USA: Katholiken gegen Gleichberechtigung 1:0

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Am 17. Juni entschied der Oberste Gerichtshof der USA einstimmig zugunsten einer katholischen Adoptions- und Pflegeeinrichtung in Philadelphia, die sich von den Konsequenzen ihrer Diskriminierung  diskriminiert fühlte und bis vor den Supreme Court zog.

Der Fall Fulton gegen Philadelphia begann im Jahr 2018. Der Stadtrat von Philadelphia hatte eine Resolution gegen „Diskriminierung unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit“ verabschiedet und als bekannt geworden war, dass die Adoptions- und Pflegeeinrichtung Catholic Social Services (CSS) gleichgeschlechtliche Paare von vornherein als Pflegeeltern ausschließt, beendete das städtische Department of Human Services die Zusammenarbeit mit der Organisation.

Daraufhin verklagte der CSS gemeinsam mit den zwei Pflegemüttern Sharonell Fulton und Toni Lynn Simms-Busch (daher der Name) die Stadt Philadelphia. Sie habe gegen den ersten Verfassungszusatz der freien Religionsausübung verstoßen. 

Am 17. Juni 2021 urteilte der Supreme Court einstimmig im Sinne der katholischen Organisation. Philadelphias Weigerung verstoße gegen das Recht auf Religionsfreiheit. Wir erinnern uns: Der Oberste Gerichtshof der USA ist seit der Besetzung des Sitzes der verstorbenen Ruth Bader Ginsburg mit Amy Coney Barrett mehrheitlich konservativ. Die Entscheidung der Richter*innen kam somit nicht überraschend.

Foto: gemeinfrei

Welche Auswirkungen hat das Urteil?

Für die katholische Organisation, die eng mit der Erzdiözese Philadelphia verbunden ist, ist die Entscheidung ein klarer Sieg. Nelson J. Pérez, der Erzbischof von Philadelphia, würdigte in einem Pressestatement, das Urteil bringe

„Licht und Erleichterung für Kinder, die ein liebevolles Zuhause brauchen, und für die heldenhaften Pflegeeltern, die ihr Herz und ihre Türen öffnen, um sich um sie zu kümmern“. 

Doch während sich die Richter*innen darin einig waren, dass das Vorgehen der Stadt verfassungswidrig war, wurde mehrheitlich entschieden, dass Regierungshandlungen, solange sie neutral sind und für alle gelten, nicht gegen die Klausel der freien Ausübung verstoßen. Die Nichtdiskriminierungsrichtlinie von Philadelphia habe Ausnahmen vorgesehen, die zudem dem „alleinigen Ermessen“ eines Stadtbeamten überlassen wurden. Somit sei sie nicht „neutral und allgemein anwendbar“ gewesen, so das Urteil des Gerichtshofs:

„Die Frage ist nicht, ob die Stadt ein zwingendes Interesse an der Durchsetzung ihrer Nichtdiskriminierungspolitik hat, sondern ob sie ein solches Interesse daran hat, eine Ausnahme der CSS zu verweigern.“

Auch Alphonso David von Human Rights Campaign zeigte sich erleichtert:

„Obwohl die heutige Entscheidung kein vollständiger Sieg ist, negiert sie nicht die Tatsache, dass jede qualifizierte Familie gültig und würdig ist – Kinder verdienen ein liebevolles, fürsorgliches und engagiertes Zuhause.“

Die Befürchtung, das Urteil des Obersten Gerichtshofs könnte andere Pflegeeinrichtungen dazu ermutigen, homosexuelle Paare zu diskriminieren, bleibt aber bestehen. Ebenso die Sorge, und das nicht nur bei queeren Organisationen, dass sich Angriffe auf Antidiskriminierungsgesetze im Namen der Religionsfreiheit künftig häufen könnten. So schrieb die Bürgerrechtsorganisation Muslim Advocats:

„Wir müssen uns im Klaren sein. Die Rechte von amerikanischen Muslimen, religiösen Minderheiten, LGBTIQ*s und anderen marginalisierten Gemeinschaften sind in Gefahr. Eine Krise wurde heute abgewendet, aber die Bedrohung geht weiter.“

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