SYDNEY: Ein Fest für alle

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Nach hartem Lockdown und strenger Isolation hat Australien seine Grenzen für Touristen wieder geöffnet. Gerade rechtzeitig, um im Februar mit queeren Menschen aus aller Welt den WorldPride 2023 zu feiern. Dass die Wahl auf Sydney fiel, ist kein Wunder – seit Jahrzehnten gehört die Stadt zu einem der beliebtesten LGBTIQ*-Reiseziele der südlichen Hemisphäre.

Foto: Daniel Boud / Destination NSW

Gleich mehrere Jubiläen bieten 2023 für die australische LGBTIQ*-Community Anlass zu feiern. Vor fünfzig Jahren verabschiedete das australische Parlament erstmals eine Resolution, die Homosexualität entkriminalisieren sollte – allerdings dauerte es noch Jahre, bis die einzelnen Staaten dies auch umsetzten. Fünf Jahre später, in der Nacht des 24. Juni 1978, zogen etwa 500 Demonstranten in Erinnerung an die Stonewall Riots von 1969 die Oxford Street hinunter. Als sie die Innenstadt erreichten, beschlagnahmte die Polizei von Darlinghurst den Lastwagen. Inzwischen war der Protestzug auf 2.000 Menschen angewachsen, die in Richtung Kings Cross marschierten und von der Polizei brutal angegriffen wurden. 53 Menschen wurden im Laufe der Nacht verhaftet. Der Moment gilt als Geburtsstunde des Sydney Mardi Gras, der zum Gedenken an dieses Ereignis jährlich stattfindet und heute eine der größten und bekanntesten Veranstaltungen Australiens überhaupt ist. Und schließlich ist es 2023 gut fünf Jahre her, dass das Land die Ehe für alle einführte. Am 15. November 2017 entschied die australische Öffentlichkeit per Postumfrage, dass die sich immer wieder dagegen sträubende Regierung die Ehe für alle einführen muss. Obwohl die offizielle Legalisierung erst am 9. Dezember folgte, wurde der Tag der Bekanntgabe mit Partys in ganz Sydney begangen, einschließlich einer improvisierten Parade auf der Oxford Street. Tausende versammelten sich im Prince Alfred Park in Surry Hills, der zu einem besonderen Ort für die Community geworden ist. Noch heute kann man auf einem „Regenbogenpfad“ über den Rasen spazieren, der 2019 zum Gedenken an diesen Tag in Equality Green umbenannt wurde. Zur Feier des Tages malte der Straßenkünstler Scottie Marsh ein bitterböses Wandgemälde von Ex-Premierminister und Ehe-für-alle-Gegner Tony Abbott im nahe gelegenen Stadtteil Redfern an der Ecke Pitt und Redfern Street, auf dem der konservative Politiker sowohl als Bräutigam als auch als Braut noch bis heute zu sehen ist.

Foto: Destination NSW

Über 100 Strände

Wer das erste Mal nach Sydney kommt, dem fällt es vermutlich schwer, sich zwischen der Vielzahl an vorhandenen Möglichkeiten zu entscheiden. Erst zum Opernhaus, zur Harbour Bridge oder nach dem langen Flug ans andere Ende der Welt doch lieber erst einmal mit Jetlag ans Meer? Über hundert Strände gibt es innerhalb der Stadtgrenze, wobei der Bondi Beach auch für die LGBTIQ*-Community sicher zu den berühmtesten zählt.

Foto: Destination NSW

Von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang lockt Bondi mit einem lockeren Lifestyle, einer atemberaubenden Küstenlandschaft und lebhaften Lokalen. Hier kann man den Tag mit frühmorgendlichem Surfen, einem Yogakurs oder einem Bad in den Bondi Baths beginnen, während man den Sonnenaufgang über dem Meer genießt. Die malerische Bucht aus goldenem Sand und glitzerndem blauen Meer ist zu jeder Jahreszeit ein idealer Platz zum Relaxen und Fotos-Schießen. Der Strand liegt etwa acht Kilometer vom Stadtzentrum entfernt und ist mit den öffentlichen Verkehrsmitteln leicht zu erreichen – die Fahrt vom Rathaus aus dauert nur dreißig Minuten. Oder man nimmt die Fähre vom Circular Quay nach Watsons Bay, von wo aus man einen Bus nach Bondi nehmen kann. Der Hauptstrand befindet sich vor dem Bondi Pavilion, einem denkmalgeschützten Bauwerk. Der Gay-Beach liegt dagegen im nördlichen Strandabschnitt. Professionelle Rettungsschwimmer patrouillieren 365 Tage im Jahr am Bondi Beach und haben sogar ihre eigene Reality-TV-Show: Bondi Rescue. Am südlichen Ende des Strands, auf der felsigen Landzunge, befindet sich der legendäre Bondi Icebergs, einer der ältesten Schwimmklubs Australiens, in dem die Mitglieder den ganzen Winter über schwimmen. Das 50-Meter-Becken ist auch für die Öffentlichkeit zugänglich. In der Bar, dem Bistro und dem eleganten Restaurant sind Besucher ebenfalls willkommen. Am 4. März wird am Bondi im Rahmen des WorldPride zwischen 15 und 22 Uhr eine riesige Beach-Party stattfinden, zu der 12.000 Besucher erwartet werden. Wer es ruhiger mag und beim Schwimmen oder Sonnetanken gerne mal auf seine Badehose verzichtet, sollte an den Stränden Lady Jane, Little Congwong, Clovelly oder Obelisk vorbeischauen.

Foto: Destination NSW

Nachts im Zoo

Wer sich einen Überblick über Australiens einzigartige Tierwelt verschaffen will, sollte im Taronga Zoo vorbeischauen, den man am einfachsten mit der Fähre erreicht. Zu den besonderen Erlebnissen zählt das Angebot, im Zoo zu übernachten: entweder im luxuriösen Wildlife Retreat, von dessen Zimmern aus man an Eukalyptusblättern knabbernde Koalas beobachten kann, oder in einem Safarizelt beim Programm „Roar and Snore“, zu dem auch eine geführte Tour bei Sonnenuntergang zählt. Ebenfalls am Abend und außerhalb des Zoos stehen Kunstliebhabern einige Museen offen. So lernt man bei einer Spätführung die Art Gallery of NSW von einer anderen Seite kennen und kann anschließend im Rahmen des „Art After Hours“-Programms jeden Mittwochabend bis 21 Uhr einen Drink an der Bar genießen. Auch das Museum of Contemporary Art am Circular Quay hat im Sommer jeweils freitags bis 21 Uhr geöffnet und sorgt auf der Dachterrasse der Bar für Livebeats zum Sonnenuntergang. Zu den weiteren Highlights gehört ein Besuch der Harbour Bridge, die am 5. März als absolute Ausnahme für den WorldPride March mit erwarteten 50.000 Teilnehmenden gesperrt wird. Beim „Bridge Climb“ wird man mit einer atemberaubenden Aussicht auf den Hafen samt Opernhaus belohnt, egal ob bei Tag oder Nacht. Während der angebotenen Burrawa Indigenous Experience erzählt ein Aborigines-Führer während des Aufstiegs mehr über die Kultur der Ureinwohner und deren Verbindung zu Sydney, die Zehntausende Jahre zurückreicht.

Foto: Destination NSW

Goldene Meile

Obwohl Homosexualität in New South Wales erst 1984 entkriminalisiert wurde, gab es in der Oxford Street in Sydney mit Ivy’s Birdcage und Capriccio’s bereits seit 1969 Schwulenklubs. In den 1970er- und 1980er-Jahren gehörten diese Lokale zu den wenigen in Australien, in denen queere Menschen ganz sie selbst sein konnten. Die Oxford Street und der Stadtteil Darlinghurst sind nach wie vor das Zentrum von Sydneys LGBTIQ*-Szene. Im Laufe der Jahrzehnte kamen und gingen unzählige Bars und Klubs, aber die „Goldene Meile“, benannt nach ihrem Glitzer und Glamour, blieb so lebendig wie eh und je. Heute durchtanzt man die Nacht in Szeneklubs wie dem Universal Sydney, dem Stonewall Hotel oder im unterirdischen Disco-Bunker des Palms. Ansonsten schaut man Dragshows im Oxford Hotel, genießt die Sonne auf der kürzlich renovierten Dachterrasse des Colombian oder besucht die sonntäglichen Sessions im Beresford Hotel, das von allen nur „das Bero“ genannt wird. Tagsüber lohnt ein Besuch von Institutionen wie dem Bookshop Darlinghurst, der seit über vierzig Jahren eine Fülle von queerer Literatur und Produkten anbietet, oder dem House of Priscilla, einem Laden für alles, was mit Drag zu tun hat.

Foto: Destination NSW

Impy & Marly

Sydneys anderer, inoffizieller Regenbogendistrikt ist die King Street in Newtown im eher alternativ angehauchten Stadtteil Inner West. Hier gibt es Tattoostudios, Designläden und einige der besten Thai-Restaurants in ganz Sydney. Der Stadtteil ist bekannt für seine Diversität: Neben queeren Menschen wohnen hier auch Studenten der nahe gelegenen Universitäten sowie viele Musiker und Künstler. Einer der Favoriten für die lokale Szene ist das Marlborough Hotel, liebevoll „the Marly“ genannt, mit einem Tanzbereich im Untergeschoss und vielen lauschigen Ecken im Obergeschoss für diejenigen, die lieber sitzen und plaudern möchten.

Foto: Destination NSW

Das Imperial in Erskineville liegt nur wenige Gehminuten von Newtown entfernt und ist so etwas wie der Klassiker unter Sydneys LGBTIQ*-Szene. Das „Impy“, das seit 1983 mehr oder weniger ununterbrochen in Betrieb ist, besteht in seiner jetzigen Form aus einer Bar auf dem Dach, einem Restaurant namens Priscillas im Erd- und einem riesigen Klubraum im Untergeschoss. Hier ist immer etwas los, von Dragshows und Bingay (Gay-Bingo) bis hin zu nächtlichen Raves mit Kult-DJs. Einem größeren Publikum außerhalb Australiens wurde der Laden durch seine Hauptrolle im Kultfilm „Priscilla – Queen of the Desert“ aus dem Jahr 1994 bekannt, in dem sich die Dragqueens Mitzi, Felicia und Bernadette vom Impy aus auf den Weg nach Alice Springs machen. Der Film wurde größtenteils in der Minenstadt Broken Hill im australischen Outback gedreht. In Anlehnung an den Kinohit, den es auch als Musical gibt, findet dort jedes Jahr im September das Broken Heel Festival statt, bei dem australische Dragqueens in die Wüste strömen, um dort vier Tage lang nonstop aufzutreten. Die Stadt hat das ganze Jahr über eine lebendige Dragszene: So erwartet das The Palace Hotel, das ebenfalls im Film zu sehen war, seine Gäste mit einer Priscilla Suite, Drag-Bingo-Abenden und einer Karaoke-Nacht. – Also nichts wie auf zum legendären Road-Trip durch Australien im Anschluss an den WorldPride 2023!

INFO

Alle Infos zu Sydney und dem Bundesstaat New South Wales findet man auf der offiziellen Website des Tourismusbüros. Darauf gibt es auch zahlreiche Tipps für LGBTIQ*-Urlauber und aktuelle Informationen zum WorldPride 2023. www.visitnsw.com

Foto: Danile Boud / Destination NSW

ANREISE

Das Star-Alliance-Mitglied Thai Airways fliegt ab Frankfurt, München und Zürich über ihr Drehkreuz in Bangkok täglich nach Sydney. Zum Einsatz kommen dabei Maschinen vom Typ Boeing 777 und Airbus A330 mit Economy und Business Class.. www.thaiairways.com

TIPP

Der deutsche Reiseveranstalter Australia Tours organisiert zum WorldPride eine exklusive Gruppenreise und bringt die Teilnehmenden auf der zweiwöchigen Tour nicht nur zum Pride, sondern auch zu den Hotspots des Bundesstaates New South Wales an der australischen Ostküste. www.gday-gay.de

WORLDPRIDE

Vom 17. Februar bis 5. März findet der WorldPride 2023 in Sydney statt. Höhepunkte sind das Eröffnungskonzert mit Kylie Minogue am 24., die Mardi Gras Parade am 25. Februar, die Bondi Beach Party am 4. und der Pride March über die Harbour Bridge am 5. März. Daneben gibt es Shows, Partys, Kulturveranstaltungen, eine Menschenrechtskonferenz und vieles mehr. www.sydneyworldpride.com

Foto: Destination NSW

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