Brasilien • Präsident Bolsonaros potenzieller Gegenkandidat ist schwul

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Eduardo Leite, Gouverneur des südlichen Bundesstaates Rio Grande do Sul und potenzieller Kandidat für die Präsidentschaftswahlen in Brasilien 2022, hat sich in einem Fernsehinterview als schwul geoutet.

„Ich habe noch nie über ein Thema gesprochen, das mein Privatleben betrifft“, erklärte Leite während eines Interviews im brasilianischen Fernsehen. Brasilien durchlaufe aber einen Prozess, so Leite, „in dem versucht wird, eine Person zu etikettieren, zu stigmatisieren, auf das eine oder andere Attribut zu reduzieren“. Auch ihn habe man in den sozialen Netzwerken zu diskreditieren versucht. Weil er nichts zu verbergen habe, so Leite, habe er den Entschluss gefasst, die Spekulationen beenden.

„Ich bin schwul. Ich bin ein Gouverneur, der schwul ist, ich bin kein schwuler Gouverneur. So wie der ehemalige Präsident Obama in den USA ein Präsident war, der schwarz ist, kein schwarzer Präsident. Und darauf bin ich stolz.“

In einer Zeit der geringen Rechtschaffenheit in Brasilien sei es wichtig, sagte Leite, „dass dies klar und gelöst ist. Die Leute, die bei mir sind, die mich bei dem politischen Projekt begleiten, wissen genau, mit wem sie zusammen sind“.

Foto: Fernando Alves / AGIF / AGIF via AFP

Leite bedankte sich am Tag nach dem Fernsehauftritt bei den Menschen, die sich nach seinem Coming-out an ihn gewandt hatten. Auf Twitter schrieb er:

„Die unzähligen Nachrichten der Zuneigung und Unterstützung, die ich erhalte, machen mich absolut sicher: Liebe wird über Hass siegen! Vielen herzlichen Dank an alle! ❤ “

Pedro Bial, der das Interview mit Leite führte, sagte später in einem Gespräch mit UOL, das Vertrauen des Gouverneurs in seine Person und seine Arbeit habe ihn sehr bewegt. Es sei einer dieser historischen Momente gewesen, in denen sein Beruf wieder Sinn gemacht hätte, so Bial. 

„Ich habe 40 Jahre Journalismus gemacht und eine Tatsache wie diese hätte vor 20 Jahren die Karriere eines Politikers beenden können. Schauen Sie, wie sich die Welt verändert hat, ich bin so froh, dass sich die Welt in diese Richtung verändert hat.“

Eduardo Leite – Brasiliens Hoffnung auf Veränderung?

Eduardo Leite ist Mitglied der Partido da Social Democracia Brasileira (PSDB). Die Partei, die früher dem linken Lager zuzuordnen war, ist mittlerweile eher eine Partei der politischen Mitte. 2018 wurde der damals erst 33-Jährige mit überragender Mehrheit zum Gouverneur des an Uruguay angrenzenden Bundesstaats Rio Grande do Sul gewählt.

Im November tritt der 36-Jährige bei den Vorwahlen der PSDB als Präsidentschaftskandidat für die Wahlen 2022 an. Wenn er die Vorwahlen gewinnt, wäre Leite der erste offen schwule Präsidentschaftskandidat in Brasilien – und Herausforderer des amtierenden Präsidenten Jair Bolsonaro. Der ließ nicht lange auf eine Reaktion warten. 

Bolsonaro, dessen Anti-Schwulen-Rhetorik fester Bestandteil seiner Politik ist, sagte am 2. Juli, Leite versuche, sein Coming-out als „Visitenkarte“ für den Präsidentschaftswahlkampf zu nutzen. „Ich habe nichts gegen sein Privatleben, aber er kann seinen Lebensstil anderen nicht aufzwingen“, so Bolsonaro. Doch es wäre nicht Bolsonaro, würde er nicht noch einen Seitenhieb anschließen: „Der hält sich für den Heißesten.“

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