Motiv Homophobie: Opfer 36 Stunden vergewaltigt

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Ein Gericht im französischen Aix-en-Provence verurteilte zwei ehemalige Soldaten wegen eines homophob motivierten Hassverbrechens zu fünf und achtzehn Jahren Haft. Die beiden Angeklagten hatten im März 2017 einen 37-jährigen Mann fast 36 Stunden festgehalten, schwer misshandelt und mehrfach vergewaltigt. Zum zweiten Mal in der Geschichte Frankreichs sah das Gericht den erschwerenden Tatbestand eines homophob motivierten Hintergrunds der Tat als gegeben an.

Zak Ostmane war in seinem Heimatland Algerien ein bekannter Oppositionsjournalist und engagierter LGBTIQ*-Aktivist. Nachdem er 2013 ein öffentliches Manifest zur Entkriminalisierung von Homosexualität verfasst hatte, musste er das Land verlassen. 2014 floh Ostmane nach Frankreich, wo er den Verein Shams France gründete, der in Frankreich lebende LGBTIQ*-Personen nordafrikanischer und nahöstlicher Herkunft unterstützt. Zak Ostmane war in Frankreich angekommen – und er fühlte sich sicher.

Am Abend des 3. März 2017 saß der damals 37-Jährige wie so oft in einem Pub auf dem Cours d'Estienne d'Orves in Marseille, um den Abend ausklingen zu lassen. Ein Mann spricht ihn an, gibt ihm ein Bier aus und fragt ihn schließlich, ob er nicht mitkommen wolle. Zak bejaht. Auf dem Weg ins Hotel gesellt sich ihnen ein zweiter Mann hinzu ... dieser Abend wird erst 36 Stunden später enden.

Wenn du nicht die Klappe hältst, bringe ich dich um!“

Was Ostmane nicht weiß: In seinem Bier befand sich ein Betäubungsmittel (vermutlich GHB, GBL). Im Hotelzimmer angekommen, fällt er in Ohnmacht. Als er aufwacht, ist er mit Bettlaken an den Hand- und Fußgelenken gefesselt und wird vergewaltigt.

Seine Angreifer, zwei ehemalige Soldaten, ein Ire und ein Chilene, werden ihn für die nächsten zwei Tage immer wieder unter Drogen setzen und vergewaltigen. Sie werden ihn homophob und rassistisch beleidigen, ihn körperlich schwer misshandeln und als „Boxsack“ benutzen, um Dampf abzulassen, wie Zak Ostmane später erklärt. Sie werden ihn zwingen, „das Blut aufzuwischen, das auf dem Boden und an den Wänden war“. Wenn er um Gnade bettelt, bedrohen sie ihn mit einem Messer, wenn er weint, schlagen sie umso härter zu. Zaks Peiniger benutzen sogar sein Smartphone, um den Missbrauch zu filmen. 

„Vielleicht hat mich das ein paar Stunden lang davon abgehalten, geschlagen zu werden, weil sie die Videos offensichtlich an ihre Freundinnen geschickt haben und eine von ihnen geschrien und ihnen gesagt hat, sie sollen aufhören“,

erinnert sich Zak kurz nach der Tat in einem Gespräch mit La Provence.

Die Tortur endet erst am Morgen des 5. März, fast 36 Stunden nach der ersten Begegnung mit seinen Peinigern. Beide Täter waren kurz eingedöst, als Zak draußen eine Polizeistreife hört. „Ich sagte mir, entweder ich bleibe und sie werden mich am Ende liquidieren, oder ich öffne das Fenster und schreie“, gab er später zu Protokoll. Die Polizeibeamten hören ihn und können ihn befreien.

Die beiden Täter – Graham Shrubb, ein 36-jährige Ire und ehemaliger Soldat der Fremdenlegion, wegen Kokainsucht und Gewalttaten aus der Legion entlassen worden, und der gebürtige Chilene Alejandro Salazar, Legionär des 2. Infanterieregiments der Fremdenlegion von Nîmes, eine Woche zuvor als Deserteur gemeldet worden – wurden festgenommen.

Shrubb, der als „Anführer“ und „Hitzkopf“ beschrieben wird, sitzt seither im Gefängnis. Salazar wurde im März 2019 nach zwei Jahren Untersuchungshaft freigelassen.

Lange Haftstrafen für Zaks Peiniger

Am 18. Mai sprach das Schwurgericht von Aix-en-Provence beide Angeklagte nach drei Verhandlungstagen schuldig. Wegen Vergewaltigung, Freiheitsentzug, schwerem Diebstahl, schwerer Gewalt und Erpressung wurde Graham Shrubb zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt. Alejandro Salazar erhielt eine Haftstrafe von 5 Jahren. Die ausgesprochenen Strafen sind etwas niedriger als die Forderungen des Generalanwalts Christophe Raffin, der für Alejandro Salazar 8 bis 10 Jahre und für Graham Shrubb 18 bis 20 Jahre Haft beantragt hatte.

Erschwerend sah das Schwurgericht den homophob motivierten Hintergrund der Tat an. Für Me Deshoulières von der Anwaltsvereinigung STOP Homophobie ein wichtiger Schritt.

„Dies ist das zweite Mal in Frankreich, dass der homophobe Charakter einer Vergewaltigung eines Mannes an einem anderen Mann anerkannt wird. Über den erschwerenden Umstand der Homophobie bestand kein Zweifel: Einer der Angeklagten erklärte, er habe auf die Annäherungsversuche des Opfers überreagiert, während der andere zugab, dass während der Gewalt homophobe Bemerkungen gemacht worden seien“,

Zak Ostmane war nach dem Urteilsspruch erleichtert. Gegenüber La Marseillaise sagte er:

„Es ist schwer, aber ich versuche mich zu erholen. Ich glaube, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wurde, aber ich habe, um in meinem Leben voranzukommen, noch viel zu tun in Bezug auf meine Rekonvaleszenz.“

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