Ein Kleid zum Abschlussball und seine Folgen

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Der Geschäftsführer eines Telemedizin-Unternehmens in Tennessee wurde dabei gefilmt, wie er einen 18-Jährigen mobbte, weil der zu seinem Abschlussball ein Kleid trug – unter anderem sagte der CEO, der Junge sehe wie ein Idiot aus. Nachdem das Video viral ging, musste Sam Johnson (46) die Konsequenzen tragen: Er wurde fristlos entlassen.

Dalton Stevens (18) und sein Freund Jacob Geittmann wollten gemeinsam zu ihrem Abschlussball gehen. Stevens entschied sich, ein Kleid zu tragen, um, wie er später gegenüber NBC News sagte, zu beweisen, dass Kleidung geschlechtslos sei und keine Bedeutung habe. Vor ihrem großen Abend fuhren die beiden mit Freunden ins Harpeth Hotel in der Innenstadt von Franklin, südlich von Nashville, um sich fotografieren lassen.


Homophobes Mobbing statt ausgelassenes Feiern

Stevens bestätigte gegenüber NBC, dass sie belästigt wurden, als sie für die Fotos posierten. Zuerst hätten sie bemerkt, dass Johnson „homophobe Kommentare“ in ihrer Hörweite gemacht habe. Johnson, bis dato Geschäftsführer des Unternehmens VisuWell, habe sich Stevens und Geittmann genähert und in Frage gestellt, warum der 18-Jährige sich entschieden habe, ein Kleid zu tragen.

Der 18-Jährige will dem Mann dann erklärt haben, warum er das Kleid trug – dies sei dem jedoch offensichtlich nicht genug gewesen und er habe nicht aufgehört, die beiden zu beschimpfen und zu verfolgen. Unter anderem soll Johnson zu Stevens gesagt haben: „Du hast Haare auf der Brust, du solltest kein Kleid tragen“. Später nahm Geittmann dann sein Handy heraus und begann den Austausch zu filmen.

Auf dem Filmmaterial ist zu hören, wie ein sichtlich verzweifelter Stevens, der vor Johnson zu flüchten versucht, diesem zuruft:

„Ich habe mir ausgesucht, was ich tragen will, also kannst du dich verpissen“.

Aber Johnson lässt nicht locker. Er folgt dem Jugendlichen, baut sich bedrohlich vor ihm auf und sagt zu ihm, er sehe aus wie ein Idiot. Da Geittmann weiterhin filmt, versucht Johnson offenbar, ihm das Handy aus der Hand zu schlagen, erwischt stattdessen aber den 18-Jährigen Stevens. Schaulustige versuchen einzugreifen und bitten Johnson, aufzuhören, indem sie sagen:

„Es ist nur ein Abschlussball. Es sind Kinder, ein Haufen Kinder. Komm schon, Kumpel.“

Am Ende des knapp einminütigen Films ist zu hören, wie Stevens sagt: „Es tut mir leid, aber ich bin wunderschön.“ Der 46-jährige Johnson antwortet: „Bist du das?“.


Ex-CEO ist sich keiner Schuld bewusst

Johnson erzählte dem US-amerikanischen Nachrichtenmagazin Newsweek seine – etwas andere – Darstellung der Ereignisse: Demnach seien er und seine Begleitung eben erst in das Restaurant eingekehrt und als er von der Toilette zurückkam, sei er von dem lauten „Gefluche“ der Teenager gestört worden. Daraufhin habe er sie angesprochen und gebeten, „die Vulgaritäten in der Nähe der Familien und Kinder, die anwesend waren, zu dämpfen“. Es sei die Absicht der Jugendlichen gewesen, die Sache mit dem Kleid in den Fokus zu rücken, indem sie einen großen Teil des Austausches aus dem Video herausschnitten, so Johnson.

Die Polizei von Franklin reagierte auf den Vorfall und forderte Johnson auf, seine Rechnung mit dem Hotel zu begleichen und das Hotel zu verlassen. Lieutenant Charles Warner berichtete später, Johnson habe jegliche Beteiligung an der Konfrontation bestritten. Er gab bekannt, die Polizei plane nicht, den Zwischenfall zu untersuchen – es sei denn, das Paar entscheide sich, Anzeige zu erstatten. Die Konsequenzen seines homophoben Verhaltens muss Johnson nun aber ohnehin tragen.


„Null-Toleranz-Politik für Intoleranz“

Das Video ging viral und erregte sogar die Aufmerksamkeit von Prominenten wie den Schauspieler*innen Kathy Griffin und Billy Porter, die die Aufnahmen in sozialen Medien teilten. Das Unternehmen VisuWell, das in der Telemedizin tätig ist und Patient*innen unter anderem einfachen Zugang zu Videosprechstunden verspricht, wurde in der Folge auf Twitter von entrüsteten Usern wiederholt aufgefordert, den CEO für sein Verhalten zur Rechenschaft zu ziehen. Der Konzern gab schließlich eine Stellungnahme ab:

„Wir verurteilen eindeutig das Verhalten, das Sam Johnson in einem kürzlich in den sozialen Medien verbreiteten Video gezeigt hat. Nachdem wir die Angelegenheit untersucht und mit den beteiligten Personen gesprochen haben, hat der Vorstand von VisuWell beschlossen, Herrn Johnson mit sofortiger Wirkung von seiner Position als CEO zu entlassen.“

VisuWell lege großen Wert auf Respekt, Freundlichkeit und Mitgefühl, insbesondere für Menschen aus traditionell marginalisierten Gemeinschaften, und würde eine Null-Toleranz-Politik für Intoleranz jeglicher Art führen. Die Handlungen des ehemaligen CEO Johnson widersprächen daher den hohen Standards, die sie sich bei der Förderung der Gesundheit der Nutzer ihrer Plattform setzen, so das Unternehmen.

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