Frankreich: Trans*frau bleibt rechtlich „Vater“ des leiblichen Kindes

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Frankreichs oberster Gerichtshof hat entschieden, dass eine Transgender-Frau nicht als leibliche Mutter ihres Kindes anerkannt wird, das sie vor dem Abschluss ihrer Transition (geschlechtsangleichende Maßnahmen“), aber nach der offiziellen Registrierung als Frau gezeugt hatte. Die 51-Jährige müsse das Kind adoptieren, um dessen legale Mutter zu werden.

Foto: Daniel Vorndran / DXR, CC BY-SA 3.0, wikimedia.org


„Claire“ (Name wurde vom Gericht geändert) wurde mit biologisch männlichen Fortpflanzungsorganen geboren und bekam 2000 und 2004 zwei Kinder mit ihrer Frau. Im Jahr 2011 ließ sie sich offiziell als weiblich registrieren. Drei Jahre später, als sie noch männliche Fortpflanzungsorgane hatte, bekam das Paar noch ein drittes Kind, ein Mädchen.

Sechsjähriger Rechtsstreit

Seitdem führt Claire einen Rechtsstreit, um nicht als Vater, sondern als zweite Mutter des Kindes anerkannt zu werden.

Das französische Recht sieht solche Fälle nicht vor, doch 2018 gewährte ihr ein Berufungsgericht in der südfranzösischen Stadt Montpellier einen neuen Status, den eines „leiblichen Elternteils“ („parent biologique“).

Diese Entscheidung lehnte der Kassationsgerichtshof am 16. September jedoch ab, da „außerhalb der Adoption nicht zwei mütterliche Abstammungen für dasselbe Kind festgestellt werden können“.

„In der Summe bedeutet es, meiner Klientin zu sagen: Entweder du adoptierst oder du bist nicht ihre Mutter“, sagte Clélia Richard, eine der Anwältinnen, gegenüber der Zeitung Libération. Sie bezeichnete das Urteil als „skandalös“, das Justizsystem sei „starr und unbeweglich, wie es oft der Fall ist“.

Der Fall wurde nun zur erneuten Anhörung an ein untergeordnetes Gericht zurückverwiesen. Claires Anwält*innen sagten, sie bereiten sich darauf vor, die Angelegenheit vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu bringen.

Kein Umschreiben der Vergangenheit

Ludivine de la Rochère, Leiterin von La Manif pour Tous, einer 2012 gegründeten Bewegung gegen gleichgeschlechtliche Ehen und für den Schutz und die Förderung traditioneller Familienmodelle, sieht sich in dem Urteil bestätigt.

„Wenn ‚Claire‘ in der Lage war, mit ihrer Partnerin ein Kind zu zeugen“, sagte de la Rochère gegenüber CNews, „dann deshalb, weil sie ein Mann und damit der Vater war. Wir können die Vergangenheit nicht umschreiben.“

Auch für die Rechtsanwältin Anne-Marie Le Pourhiet war die Entscheidung des Gerichts „vernünftig“. Sie sagte, wenn die Gerichte einer als Mann geborenen Transgender-Person den rechtlichen Zivilstatus einer Mutter eingeräumt hätten, „hätte dies das Gesetz über die Abstammung verdreht“.

„Zwei Mütter einem Kind zuzuschreiben, wenn eine von ihnen biologisch gesehen sein Vater ist, bedeutet, die persönliche Geschichte dieses Kindes im Namen des Verlangens eines Erwachsenen in Fiktion umzuwandeln“, sagte sie gegenüber der Zeitung La Croix.

Für Rechtsanwalt Bertrand Périer, Vertreter von APGL (Vereinigung schwuler und lesbischer Eltern) und Acthé (Gemeinsame Vereinigung für die Gleichstellung von Trans und Homo), ist das Urteil hingegen ein „ein beträchtlicher Rückschritt in Richtung eines Konzepts der Elternschaft, von dem angenommen wurde, dass es lange Zeit begraben war“.

„Es ist eine Möglichkeit, Trans-Menschen zu ihrer ursprünglichen Identität zurückzubringen, indem sie ihren Übergangsprozess und die Anerkennung ihres Geschlechts, das von der Republik gewährt wurde, sehr ernsthaft negieren. Menschlich ist das schrecklich.“ 

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