der Küste vorgelagerte, mit Mangroven bewachsene Inseln umfasst. „Eigentlich sind wir hier schon mitten in der Wildnis“, erzählt David, der mit seinem Mann das Parkway Motel and Marina sowie das kubanische Restaurant HavAnna Cafe betreibt. Die Familie seines Mannes Aaron stammt aus Chokoloskee, und als sich die Gelegenheit ergab, das Motel samt Hafenanlagen zu übernehmen, griffen die beiden zu. Neben fünf Trailern, die sie als Ferienwohnung vermieten, verfügt das Motel über insgesamt vier einfach eingerichtete Zimmer. „Wer hierherkommt, muss die Natur lieben. Dabei sind die Everglades viel abwechslungsreicher, als man vielleicht denkt. Neben endlosen Graslandschaften gibt es Regionen mit Pinien- und Zypressenwäldern und natürlich die Inseln mit ihren Mangroven“, so David. Zu seinen Favoriten gehören neben Bootsausflügen, bei denen man auch regelmäßig Delfine zu Gesicht bekommt, das Big Cypress National Preserve, das man am besten mit dem Kajak oder Kanu erkundet, oder der Collier-Seminole State Park, der gute Möglichkeiten zum Wandern bietet. „Die Region eignet sich auch gut zur Vogelbeobachtung, quasi jeden Monat sieht man hier andere Arten, die zwischen Kanada und Südamerika hin- und herwandern“, so David. Wer das Abenteuer sucht, kann etwa mit Wooten’s Everglades Airboat Tours rasant übers Wasser durchs dichte Schilf rasen und dabei den ein oder anderen Alligator entdecken.

Foto: Dirk Baumgartl

1.500 Jahre alte Kultur

Dass Chokoloskee überhaupt von Siedlern bewohnt wurde, liegt an dem fruchtbaren Boden. „Die Insel war im 19. Jahrhundert vor allem für die Versorgung für das 150 Kilometer entfernt liegende Key West wichtig, weil sie dessen Bewohner mit Wild, Obst und Gemüse versorgte“, so David. Zudem diente das Labyrinth der „Ten Thousand Islands“ genannten Region etlichen Piraten und später, in den 1970er- und 1980er-Jahren, Drogenschmugglern als Versteck. Nicht zuletzt weist David auf die Besiedlung durch Ureinwohner bis zu 1.500 Jahre vor Ankunft der ersten Europäer hin. Mehr über die komplexe Kultur der Calusa-Indianer erfährt man im Marco Island Historical Museum. Anhand zahlreicher Ausstellungsstücke und Nachbauten wird die Geschichte der ersten Stämme in Florida anschaulich erzählt. Wichtigstes Ausstellungsstück ist dabei die Key Marco Cat, eine vor 500 bis 1.500 Jahren aus Hartholz geschnitzte Katzenskulptur, die als eines der schönsten präkolumbianischen Kunstwerke gilt, die jemals in Nordamerika entdeckt wurden. Neben besagter Katze ist Marco Island vor allem wegen des weißen Sandstrands bekannt, der sich über den gesamten Westen der nur 36 Quadratkilometer großen Insel erstreckt. Hotel- und Ferienwohnanlagen säumen den South Collier Boulevard, der parallel zum Strand verläuft.

Foto: Dirk Baumgartl

Foto: paradisecoast.de

Foto: Dirk Baumgartl

Foto: Dirk Baumgartl

Foto: Dirk Baumgartl

Foto: Dirk Baumgartl

Etwa 25 Minuten braucht man, um von Marco Island ins nördlich gelegene Naples zu gelangen. Knapp 20.000 Menschen leben in der an den Golf von Mexiko grenzenden Kleinstadt, die für ihre Größe ein außergewöhnlich großes Angebot an Freizeitaktivitäten bietet. Neben Stränden wie dem Naples Beach rund um den Pier, dem Vanderbilt Beach oder dem naturbelassenen Delnor-Wiggins Pass State Park lohnt ein Besuch des Botanischen Gartens, der neben der Pflanzenwelt Floridas auch die Flora Südamerikas, Asiens und der Karibik zeigt. Ebenfalls sehenswert ist der Orchideengarten sowie das in den Garten integrierte Schutzgebiet, das sich um einen See herum erstreckt und mit Buschland, Sumpf und Marschland typische Lebensräume der Region umfasst und an die 300 Pflanzenarten sowie zahlreiche Vögel, aber auch Hirsche, Alligatoren und Wasserschildkröten beherbergt.

Von Ferrari bis Warhol

Eine Sammlung von Raritäten ganz anderer Art findet sich im Revs Institute in der Nähe des Flughafens. Über einhundert geschichtlich relevante Exemplare von Automobilen aus den Jahren 1896 bis 1995 finden sich in dem hypermodernen Gebäude, das neben den Ausstellungsräumen auch eine Bibliothek sowie eine Werkstatt beherbergt, in der die Autos restauriert beziehungsweise gewartet werden, da alle ausgestellten Wagen fahrbereit sind. Dabei zeigt die Sammlung Kuriositäten wie einen Trabant ebenso wie Klassiker von Porsche, Maserati, Alfa Romeo, Cadillac, Ferrari, Ford oder Mercedes – darunter auch ein Benz Dos-à-Dos aus dem Jahr 1901. Ebenfalls einen Besuch wert ist das im Jahr 2000 eröffnete The Baker Museum, das moderne und zeitgenössische Kunst aus Amerika und Mexiko sowie Sonderausstellungen wie die für 2024 geplante Warhol-Show „A Life in Pop“ zeigt.

Foto: Dirk Baumgartl

Herzensprojekt

Mit einem Pride Fest im Juni feiert die lokale LGBTIQ*-Community ihre größte Veranstaltung im Jahr, die 2019 von gut 10.000 Menschen besucht wurde. Zwar gibt es keine Parade durch Naples bekannteste Shoppingmeile 5th Street, dafür werden im nicht weit entfernten Cambier Park Info- und Essensstände sowie eine Bühne für Reden, Musik und Show-Acts aufgebaut. Obwohl die Region Naples traditionell auf einkommensstarke, heterosexuelle Paare im Ruhestand und ältere Reisende ausgerichtet ist, hat sich die Bevölkerungsstruktur in den Jahren seit der Covid-Pandemie geändert. „Naples wird mehr und mehr jünger und divers“, so Michelle Pirre, die in ihrer Rolle als Markt-Managerin für das Fremdenverkehrsbüro der Paradise Coast nicht nur für mehr LGBTIQ*-Urlauber wirbt, sondern sich als Mutter eines queeren Kindes regelmäßig für die lokale Community engagiert. Eines ihrer Herzensprojekte ist dabei das 2020 eröffnete Pride Center. Dort finden Selbsthilfegruppen ebenso einen Platz wie LGBTIQ*-Jugendliche, die Beratung suchen. Auch ein medizinisches Team ist zweimal pro Woche vor Ort, um kostenlose Tests durchzuführen oder Medikamente auszugeben. Zudem dient das Pride Center als Sitz der Business Alliance, in der aktuell über siebzig LGBTIQ*-freundliche beziehungsweise in LGBTIQ*-Besitz befindliche Unternehmen organisiert sind, um Bürgern und Besuchern ein Netzwerk von Geschäften, Bars, Restaurants und Hotels anzubieten, die sich für Diversität und Inklusion einsetzen. Auch David und Aaron auf ihrer kleinen Insel Chokoloskee gehören mit ihrem Motel und Restaurant zu den Mitgliedern der Allianz, schließlich freuen sie sich über jeden queeren Gast, der zu ihnen ans Ende der Welt findet.

Foto: Dirk Baumgartl

INFO

www.paradisecoast.com

ANREISE

Die Lufthansa-Tochter Discover fliegt mehrmals pro Woche ab Frankfurt nonstop nach Fort Myers. Geflogen wird mit einem Airbus A330-300. Von Fort Myers bis Naples sind es etwa 45 Minuten mit dem Auto. Ab Key West bietet sich eine ca. dreistündige Katamaranfahrt mit dem Key West Express an – wahlweise nach Marco Island (saisonal) oder Fort Myers. www.discover-airlines.com/de/www.keywestexpress.net

HOTEL

Das von dem schwulen Paar David und Aaron geführte Parkway Motel and Marina befindet sich auf der am Rande des Everglades-Nationalparks gelegenen Insel Chokoloskee. Von hier aus kann man per Kajak, Rad oder Boot die der Küste vorgelagerten Inseln erkunden. www.parkwaymotelmarina.com

Foto: Naples, Marco Island, Everglades CVB

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