„Das Land des Donnerdrachens“ entkriminalisiert Homosexualität

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Im Königreich Bhutan wurde durch eine historische Abstimmung beschlossen: Bei gleichgeschlechtlichem Sex droht keine Strafe mehr. Ein überfälliger Schritt für das einzige Land der Welt, in dem es ein Bruttonationalglück gibt – und in dem viele haarige Penisse die Hauswände zieren. Warum eigentlich? Wir nutzen das Ereignis für eine mentale Reise in ein Land, über das kaum jemand etwas weiß.

Am Donnerstag, 10. Dezember stimmten die beiden Häuser des Parlaments von Bhutan für die Abschaffung zweier Bestimmungen des Kolonialgesetzes. Die Paragraphen 213 und 214 verboten „unnatürlichen Sex“, definiert als „Sodomie und andere sexuelle Handlungen, die gegen die Ordnung der Natur sind“.

63 der 69 Mitglieder der unteren Nationalversammlung und des oberen Nationalrats stimmten für die Änderung des Gesetzes, wie auf der Website der Nationalversammlung verkündet wurde. Sechs Mitglieder enthielten sich der Stimme. Die Änderungen müssen nun noch vom König von Bhutan, Jigme Khesar Namgyel Wangchuck, genehmigt werden. Dies scheint jedoch nur eine Formalität zu sein.


Eine neue Zeit bricht an

„Ich glaube, jeder, der sich für die LGBT+-Gemeinschaft in Bhutan eingesetzt hat, wird heute feiern, denn dies ist unser Sieg.“

… sagte Tashi Tsheten, Leiter der LGBT+- Vereinigung Rainbow Bhutan. Die Verabschiedung des Gesetzes am Tag der Menschenrechte selbst sei ein bedeutsamer Tag für jeden Bürger des Landes, erklärte er.

Foto: OpenClipart-Vectors / Pixabay / CC0


Bislang konnte Homosexualität mit einer Gefängnisstrafe zwischen einem und zwölf Monaten bestraft werden. Zwar sind keine Strafverfolgungen nach dem Gesetz bekannt, dennoch feiern Aktivist*innen diesen Sieg der Menschenrechte über vorsintflutliche, diskriminierende Gesetze. Die Community in Bhutan kann nun endlich legal leben und lieben.

Es ist ein erster, sehr wichtiger Schritt: Mit der Legalisierung ist der Weg frei für andere Gesetze, die folgen könnten, so zum Beispiel Antidiskriminierungsgesetze, ein gleiches Schutzalter, eingetragene Lebenspartnerschaften und Adoptionsrechte für gleichgeschlechtliche Paare.


Bhutan: Geheimnisvolles Land im Himalaya

Das kleine Land in Südasien grenzt im Süden an Indien und im Norden an Tibet. Bhutan ist in etwa so groß wie die Schweiz, die Landschaft ist zum Großteil bewaldet – und geprägt durch das Himalaya-Gebirge. Über 80% des Landes befinden sich in mindestens 2000 Metern Höhe.

In Bhutan gibt es Elefanten ebenso wie Schneeleoparden. Das Land bietet eine unglaubliche Artenvielfalt, da jede der unterschiedlichen Klimazonen über eine eigene Flora und Fauna verfügt. Tropische Arten in den Tälern, Hochgebirgsarten in den Bergen.

Foto: Balakrishnan Valappil / CC BY-SA 2.0 / wikimedia.org


Bhutan ist ein faszinierendes, mythisches Land. Das Königreich mit rund 800.000 Einwohnern öffnete erst 1979 seine Pforten für Touristen. Und die können seitdem herausfinden: Ist Bhutan wirklich das Land des Glücks, als das es international gilt?


Ein Recht auf Glück

Fakt ist: Bhutan ist die einzige Nation auf der Welt, die über ein „Bruttonationalglück“ verfügt. Es ist in der Verfassung verankert. Die Regierung möchte dieses steigern – während andere Regierungen sich auf das Bruttoinlandsprodukt versteifen, gibt es in Bhutan also ein Recht auf Glück.

Das ist auch das Image des Landes: In Bhutan sind die Menschen glücklich. Tatsächlich kamen diverse Umfragen ebenfalls zu diesem Ergebnis. Für ein Entwicklungsland waren die Zahlen im internationalen Kontext schier unglaublich.

Übrigens stand bereits im Rechtskodex des Landes von 1729 geschrieben:

„Wenn die Regierung kein Glück für ihr Volk schaffen kann, dann gibt es keinen Grund für die Existenz einer Regierung.“


Haarige Penisse soweit das Auge reicht

Die Nation ist sehr religiös geprägt, die meisten Menschen sind Buddhisten, die an die Wiedergeburt glauben. Im Jahre 900 wurde der Buddhismus in Bhutan durch aus Tibet geflohene Mönche eingeführt.

Erst damit begann die Phase gesicherter historischer Ereignisse im Land. Über die vorherigen Jahrtausende der 4000 Jahre langen Geschichte des Landes weiß man kaum etwas. Die Geschichte der Ureinwohner des Landes, der Thepu, ist ein geheimnisvoller Mythos geworden.

Foto: Once in a Lifetime Journey / CC BY-SA 4.0 / wikimedia.org

Apropos Mythos: In Bhutan herrscht neben dem Glauben auch der Aberglaube und mit ihm Geister und Dämonen, die in den Bergen wohnen. Wird jemand krank, so liegt das am Karma, widerfährt jemandem Unglück, so wird er zum Aussätzigen. Und: An vielen Häusern finden sich Phallussymbole.

Grund dafür soll Drugpa Kynley sein, der „heilige Narr“. Der tibetische Mönch erzählte den Menschen im 15. Jahrhundert, dass Spiritualität und Lust zusammengehören können. Er frönte Sex und Alkohol – und soll mit seinem Penis sogar einen Dämonen in die Flucht geschlagen haben. Das Phallussymbol ist seitdem eines der wichtigsten Symbole des kleinen Landes: Es steht für Fruchtbarkeit und soll das Böse fernhalten.

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