Pride-Wochenende in Europa: Anschlagsversuch, Niederschlagung und gelungene Proteste

Was für ein Wochenende für die europäische LGBTIQ*-Bewegung: Warschau, Sofia, Straßburg, Korsika, Montpellier, Istanbul, Chisinau, Zypern und Wien waren die Zentren des Protests für gleiche Rechte – mit teils gegensätzlichsten Bildern und Nachrichten. Der männer*-Rückblick.

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Wien im Visier des IS

Foto: Tobias Steinmauer / APA / AFP

Foto: Alex Halada / AFP

Foto: Alex Halada / AFP

An der Wiener Regenbogenparade für die Rechte von LGBTIQ* am Samstag beteiligten sich rund 300.000 Menschen. Ihnen war nicht bewusst, wie knapp sie wohl einem blutigen Massacker entkommen sind. Die österreichischen Behörden haben nach eigenen Angaben einen geplanten Anschlag auf die Pride-Parade in Wien vereitelt. Drei Verdächtige im Alter von 14, 17 und 20 Jahren wurden am Samstag unmittelbar vor Beginn der Parade festgenommen, wie der Chef des österreichischen Staatsschutzes DSN, Omar Haijawi-Pirchner, am Sonntag erklärte. Die drei seien Sympathisanten der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS). Bei Razzien in Wien und Niederösterreich beschlagnahmten die Ermittler zahlreiche Waffen und Datenträger. Die drei Verdächtigen hätten online extremistisches Material ausgetauscht, erklärte das Innenministerium in Wien. Sie hätten sich auf die Pride-Parade für sexuelle Vielfalt als mögliches Anschlagsziel fokussiert und einen Angriff mit Messern oder Fahrzeugen geplant. Einer der Verdächtigen sei den Behörden schon im Zusammenhang mit Terrorismus-Ermittlungen bekannt gewesen.

Istanbul im Würgegriff Erdogans

Foto: Diego Cupolo / NurPhoto / AFP

Foto: Diego Cupolo / NurPhoto / AFP

Sie geben nicht auf, die tapferen Mitglieder der Opposition in der Türkei. Zu ihr gehört auch die LGBTIQ*-Community und sie versuchte einmal mehr, wenigstens eine kleine Pride-Demo in der Bosporus-Metropole Istanbul durchzuführen. Wie in den letzten Jahren trafen sie auf eine gewaltbereite Übermacht des türkischen Staatsapparates und der Versuch mehrheitlicher Trans-Demonstrant*innen in diesem Jahr endete einmal mehr mit verstörenden Jagdszenen und Festnahmen. 

Chisinau/Republik Moldau gut behütet

Foto: Elena Covalenco / AFP

Hunderte von Teilnehmer*innen zogen am Sonntag durch die Innenstadt von Chisinau in der Republik Moldau. Hier zeigte sich ein umgekehrtes Bild im Verhältnis zur Staatsmacht: Um die Demonstration vor Übergriffen gewaltbereiter Rechtsxtremisten und orthodoxen Fundamentalisten zu schützen, fuhren Polizei und Gendarmerie mit schwerem Gerät auf.  


➡️ Die Europäische Union hat eine LGBTIQ*-Umfrage zum Thema Lebensalltag und Diskriminierung gestartet. Mitmachen ausdrücklich erwünscht: www.lgbtiqsurvey.eu


Warschau zeigt fröhlich die Spaltung Polens

Foto: Piotr Lapinski / NurPhoto / AFP

Bilder, auf die die regierende rechtskonservative PiS-Partei in der beginnenden heißen Phase des Parlamentswahlkampf in Polen sicherlich gerne verzichtet hätte. Wie bereits im letzten Jahr zogen am Samstag tausende liberale Polen vereint und sichtbar fröhlich durch die Hauptstadt. Sie forderten gleiche Rechte für LGBTIQ*, die Anerkennung von Frauenrechten und Sexarbeit. 

Zyperns Community überwindet die Teilung

Foto: Christina Assi / AFP

Foto: Christina Assi / AFP

Griechische und türkische queere Zyprioten von beiden Seiten der geteilten Insel versammelten sich während der bikommunalen Pride-Parade in Nikosia in der Pufferzone, die sich über die geteilte Insel Zypern erstreckt. Sie schwenkten Regenbogenfahnen und riefen „Von Stolz vereint“, „Über die Kluft hinaus“ und „ein queeres Zypern“. Dutzende versammelten sich unter der Aufsicht von UN-Friedenstruppen an der Grünen Linie, die die international anerkannte Republik Zypern vom abtrünnigen türkisch-zyprischen Staat im Norden trennt.  

Frankreich mit friedlichen Protesten

Foto: Hildegard Leloue / Hans Lucas / AFP

Foto: Pascal Pochard-Casabianca / AFP

Foto: Patrick Hertzog / AFP

Sowohl auf der Mittelmeerinsel Korsika ganz im Süden des Landes als auch im nordöstlichen Straßburg und in Montpellier gingen Franzosen friedlich demonstrierend für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans und Inter auf die Straßen. Im Kontrast zu den Demobildern, die das Land von Freiheit und Brüderlichkeit sonst in letzter Zeit produzierte. 

Bulgarien fröhlich im Regen

Foto: Nikolay Doychinov / AFP

Foto: Nikolay Doychinov / AFP

Auch aus Sofia haben die Europäer*innen schon andere Bilder erleben müssen. Diesmal trübte nur der Regen die Stimmung bei einigen der Teilnehmenden der Pride-Parade in der Hauptstadt Bulgariens. Bei anderen schaffte auch er es nicht, die stolze Freude über die Freiheit aus den Gesichtern zu waschen. *ck/afp

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